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Die Legende

Die Legende

Titel: Die Legende Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Gemmell
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mich!« rief der Schamane und zuckte zusammen, als die Anstrengung seinen Rücken streckte.
    »Stolz«, sagte Ulric. »Du hast nichts verloren, du bist lediglich von einem stärkeren Feind besiegt worden. Es wird ihnen wenig nützen, denn meine Armee wird die Dros einnehmen. Sie können nicht aushalten. Ruh dich aus – und gehe kein Risiko ein, Schamane. Das ist ein Befehl!«
    »Ich werde gehorchen.«
    »Ich weiß. Ich will nicht, daß du stirbst. Werden sie kommen, um dich zu holen?«
    »Nein. Die weißen Templer sind voller ehrenhafter Ideen. Wenn ich ruhe, werden sie mich in Frieden lassen.«
    »Dann ruhe dich aus. Und wenn du dich wieder kräftiger fühlst, werden wir sie dafür bezahlen lassen, daß sie dich verletzt haben.«
    Nosta Khan grinste. »Ja.«
     
    Weit im Süden stieg Tempel zu den Sternen empor. Vintar konnte ihn nicht aufhalten und kämpfte darum, die Ruhe zu bewahren, als Tempels Panik über ihn hinwegflutete. Beim Tod seines Feindes hatte Vintar versucht, die Dreißig in den Kammern des Geistes des Kolosses zu rufen. In diesem Moment hatte Tempel in sich hineingeschaut und Vintar entdeckt.
    Vintar hatte versucht, seine Gegenwart zu erklären und die Notwendigkeit, daß Tempel seine Individualität aufgab. Tempel nahm die Wahrheit zwar auf, floh aber davor wie ein Komet und jagte hinauf in den Himmel.
    Der Abt versuchte erneut, Serbitar zu rufen, und suchte die Nische, in die er ihn in den Hallen seines Unterbewußtseins gelegt hatte. Der Lebensfunke, der den Albino darstellte, blühte unter dem Tasten des Abtes auf, und Tempel schauderte. Er hatte das Gefühl, ein Teil von ihm sei abgeschnitten worden. Er wurde langsamer auf seiner Flucht.
    »Warum tust du mir das an?« fragte er Vintar.
    »Weil ich muß.«
    »Ich werde sterben.«
    »Nein. Du wirst in uns allen weiterleben.«
    »Warum mußt du mich töten?«
    »Es tut mir unendlich leid«, sagte Vintar sanft. Mit Serbitars Hilfe suchte er Arbedark und Menahem. Tempel schrumpfte, und Vintar verschloß sein Herz voller Kummer vor der überwältigenden Verzweiflung. Die vier Krieger riefen die anderen Mitglieder der Dreißig, und mit schweren Herzen kehrten sie zurück.
    Rek eilte zu Vintar, als der Abt sich rührte und die Augen öffnete.
    »Seid ihr noch rechtzeitig gekommen?« fragte er.
    »Ja«, murmelte der Abt erschöpft. »Laß mich jetzt ruhen.«
    Etwa eine Stunde vor Sonnenuntergang ritten Rek, Virae und die Dreißig unter dem großen Fallgittertor der Festung hindurch. Ihre Pferde waren erschöpft, schweißbedeckt, mit nassen Flanken. Männer eilten herbei, um Virae zu begrüßen, Soldaten nahmen die Helme ab, und Bürger fragten nach Neuigkeiten aus Drenan. Rek hielt sich im Hintergrund, bis sie in der Festung waren. Ein junger Offizier geleitete die Dreißig zu den Unterkünften, während Rek und Virae sich auf den Weg in die ganz oben gelegenen Räume machten. Rek war erschöpft.
    Er entkleidete sich und badete mit kaltem Wasser. Dann rasierte er sich die vier Tage alten Stoppeln ab und fluchte, als das scharfe Messer – ein Geschenk von Horeb – ihm die Haut aufritzte. Er schüttelte den Großteil des Staubes aus seinen Kleidern und zog sich wieder an. Virae hatte sich in ihre eigenen Räume zurückgezogen, und er hatte keine Ahnung, wo diese lagen. Er band den Schwertgürtel um und ging zurück in die Haupthalle, mußte unterwegs allerdings zweimal einen Bediensteten nach dem Weg fragen. Sobald er sie gefunden hatte, setzte er sich und betrachtete die Marmorstatuen antiker Helden. Er kam sich verloren vor, unbedeutend und überwältigt.
    Als sie eingetroffen waren, hatten sie gehört, daß die Nadir vor den Mauern standen. In der Stadtbevölkerung war die Panik nahezu greifbar, und sie hatten gesehen, wie scharenweise Flüchtlinge mit hochbeladenen Karren die Stadt verließen – ein langer, trauriger Konvoi auf dem Weg nach Süden. Rek war sich nicht sicher, ob Hunger oder Müdigkeit ihm im Augenblick mehr zusetzte. Er erhob sich mühsam und leicht schwankend; dann fluchte er laut. h der Nähe der Tür war ein mannshoher, ovaler Spiegel angebracht. Als er sich davorstellte, erschien ihm der Mann, der ihn daraus anstarrte, großgewachsen, breitschultrig und kraftvoll. Die graublauen Augen blickten zielstrebig, das Kinn war fest, der Körper schlank. Der blaue Umhang saß gut, auch wenn er deutliche Spuren der Reise trug, und die schenkellangen, rehledernen Stiefel verliehen ihm etwas von einem Kavallerieoffizier.
    Als Rek den

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