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Die Legende

Die Legende

Titel: Die Legende Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Gemmell
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Grafen von Delnoch betrachtete, sah er sich so, wie andere ihn sahen. Sie durften nichts von seinen inneren Ängsten erfahren und nur das Bild sehen, das er für sie schuf.
    So sollte es sein.
    Er verließ die Halle und hielt den ersten Soldaten an, um zu fragen, wo er Druss finden konnte. Mauer Eins, sagte der Soldat und beschrieb ihm, wo die Ausfallpforten waren. Der große junge Graf machte sich auf den Weg zu Eldibar. Die Sonne ging langsam unter, und auf dem Weg durch die Stadt kaufte er sich einen kleinen Honigkuchen, den er beim Gehen verzehrte. Als er die Pforte an Mauer Zwei erreichte, wurde es schon dunkel, aber ein Wächter zeigte ihm den Weg, und schließlich erreichte er das Schlachtfeld hinter Mauer Eins. Wolken verdeckten den Mond, und er stürzte fast in den Feuergraben, der sich quer über das Feld erstreckte. Ein junger Soldat grüßte ihn und zeigte ihm die nächste Brücke hinüber.
    »Du bist einer von Bowmans Bogenschützen, nicht wahr?« fragte der Soldat, der den hochgewachsenen Fremden nicht kannte.
    »Nein. Wo ist Druss?«
    »Keine Ahnung. Vielleicht auf den Wehrgängen. Vielleicht versuchst du es aber auch in der Messe. Du bist wohl ein Bote?«
    »Nein. Wo ist die Messe?«
    »Siehst du die Lichter dort drüben? Das ist das Krankenhaus. Dahinter ist das Lager. Du gehst einfach geradeaus daran vorbei, bis du den Gestank der Latrinen riechst. Dann biegst du rechts ab. Du kannst die Messe nicht verfehlen.«
    »Danke.«
    »Keine Ursache. Bist du ein neuer Rekrut?«
    »Ja«, erwiderte Rek. »So etwas Ähnliches.«
    »Na, dann komme ich wohl besser mit dir.«
    »Nicht nötig.«
    »O doch«, sagte der Mann, und Rek spürte etwas Spitzes an seinem Hals. »Das ist ein ventrischer Dolch, und ich schlage vor, daß du einfach ein kurzes Stück mit mir gehst.«
    »Was soll das?«
    »Erstens hat vor kurzem jemand versucht, Druss umzubringen, und zweitens kenne ich dich nicht«, antwortete der Mann. »Also, schön weitergehen, und wir werden ihn zusammen suchen.«
    Die beiden Männer gingen auf die Messe zu. Als sie näher kamen, hörten sie die Geräusche aus den vor ihnen liegenden Gebäuden. Ein Wächter grüßte sie von den Wehrgängen herunter. Der Soldat antwortete und fragte dann nach Druss.
    »Er ist beim Torturm auf der Mauer«, kam die Antwort.
    »Hier lang«, sagte der Soldat, und Rek kletterte die wenigen Stufen zu den Wehranlagen empor. Dann blieb er wie angewurzelt stehen. Auf der Ebene erhellten Tausende von Fackeln und kleinen Feuern das Lager der Nadir. Belagerungstürme standen wie Riesen auf dem Paß zwischen den Bergen. Das ganze Tal war erleuchtet, soweit das Auge reichte – es war wie der Blick in die Hölle.
    »Kein schöner Anblick, was?« meinte der Soldat.
    »Ich nehme nicht an, daß es bei Tageslicht besser aussieht«, sagte Rek.
    »Da hast du nicht unrecht«, stimmte der andere ihm zu. »Weiter.«
    Ein Stück voraus saß Druss und sprach zu einer kleinen Gruppe von Soldaten. Er erzählte eine wunderbar ausgeschmückte Geschichte, die Rek schon einmal gehört hatte. Die Pointe hatte die gewünschte Wirkung, und die nächtliche Stille wurde von Gelächter unterbrochen.
    Druss lachte herzlich mit; dann bemerkte er die beiden Neuankömmlinge. Er drehte sich um und betrachtete prüfend den großen Mann im blauen Umgang.
    »Nun?« fragte er den Soldaten.
    »Er hat dich gesucht, Hauptmann, da habe ich ihn hergebracht.«
    »Um es etwas genauer zu sagen«, warf Rek ein, »er hielt mich für einen Attentäter. Daher der Dolch in meinem Rücken.«
    Druss hob eine Augenbraue. »Und, bist du einer?«
    »In letzter Zeit nicht. Können wir miteinander reden?«
    »Mir scheint, das tun wir bereits.«
    »Allein.«
    »Fang schon mal an. Dann entscheide ich, wie allein wir weiterreden«, sagte Druss.
    »Ich heiße Regnak. Ich bin soeben mit den Kriegern vom Tempel der Dreißig und Virae, der Tochter Delnars, angekommen.«
    »Wir unterhalten uns allein«, entschied. Druss. Die Männer zogen sich außer Hörweite zurück.
    »Also los«, sagte Druss und fixierte Rek mit seinen kühlen grauen Augen. Rek setzte sich auf die Mauer und starrte auf das flimmernde Tal hinaus.
    »Ein bißchen groß, nicht?«
    »Macht dir wohl angst?«
    »Bis zu den Zehenspitzen. Aber da du offensichtlich nicht in der Stimmung bist, unsere Unterredung einfach zu gestalten, werde ich dir lediglich meine Position klarmachen. Ob es nun gut oder schlecht ist – ich bin der Graf. Ich bin weder ein Narr noch ein General – wenn

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