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Die Legende

Die Legende

Titel: Die Legende Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Gemmell
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Rücken an die Mauer gelehnt, mit leerem Blick und schweifenden Gedanken. Es wurde nur wenig gesprochen. Ein Stück von ihm entfernt unterhielt sich der junge Graf mit dem Albino. Sie hatten beide gut gekämpft. Der Albino wirkte noch frisch. Nur das Blut, das sein weißes Gewand und die Brustplatte sprenkelte, zeugte davon, was er heute geleistet hatte. Regnak jedoch schien müde genug für zwei zu sein. Sein Gesicht, grau vor Erschöpfung, wirkte älter, die Linien tiefer eingegraben. Staub, Blut und Schweiß vermischten sich auf seinen Zügen, und aus einem Verband am Unterarm tropfte langsam Blut auf die Steine.
    »Du schaffst es schon, Freund«, sagte Druss leise.
    »Druss, altes Pferd, wie fühlst du dich?« fragte Bowman.
    »Ich hatte schon bessere Tage«, knurrte der alte Mann, richtete sich auf und biß die Zähne zusammen, weil das Knie schmerzte. Der junge Bogenschütze beging um ein Haar den Fehler, Druss seinen Arm als Stütze anzubieten, besann sich aber gerade noch rechtzeitig eines Besseren. »Komm mit zu Caessa«, sagte er.
    »Ungefähr das letzte, was ich jetzt brauche, ist eine Frau. Ich werde ein bißchen schlafen«, sagte Druss. »Direkt hier, das geht schon.« Mit dem Rücken zur Mauer glitt er sacht zu Boden, das schmerzende Knie gerade ausgestreckt. Bowman machte kehrt und ging zurück zum Kasino, wo er Caessa fand und ihr die Lage erklärte. Nach einem kurzen Wortwechsel suchte sie etwas Leinen zusammen, während Bowman einen Krug Wasser holte. In der zunehmenden Dämmerung gingen sie zurück auf die Brustwehr. Druss schlief, erwachte jedoch, als sie näher kamen.
    Das Mädchen war eine Schönheit, daran gab es keinen Zweifel. Ihr Haar war kastanienbraun, hatte jedoch im Mondlicht einen goldenen Schimmer, der zu den goldbraunen Flecken in ihren Augen paßte. Sie brachte sein Blut in Wallung, wie es heutzutage nur noch wenige Frauen schafften. Aber es war noch etwas anderes an ihr, etwas Unerreichbares. Sie kauerte sich neben ihn. Ihre schlanken Finger tasteten sein geschwollenes Knie ab. Druss stöhnte, als sie fester zudrückte. Dann zog sie ihm den Stiefel aus und rollte das Hosenbein hoch. Das Knie war verfärbt und aufgedunsen, die Adern an den Waden dick und empfindlich.
    »Leg dich hin«, befahl sie. Mit der linken Hand faßte sie seinen Oberschenkel, hob das Bein hoch und faßte den Knöchel mit der rechten. Langsam beugte sie das Gelenk.
    »Du hast Wasser im Knie«, sagte sie, senkte das Bein wieder und begann das Knie zu massieren. Druss schloß die Augen. Der scharfe Schmerz wich einem dumpfen Pochen. Die Minuten vergingen, und er döste ein. Sie weckte ihn mit einem leichten Klaps, und er stellte fest, das sein Knie fest bandagiert war.
    »Was hast du sonst noch für Probleme?« fragte sie kühl.
    »Keine«, erwiderte er.
    »Lüg mich nicht an, alter Mann. Dein Leben hängt davon ab.«
    »Meine Schulter brennt«, gab er zu.
    »Du kannst jetzt laufen. Komm mit zur Krankenstation, dann kann ich deine Schmerzen lindern.« Sie winkte Bowman, der sich vorbeugte und dem Axtkämpfer auf die Füße half. Das Knie fühlte sich gut an, besser als seit Wochen.
    »Du kannst wirklich etwas, Frau«, sagte er. »Ganz ehrlich.«
    »Ich weiß. Geh langsam – es wird etwas weh tun, bis wir dort sind.«
    In einem Nebenraum der Krankenstation befahl sie ihm, sich auszuziehen. Bowman lächelte und lehnte sich an den Türrahmen, die Arme vor der Brust verschränkt. »Ganz?« fragte Druss.
    »Ja. Bist du etwa schüchtern?«
    »Nicht, wenn du es nicht bist«, sagte Druss, schlüpfte aus Weste und Hemd und setzte sich dann aufs Bett, um Hose und Stiefel auszuziehen.
    »Und jetzt?«
    Caessa stellte sich vor ihn und untersuchte ihn gründlich. Sie fuhr mit den Händen über die breiten Schultern und tastete die Muskeln ab.
    »Steh auf«, bat sie, »und dreh dich um.« Er tat, wie ihm geheißen, so daß sie seinen Rücken untersuchen konnte. »Heb den rechten Arm über den Kopf – aber langsam.«
    Während die Untersuchung ihren Fortgang nahm, betrachtete Bowman den alten Krieger und staunte über die vielen Narben. Sie waren überall: vorn und hinten, manche lang und gerade, andere zackig, manche genäht, andere unregelmäßig und wuchernd. Auch seine Beine trugen Spuren vieler leichter Verwundungen. Aber bei weitem die meisten fanden sich auf der Brust. Bowman lächelte. Du hast deinen Feinden immer ins Auge gesehen, Druss, dachte er.
    Caessa bat den Krieger, sich bäuchlings auf das Bett zu legen, und

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