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Die Legende

Die Legende

Titel: Die Legende Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Gemmell
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begann, die Muskeln auf seinem Rücken zu bearbeiten, Verspannungen zu lösen und Knoten unter den Schulterblättern zu beseitigen.
    »Hol mir etwas Öl«, bat sie Bowman, ohne sich umzusehen. Er holte ein Einreibungsmittel aus dem Lager und überließ das Mädchen dann seiner Arbeit. Über eine Stunde lang massierte sie den alten Mann, bis zum Schluß ihre Arme vor Müdigkeit brannten. Druss war längst eingeschlafen, und sie breitete eine Decke über ihn und verließ leise den Raum. Draußen im Gang blieb sie einen Moment stehen, lauschte auf die Schreie der Verwundeten in den notdürftig errichteten Kabinen und beobachtete, wie die Hilfskräfte den Ärzten assistierten. Der Geruch nach Tod war stark hier, und sie ging hinaus in die Nacht.
    Die Sterne funkelten hell, wie gefrorene Schneeflocken auf einer Samtdecke, mit dem Mond als strahlender Silbermünze in der Mitte. Sie schauderte. Vor ihr ging ein großer Mann in schwarzsilberner Rüstung auf die Messe zu. Es war Hogun. Er sah sie und winkte, änderte seine Richtung und kam zu ihr. Sie fluchte unterdrückt. Sie war müde und nicht in der Stimmung für männliche Gesellschaft.
    »Wie geht’s ihm?« fragte Hogun.
    »Er ist stark.«
    »Ich weiß, Caessa. Die ganze Welt weiß das. Aber wie geht es ihm?«
    »Er ist alt, und er ist müde – erschöpft. Und das nach dem ersten Tag. Setz nicht zuviel Hoffnung auf ihn. Sein Knie kann jederzeit unter ihm nachgeben, sein Rücken wird immer schlimmer, und seine Gelenke sind verschlissen.«
    »Du zeichnest ein pessimistisches Bild«, sagte der General.
    »Ich sage, wie es ist. Es ist ein Wunder, daß er überhaupt noch lebt. Ich verstehe nicht, wie ein Mann in seinem Alter, mit den vielen Verletzungen, die er davongetragen hat, den ganzen Tag lang kämpfen und am Leben bleiben kann.«
    »Und er war immer da, wo der Kampf am heftigsten tobte«, sagte Hogun. »Wie er es auch morgen sein wird.«
    »Wenn du willst, daß er am Leben bleibt, dann sorge dafür, daß er übermorgen ausruht.«
    »Das wird er niemals tun«, wandte Hogun ein.
    »Er wird. Vielleicht schafft er es morgen noch – und selbst das bezweifle ich. Aber morgen abend wird er kaum noch in der Lage sein, den Arm zu heben. Ich werde ihm helfen, aber er wird einen von drei Tagen ausruhen müssen. Und ich möchte, daß morgen eine Stunde vor Tagesanbruch eine Wanne hier in seinem Raum für ihn bereitsteht. Ich werde ihn noch einmal massieren, ehe die Schlacht beginnt.«
    »Du wendest viel Zeit für einen Mann auf, den du als ›alt und müde‹ beschrieben hast und über dessen Taten du vor kurzem noch gespottet hast.«
    »Sei kein Narr, Hogun. Ich bringe diese Zeit für ihn auf, weil er alt und müde ist. Und obwohl ich ihn nicht so verehre wie du, sehe ich, daß die Männer ihn brauchen. Hunderte von kleinen Jungs, die Soldat spielen, um einem alten Mann zu imponieren, der im Krieg aufblüht.«
    »Ich sorge dafür, daß er übermorgen ruht«, versprach Hogun.
    »Falls er überlebt«, setzte Caessa grimmig hinzu.

21
    Um Mitternacht wurden die endgültigen Verlustzahlen des ersten Tages der Schlacht bekanntgegeben. Vierhundertundsieben Männer waren tot. Einhundertachtundsechzig verwundet, von denen die Hälfte nicht mehr würde kämpfen können.
    Die Ärzte arbeiteten noch immer, und die Zahl der Toten wurde doppelt geprüft. Viele Drenai-Krieger waren während des Kampfes von der Brustwehr gestürzt, und nur ein vollständiger Anwesenheitsappell würde Aufschluß über die genaue Zahl geben.
    Rek war entsetzt, obwohl er versuchte, sich bei der Besprechung mit Orrin und Hogun im Arbeitszimmer über der großen Halle nichts anmerken zu lassen. An dieser Besprechung nahmen sieben Personen teil: Hogun und Orrin als Vertreter der Krieger, Bricklyn als Vertreter der Stadtbevölkerung, Serbitar, Vintar und Virae. Rek war es gelungen, sich vier Stunden Schlaf zu gönnen, und fühlte sich deshalb etwas erfrischt. Der Albino hatte überhaupt nicht geschlafen und wirkte ebenso frisch.
    »Das sind bekümmernde Verluste für einen einzigen Kampftag«, sagte Bricklyn. »Jedenfalls können wir so nicht länger als zwei Wochen durchhalten.« Sein allmählich grau werdendes Haar war nach der am Hofe in Drenan herrschenden Mode frisiert, hinter die Ohren zurückgekämmt und im Nacken dicht gelockt. Er sah gut aus, obwohl sein Gesicht etwas fleischig war, und er besaß einen gut eingeübten Charme. Der Mann ist Politiker, und deswegen kann man sich nicht auf ihn verlassen,

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