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Die Legende

Die Legende

Titel: Die Legende Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Gemmell
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richtig, den ganzen Weg?«
    »Den ganzen Weg?« fragte Rek.
    »Wir könnten an der Feier der Nadir teilnehmen«, erklärte Bowman. »Dann müßten sie die Getränke bezahlen. «
    »Darin liegt Wahrheit, Bronzegraf«, meinte Serbitar. »Sollen wir zu ihnen gehen?«
    »Seid ihr verrückt geworden?« fragte Rek, von einem zum anderen blickend.
    »Wie du schon sagtest, Rek, wir sterben nur einmal«, sagte Bowman. »Wir haben nichts zu verlieren. Auf jeden Fall werden uns ihre Gesetze der Gastfreundschaft schützen.«
    »Das ist doch Irrsinn!« rief Rek. »Das ist doch nicht euer Ernst?«
    »Doch«, erwiderte Bowman. »Ich glaube, ich würde Druss gern die letzte Ehre erweisen. Und für die Nadir-Dichter ist es eine Geschichte, von der sie in künftigen Jahren singen können. Und die Drenai-Dichter werden es bestimmt übernehmen. Mir gefällt die Idee – sie besitzt eine gewisse poetische Schönheit. Speisen in der Höhle des Drachen.«
    »Verdammt, dann bin ich dabei«, sagte Rek. »Wenn ich auch den Eindruck habe, daß ihr einen Dachschaden habt. Wann sollen wir aufbrechen?«
     
     
    Man hatte Ulrics Ebenholzthron vor sein Zelt geschafft, und der Kriegsherr der Nadir hatte darauf Platz genommen, gekleidet in seine golddurchwirkten Seidengewänder. Auf seinem Kopf saß die mit Ziegenleder eingefaßte Krone des Stammes der Wolfsschädel, und sein schwarzes Haar war nach der Art der ventrischen Könige geflochten. Um ihn herum saßen in einem großen Kreis mehrere Tausend seiner Hauptleute; dahinter saßen viele andere Gruppen im Kreis. In der Mitte jedes Kreises tanzten Nadir-Frauen mit wilden Bewegungen zu den fließenden Rhythmen von hundert Trommeln. Im Kreis der Hauptleute tanzten die Frauen um einen drei Meter hohen Scheiterhaufen, auf dem Druss die Legende lag, die Arme verschränkt. Die Axt ruhte auf seiner Brust.
    Außerhalb der Kreise brannten zahllose Feuer, und der Geruch nach bratendem Fleisch erfüllte die Luft. Überall trugen Frauen Jochs mit Eimern herum, die mit Lyrrd, einem aus Ziegenmilch gebrauten alkoholischen Getränk, gefüllt waren. Ulric selbst trank Druss zu Ehren lentrischen Rotwein. Er mochte den Wein nicht. Für einen Mann, der an die stärkeren Getränke der nördlichen Steppen gewohnt war, war er zu dünn und wäßrig. Aber er trank ihn trotzdem. Es wäre ein Zeichen von schlechtem Benehmen, es nicht zu tun, denn Druss’ Geist weilte als Gast unter ihnen: ein extra Kelch, bis zum Rand gefüllt, stand neben dem von Ulric, und rechts neben dem Kriegsherrn der Nadir war ein zweiter Thron aufgestellt worden.
    Ulric starrte schwermütig über seinen Kelch hinweg auf den Toten auf dem Scheiterhaufen.
    »Es war eine gute Zeit zu sterben, alter Mann«, sagte er leise. »Wir werden uns in unseren Liedern an dich erinnern, und noch Generationen lang werden die Männer an den Lagerfeuern von dir sprechen.«
    Der Mond schien hell von einem wolkenlosen Himmel, und die Sterne funkelten wie ferne Kerzen. Ulric lehnte sich zurück und blickte in die Ewigkeit. Warum diese düstere Stimmung? Unter welcher Last stöhnte seine Seele? Selten zuvor hatte er sich so gefühlt, und gewiß noch nie am Vorabend eines solchen Sieges.
    »Warum?«
    Sein Blick wanderte zurück zu dem toten Axtkämpfer.
    »Du hast mir das angetan, Todeswanderer«, sagte er. »Deine Heldentaten haben mir diese dunklen Schatten gebracht.«
    In allen Legenden gab es, wie Ulric wußte, strahlendhelle Helden und das dunkle Böse. Das war der Stoff, aus dem solche Geschichten gemacht wurden.
    »Ich bin nicht böse«, sagte er. »Ich bin ein geborener Krieger. Ich habe ein Volk zu beschützen und eine Nation aufzubauen.« Er nahm noch einen Schluck lentrischen Roten und schenkte sich nach.
    »Stimmt etwas nicht, Herr?« fragte sein Carle-Hauptmann, Ogasi, der dickliche Steppenreiter, der Virae erschlagen hatte. »Er klagt mich an«, erklärte Ulric und zeigte auf den Toten.
    »Sollen wir den Scheiterhaufen anzünden?«
    Ulric schüttelte den Kopf. »Nicht vor Mitternacht. Die Tore müssen bei seiner Ankunft offen sein.«
    »Du erweist ihm große Ehre, Herr. Wieso klagt er dich dann an?«
    »Durch seinen Tod. Nogushas Waffe war vergiftet – das habe ich von seinem Diener erfahren.«
    »Das geschah nicht auf Befehl hin, Herr. Ich war dabei.«
    »Spielt das eine Rolle? Bin ich nicht mehr verantwortlich für jene, die mir dienen? Ich habe meine Legende befleckt, um diese hier zu beenden. Eine finstere, finstere Tat, Ulric

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