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Die Legende

Die Legende

Titel: Die Legende Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Gemmell
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sagen?«
    »Also schön, du bist der Bronzegraf. Es spielt keine Rolle. Morgen kannst du in dein Grab zurückkehren – du und alle, die dir folgen wollen. Du hast diese Schlacht mit zehntausend Mann begonnen, jetzt hast du vielleicht noch siebenhundert. Du hängst dein Schicksal an Magnus Wundweber, aber er kann nicht rechtzeitig hier sein – und selbst wenn, würde es nichts mehr ändern. Sieh dich um. Diese Armee wurde durch Siege aufgebaut. Und sie wächst. Ich habe vier solcher Armeen – kannst du sie aufhalten?«
    »Es ist nicht so wichtig, dich aufzuhalten«, entgegnete der Graf. »Das war es nie.«
    »Was macht ihr dann?«
    »Wir versuchen, dich aufzuhalten.«
    »Ist das ein Rätsel, das ich verstehen müßte?«
    »Es ist nicht wichtig, ob du es verstehst. Vielleicht will das Schicksal, daß du Erfolg hast. Vielleicht erweist sich ein Nadir-Reich als segensreicher für die Welt. Aber stell dir eine Frage: Wenn keine Armee hier gewesen wäre, als du ankamst, sondern nur Druss allein, hätte er dir die Tore geöffnet?«
    »Nein. Er kämpfte und wäre gestorben«, sagte Ulric.
    »Aber er hätte nicht erwartet zu gewinnen. Warum hätte er es dann getan?«
    »Jetzt versteh ich dein Rätsel, Graf. Es macht mich traurig, daß so viele Menschen sterben müssen, wenn Widerstand doch sinnlos ist. Dennoch respektiere ich dich. Ich werde dafür sorgen, daß dein Scheiterhaufen ebenso hoch ist wie der von Druss.«
    »Danke, nein. Wenn du mich tötest, leg mich in den Garten hinter der Festung. Dort ist schon ein Grab, umgeben von Blumen. Darin liegt meine Frau. Bestatte mich neben ihr.«
    Ulric schwieg einige Minuten und nahm sich Zeit, ihre Becher nachzufüllen.
    »Es soll geschehen, wie du es wünschst, Bronzegraf«, sagte er schließlich. »Begleite mich in mein Zelt. Wir wollen ein wenig Fleisch essen, Wein trinken und Freunde sein. Ich werde dir von meinem Leben und meinen Träumen erzählen, und du wirst mir von deiner Vergangenheit und deinen Freuden erzählen.«
    »Warum nur von der Vergangenheit, Ulric?«
    »Sie ist alles, was du noch hast, mein Freund.«

29
    Um Mitternacht, als die Flammen des Scheiterhaufens hochschlugen, zogen die Nadir ihre Waffen und hielten sie hoch, in schweigendem Tribut an den Krieger, dessen Seele, wie sie glaubten, vor den Toren des Paradieses stand.
    Rek und die Gruppe der Drenai folgten diesem Brauch; dann drehte Rek sich um und verbeugte sich vor Ulric. Ulric erwiderte die Verbeugung, und die Gesellschaft machte sich wieder auf den Weg zu den Ausfalltoren von Mauer Fünf. Der Rückweg verlief schweigend. Jeder Mann hing seinen eigenen Gedanken nach.
    Bowman dachte an Caessa und ihren Tod an Druss’ Seite. Er hatte sie auf seine Weise geliebt, wenn er auch nie davon gesprochen hatte. Sie zu lieben hieß zu sterben.
    Hogun dachte an das eindrucksvolle Bild der Nadir-Armee, wie er sie von nahem hatte sehen können, zahllos und mächtig. Unaufhaltsam!
    Serbitar dachte an die Reise, die er mit den Überlebenden der Dreißig am Abend des morgigen Tages unternehmen würde. Nur Arbedark würde fehlen, denn sie hatten sich letzte Nacht beraten und ihn zum Abt erklärt. Jetzt würde er allein aus Delnoch abreisen, um in Ventria einen neuen Tempel zu gründen.
    Rek kämpfte gegen tiefe Verzweiflung an. Ulrics letzte Worte hallten fortwährend in seinen Gedanken wider:
    »Morgen wirst du die Nadir sehen wie noch nie zuvor. Wir haben eurem Mut Achtung gezollt, indem ihr in der Nacht ruhen konntet. Jetzt muß ich deine Festung einnehmen, und es wird keine Ruhe mehr geben, bis sie fällt. Bei Tag und Nacht werden wir angreifen, bis niemand mehr am Leben ist, der sich uns in den Weg stellt.«
    Schweigend erklomm die Gruppe die Stufen und ging zum Kasino. Rek wußte, daß er in dieser Nacht ohnehin keinen Schlaf würde finden können. Es war seine letzte Nacht auf dieser Erde, und sein müder Körper mobilisierte frische Reserven, so daß er das Leben kosten und spüren konnte, wie süß es war zu atmen.
    Die Gruppe ließ sich an einem langgestreckten Tisch nieder, und Rek schenkte Wein aus. Von den Dreißig waren nur noch Serbitar und Vintar dabei. Lange Zeit schwiegen die fünf Männer, bis Hogun schließlich die unbehagliche Stille brach.
    »Wir wußten, daß es so kommen würde, nicht wahr? Es gab keine Möglichkeit, endlos auszuhalten.«
    »Sehr richtig, altes Roß«, sagte Bowman. »Trotzdem ist es ein bißchen enttäuschend, findest du nicht? Ich muß gestehen, daß ich immer eine kleine

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