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Die Legende

Die Legende

Titel: Die Legende Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Gemmell
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wisperte in den Zweigen. Ein Strahl Mondlicht badete einen herabgefallenen Ast und verlieh ihm eine ätherische Pracht. Ein einsamer Dachs, der ins Licht geraten war, huschte ins Unterholz. Die Männer, die sich um das Lagerfeuer geschart hatten, brachen in einen rauhen Gesang aus, und Druss fluchte leise. Wieder war der Wald nichts weiter als ein Wald, die Eichen nichts weiter als große Bäume. Bowman kam mit zwei Lederbechern und einem Weinschlauch zu ihm herüber.
    »Einer der besten Ventrier«, sagte er. »Er macht dein Haar wieder schwarz.«
    »Soll mir recht sein«, meinte Druss. Der junge Mann schenkte erst Druss, dann sich selbst ein.
    »Du siehst so melancholisch aus, Druss. Ich dachte, die Aussicht auf eine weitere ruhmreiche Schlacht würde dir das Herz aufgehen lassen.«
    »Deine Männer sind die schlechtesten Sänger, die ich seit zwanzig Jahren gehört habe. Sie vergewaltigen das Lied ja.« Druss lehnte sich gegen eine Eiche und spürte, wie der Wein die Anspannung fortspülte.
    »Warum gehst du nach Dros Delnoch?« fragte Bowman.
    »Die schlechtesten Sänger waren eine Bande gefangener Sathuli. Sie sangen immer und immer wieder dieselbe dämliche Strophe. Schließlich haben wir sie gehen lassen – wir dachten, wenn sie zu Hause so weitersingen, haben sie in einer Woche den Kampfgeist ihres Stammes gebrochen.«
    »Nun sieh mal, altes Schlachtroß«, sagte Bowman. »Ich bin kein Mann, den man so einfach beiseite schiebt. Antworte mir – egal was! Lüg mich an, wenn du willst. Aber sag mir, warum du nach Dros Delnoch gehst.«
    »Warum willst du das wissen?«
    »Es interessiert mich. Selbst ein Einäugiger kann sehen, daß Delnoch fallen wird, und du hast genug Erfahrung, um die Wahrheit zu erkennen, wenn du sie siehst. Also, warum?«
    »Hast du eine Ahnung, mein Freund, in wie vielen solcher verlorener Schlachten ich in den letzten vierzig Jahren gekämpft habe?«
    »Nicht in allzu vielen«, erwiderte Bowman, »sonst wärst du nicht hier und könntest darüber reden.«
    »Nein. Wie entscheidest du, daß eine Schlacht verloren ist? Zahlen, strategische Vorteile, Stellungen? Das ist alles nicht mehr wert als ein Spatzenfurz. Es kommt auf die Männer an, die den Willen haben. Die größte Armee wird wanken, wenn ihre Männer weniger bereit sind zu sterben als zu siegen.«
    »Rhetorik«, schnaubte Bowman. »Die kannst du dir für die Dros aufheben. Die Narren dort werden sie begierig einsaugen.«
    »Einer gegen fünf, und der eine wird behindert«, sagte Druss, sich mühsam beherrschend. »Auf wen würdest du setzen?«
    »Ich weiß, worauf du hinauswillst, Alter. Und was, wenn der eine Karnak der Einäugige wäre? Hm? Na, dann würde ich auf ihn setzen. Aber wie viele Karnaks gibt es in Dros Delnoch?«
    »Wer weiß? Selbst Karnak war einst unbekannt. Er hat sich auf einem blutigen Schlachtfeld seinen Namen gemacht. Auch in Dros Delnoch wird es am Ende viele Helden geben.«
    »Dann gibst du es also zu? Die Dros ist zum Untergang verurteilt«, sagte Bowman triumphierend grinsend. »Am Ende, hast du gesagt.«
    »Verdammt Junge, leg mir keine Worte in den Mund«, fauchte Druss, sich selbst verwünschend. Wo bist du jetzt, Seben? dachte er. Jetzt, wo ich dich und deine glatten Worte und deinen flinken Geist brauche.
    »Dann versuche auch nicht, mich wie einen Toren zu behandeln. Gib zu, daß die Dros verurteilt ist.«
    »Wie du meinst«, gab Druss zu. »Jeder Einäugige kann es sehen. Aber das kümmert mich einen Dreck, mein Freund. Bis zu dem Moment, wenn sie mich tatsächlich niederstrecken, werde ich immer noch versuchen zu siegen. Und die Kriegsgötter sind bestenfalls launisch. Wo stehst du in dieser Sache?«
    Bowman lächelte und füllte die Becher noch einmal: Einen Augenblick schwieg er, genoß den Wein und das Unbehagen des alten Mannes.
    »Nun?« fragte Druss.
    »Jetzt kommen wir endlich dahin«, meinte Bowman.
    »Wohin?« fragte Druss, der sich unter dem zynischen Blick des jungen Bogenschützen sichtlich unwohl fühlte.
    »Zu dem Grund für deinen Besuch in meinem Wald«, antwortete Bowman und spreizte die Hände. Sein Lächeln war jetzt offen und freundlich. »Komm schon, Druss, ich habe zuviel Respekt vor dir, um noch länger mit dir herumzuzanken. Du willst meine Männer für deine verrückte Schlacht. Und die Antwort lautet nein. Aber genieße deinen Wein trotzdem.«
    »Bin ich so leicht zu durchschauen?« fragte der alte Krieger.
    »Wenn Druss die Legende am Vorabend des Untergangs durch

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