Die Legende der Alten: Teil 2: Wiederkehr (German Edition)
einmal begegnet. Natürlich sind wir das, sonst würden Sie mich ja nicht ansprechen. Allerdings spreche ich Ihre Sprache nicht, vielleicht verwechseln Sie mich mit jemandem. Wim …“, Nomo beugte sich zu dem Mann hinüber und gab ihm einen Kuss, „… spricht auch manchmal in dieser Sprache. Ich glaube, er zieht mich damit auf“
Verwirrt sah Houst von seiner Nichte zu dem Mann und wieder zurück. Dabei machte er ein so ratloses Gesicht, dass ihm gar der Mund offen stehen blieb.
„Das ist eine lange Geschichte“, begann der Mann zu erklären, „Seit Zemal seinen Glitzerstaub verteilt hat, reden fast alle nur noch in der Sprache der Alten, glauben jemand anders zu sein. Ihr seid der ehemalige Großwesir, Nomos Onkel. Wir sind uns einmal in Chaks Haus begegnet, als ich mit Nomo aus der Einöde zurückgekehrt bin. Mein Name ist Kex“
„Hören Sie, er tut es schon wieder“, mischte sich Nomo ein, „Sie beide scheinen sich zu kennen. Ich bin seine Frau. Das heißt, ich war seine Frau. Na ja, rein rechtlich sind wir schon noch verheiratet, aber in den letzten Jahren haben wir uns nicht gesehen. Wir sind uns erst vor ein paar Tagen wieder begegnet und haben uns ausgesprochen. Wim wird mir die Basisstation seines Kraftwerks zeigen. Der Blick auf die Erde soll sensationell sein. Ich bin so gespannt, dass ich es kaum noch aushalte. Vielleicht können wir uns danach länger unterhalten. Jetzt komm, Wim“
Dann lief Nomo einfach davon und zog den Mann an der Hand hinter sich her. Nur kurz stemmte er sich dagegen, blickte noch einmal entschuldigend zu Houst, und schloss dann zu ihr auf. Houst sah ihnen noch hinterher, bis sie im selben Gebäude wie zuletzt Esrin verschwanden.
„Wir werden hier drin jämmerlich verhungern“, beschwerte sich jemand aus der Nachbarzelle.
***
Was wollten all diese Stadtmenschen hier in der Einöde? Und vor allem, warum sahen sie ihn so erwartungsvoll an? Er hätte die Kugel aus Nadamal benutzt, so die letzten Worte von Mo, bevor sie aus seiner Wahrnehmung verschwunden war. Träumte er etwa und war nun aufgewacht? Instinktiv fühlte er in seine Tasche, drehte das kühle Metall der Kugel in seinen Fingern. Irgendetwas zerrte an seinem Geist, fremde Bilder. Vehement wischte er sie zur Seite, konzentrierte sich auf sich selbst. So wie er es für Stunden, ja sogar Tage mit Mo zusammen geübt hatte. Jemand rief ihn, er hörte es nicht, er spürte es. Vielleicht Mo, doch es klang nicht wie Mo. Eher wie … eine beinahe vergessene Erinnerung, so weit weg. Piri! Der Gedanke hatte sogar eine Richtung, kam aus Nadamal auf ihn zu. Zemal blickte auf. Eine Gruppe Verdammter näherte sich, ließ gerade die letzten Ruinen von Nadamal hinter sich. Irgendetwas in ihm sträubte sich gegen Piris Ruf, warnte, schrie. Zemal verstand dies alles nicht. Er hatte Angst. Am liebsten wäre er einfach davon gelaufen, hätte sich irgendwo hinter einem der Felsen versteckt und dort gewartet, bis es vorbei ist. Die Verdammten kamen näher, andere stimmten in Piris Ruf ein, wie ein Echo. Sie flüsterten, lullten ein. Schlaf! Um Zemal herum verstummten die Stadtbewohner, einige setzten sich sogar in den Schlamm. Auch Zemal wurden die Augen schwer. Einzig diese andere Stimme in seinem Kopf schrie nun noch lauter, hinderte ihn am Einschlafen. Sie schlug gegen sein Bewusstsein, es schmerzte beinahe, sie davon fern zu halten. Er durfte nicht einschlafen, die Alten, sie würden ihn überrennen. Ohne Mo fand er nie zurück. Mo, warum nur war sie nicht hier.
„Was machen Sie hier, Wim?“, donnerte eine Stimme in seinem Kopf, „Wollen sie erneut meine Arbeit zerstören?“
Zemal erschrak, ein kurzer Moment der Unachtsamkeit. Dann fluteten die Erinnerungen der Alten seinen Geist. Er wurde hinweg gewischt, verscheucht wie eine lästige Fliege. Einen Moment kämpfte er noch dagegen an, klammerte sich an seinen Körper. Doch der andere hatte ihn längst übernommen.
„Ich habe Ihre Arbeit nicht zerstört, Georg! Sie und die Wachroboter, die Sie auf uns gehetzt haben, waren das. Wissen Sie eigentlich, wie viele Menschen – Ihre eigenen Mitarbeiter – Sie dabei getötet haben?“, entgegnete Wim Kluge.
„Niemand hat die Wachroboter auf Sie gehetzt, Wim. Ich bin Wissenschaftler, kein Mörder. Sie selbst oder einer Ihrer Naturalistenfreunde hat sie manipuliert. Was hätte ich davon, meine besten Wissenschaftler zu töten? Ich musste den ganzen Block meines Instituts abriegeln. Die Arbeit von Jahrzehnten ging dabei für
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