Die Legende der Alten: Teil 2: Wiederkehr (German Edition)
Ker.
Das beruhigte Zemal wenig. Er mochte diese Dinger nicht, wusste nicht, was sie waren, er verstand nicht einmal ihre Sprache. Außerdem erinnerten sie ihn an sein eigenes Versagen bei seiner Initialisierung. Eine der Tonnen fuhr mittlerweile zwischen den Nachtjägern umher, blieb dann plötzlich vor Ilbi stehen. Ihr Auge musterte Ilbi eingehend. Das Gesicht erschien, sprach ein paar Worte, und als sich Ilbi nicht rührte, hob die Tonne sie einfach hoch und fuhr mit ihr davon.
„He, was soll das!“, rief Tikku.
Doch die Tonne ließ sich davon nicht beirren, überwand mit der komischen Konstruktion aus jeweils drei Rädern an jeder Seite im nu die wenigen Treppenstufen und verschwand unter den verdutzten Blicken der Nachtjäger durch die Tür. Im gleichen Moment begann das Gesicht der anderen Tonne, wieder zu sprechen, zum dritten Mal denselben Text.
„Kommt, wir müssen hinter Ilbi her. Wer weiß, wo dieses Ding sie hinbringt“, sagte Beo.
„Los, schnappen wir unsere Sachen“, forderte auch Mo.
Jeder gab sein Bestes, jeder machte so schnell er konnte. Doch die ausgelaugten Körper verweigerten den Dienst. Keiner schaffte es, sich seinen Rucksack ohne die Hilfe eines anderen auf den Rücken zu packen. Es dauerte eine Ewigkeit, bis sie endlich durch die Tür traten. Hinter der Tür erwartete die Nachtjäger ein längerer Gang. Er war mit den Lichtern der Alten ausgeleuchtete, solche, wie sie in der großen Halle in der Siedlung der Verdammten brannten. An die Wände waren mehrere verschieden starke, parallel verlaufende Kabel geklebt. Unter der Decke verliefen scheinbar kreuz und quer dicke und dünne Rohre. Sie gingen durch einen Raum, in dem lauter brummende Kästen herumstanden. Zemal zog Ker mit sich, der stehen geblieben war und einen der Kästen untersuchte.
„Besser wir fassen hier nichts an“, sagte er.
Ein weiterer Gang, diesmal ohne Kabel und Rohre, folgte. Dann erreichten sie einen kleinen Raum. An einer Seite befand sich eine metallisch schimmernde Tür ohne Griffe. Die zweite Tonne fuhr an ihnen vorbei und drückte einige Tasten auf einem Tastenfeld neben der Tür, die daraufhin rechts und links in der Wand verschwand und einen noch viel kleineren Raum freigab. Die Wände waren ungewöhnlich glatt, die Nachtjäger konnten sich selbst darin sehen, so wie auf der Oberfläche des Wasserbassins in der Siedlung, nur fiel deutlicher. Die Tonnen drängten die Gruppe in den kleinen Raum, das Gesicht in dem Quadrat redete dabei unentwegt auf sie ein. Es klang monoton, beruhigend, fast wie ein Schlaflied. Es war eng in dem Raum, die Nachtjäger zwängten sich aneinander. Kaum waren alle drinnen, schloss sich die Tür. Sie waren gefangen, dachte Zemal, eingesperrt in diesem viel zu kleinem Raum. Er wollte die Tür wieder aufschieben, doch seine Hände fanden am glatten Metall keinen Halt. Über der Tür leuchtete etwas, es gab einen kurzen, kaum spürbaren Ruck. Sie bewegten sich, oder besser der Raum schien sich zu bewegen.
„Was passiert hier?“, fragte Beo.
„Wir sollten nicht hier sein“, sagte Zemal.
„Aber Ilbi ist hier irgendwo“, widersprach Skio.
Mit einem leichten Kribbeln im Bauch ebbte das Gefühl der Bewegung ab und hörte schließlich ganz auf. Die Tür verschwand wieder in den Wänden. Die Nachtjäger drängten aus dem engen Raum heraus in eine weitläufige Halle. Zemal blieb wie angewurzelt stehen. Eine breite Fensterfront gab den Blick nach draußen frei. Er kannte diesen Blick, er hatte ihn schon einmal gesehen. Sie waren mitten in Nadamal, mitten in dem Gebäude, aus dem er und Mo bei seiner Initialisierung geflohen waren. Schritte und erneut eine Stimme ließ die Nachtjäger herumfahren. Der Mann, den Mo aufgeweckt hatte, trat herein.
Unterwelt
Kex wusste nicht, ob er wach war oder nur träumte. Er öffnete die Augen, doch sehen konnte er nicht. Sein Arm schmerzte, jeder Pulsschlag pochte in seinen Schläfen. Der Raum fühlte sich eng an, bedrückend, er spürte den zurückgeworfenen Luftzug seines eigenen Atems. Gleich neben ihm bewegte sich etwas, jemand. Kex hörte ihn flüstern.
„Pst ganz leise. Pst weiß, dass sie gute Ohren haben. Pst hat sich und den Jungen gut versteckt. Sie kommen, brauchen Wasser wie Pst. Aber hier werden sie Pst nicht finden. Der Junge ist schwach, verletzt. Pst hat Jungen geholfen. Junge ist keiner von denen, ist anders. Pst ist auch anders. Pst isst keine Menschen“
„Hall …“
Eine Hand drückte fest auf Kex Mund. Vor
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