Die Legende der Alten: Teil 2: Wiederkehr (German Edition)
selbst verantwortlich zu sein, aber für die ganze Gruppe … Was, wenn es falsch war, in nördliche Richtung zu gehen? Sicher, nach Osten und Westen waren lange vor ihnen schon Suchtrupps der Verdammten aufgebrochen. Gäbe es dort Wasser, wären diese längst zurückgekehrt. Und von Süden her kamen die Stürme, dort zeigte sich die Einöde noch lebensfeindlicher als hier. Kein Verdammter ging in diese Richtung, zumindest nicht bei klarem Verstand. Norden erschien demnach die beste Wahl. Doch bisher hatten sie kein Wasser gefunden, irrten umher, ohne ein wirkliches Ziel. Mit Grauen dachte Zemal daran, dass sie der Durst nach Nadamal treiben könnte. Dorthin wollte er nun wirklich nicht zurück. Hatte er insgeheim diesen letzten Ausweg ins Kalkül gezogen, als er Mo Norden vorschlug? Wenn auch sein neuer Vorschlag keinen Erfolg brachte, könnte es dazu kommen. Ohnehin war die Idee nicht ganz ungefährlich, könnte einen von ihnen oder auch allen das Leben kosten. Die Zweifel nagten an ihm. Während Beo sich mit Mo beriet, Mo danach einfach ihn fragte, konnte sich Zemal an niemanden wenden.
„… wir werden uns deshalb aufteilen, unseren Weg in Sichtweite nebeneinander fortsetzen. Damit erweitern wir automatisch den Korridor, in dem wir nach Wasser suchen können“, verkündete Beo.
Wie üblich murrten Tikku und Preido. Sie akzeptierten keine Entscheidung klaglos, boten selbst aber auch keine Alternativen an.
„Was ist das den für eine Scheiße! Jetzt soll also jeder für sich durch die Einöde stapfen“, maulte Tikku.
„Und was machen wir, wenn ein Sturm aufzieht? Wenn wir uns aus den Augen verlieren?“, wollte Preido wissen.
„Scheiße genau, was machen wir dann?“, stimmte Tikku ein.
„Wie ich schon erwähnt habe, finden wir uns etwa alle zwei Stunden zusammen, indem einfach diejenigen ganz außen zu ihrem rechten beziehungsweise linken Nachbarn gehen und dann gemeinsam mit diesem zum nächsten Nachbarn und so weiter. Das gleiche machen wir natürlich auch wenn ein Sturm heraufzieht. Sollte jemand den Blickkontakt zu einem seiner Nachbarn verlieren, macht er sich mit Rufen und Winken beim anderen Nachbar bemerkbar. Der gibt das Zeichen weiter, so dass alle stoppen und nach dem Vermissten suchen können“, erklärte Beo.
„Ich und Zemal gehen ganz außen, Älteste Beo bleibt mit Ker zusammen in der Mitte, dazwischen verteilen sich die anderen“, fügte Mo hinzu.
„Scheiß Plan“, sagte Tikku noch einmal, stiefelte dann aber schon nach rechts davon, „Kommst du Preido?“
Zemal winkte Ilbi und Skio zu sich und machte sich auf den Weg in die andere Richtung.
„Es ist ein guter Plan“, raunte ihm Mo zu, als er an ihr vorbei ging.
***
Der Sturm kam so plötzlich, den Nachtjägern blieb gar keine Zeit mehr, sich wieder zusammen zu finden. Zemal schaffte es eben noch in den Windschatten eines Felsens. Eigentlich war es nur ein größerer Stein, viel Schutz bot er nicht. Staub fegte über Zemal hinweg, durchdrang die Kleidung und setzte sich überall fest. Das Atmen viel schwer, es kratzte im Hals. Mehr als einmal musste Zemal husten, der Gesichtsschal schützte nicht genug. Er hielt sich auch noch das Hemd vor Mund und Nase. Staub schmirgelte über die nun nackte Haut an Bauch und Rücken. Ab und an erhellten Blitze die Nacht, ihr Licht drang sogar durch die geschlossenen Augen. Zum Glück waren es aber nicht allzu viele, Zemal hatte bereits schlimmere Stürme überstanden. Doch die Zeit verging quälend langsam, der Sturm dauerte eine gefühlte Ewigkeit. Hatten es die anderen ebenfalls an einen halbwegs sicheren Ort geschafft? Würden sie sich wiederfinden? Diese Fragen schlichen sich in Zemals Gedanken. Er war nicht optimistisch genug, mochte sie nicht positiv beantworten.
Beinahe so unvermittelt wie der Sturm aufgezogen war, ebbte er auch ab. Der aufgewirbelte Staub würde zwar noch für Stunden die Luft vernebeln, aber Zemal konnte wieder aufrecht stehen. Sofort suchte er nach den anderen. Er war sich jedoch nicht sicher, ob er wirklich in die richtige Richtung lief. In seinen Augen klebte der Staub, noch konnte auch er nur wenige Meter weit blicken. Er schrie nach Ilbi, sie war vor dem Sturm neben ihm gelaufen. Antwort bekam er keine. Er lief und schrie weiter, unermüdlich. Längst musste er den Abstand zwischen sich und Ilbi zurückgelegt haben, von der Nachtjägerin fehlte jedoch jede Spur. Zemal drehte sich einmal um sich selbst. Ringsum trübe Luft, die jegliche Kontur
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