Die Legende der Alten: Teil 2: Wiederkehr (German Edition)
Leuchten in ihren Augen – vor einer der Schrifttafeln und murmelte etwas in der Sprache der Alten. In letzter Zeit tat sie das immer häufiger. Es handelte sich um die Tafel über genau jenem Wasserhahn, aus dem Zemal und Mo einst getrunken hatten. Zemal verstand Ilbis Worte nicht, er gab sich nicht einmal Mühe. Warum sollte er seinen Gefängniswärter verstehen. War er damit weniger Gefangener?
„Das ist eine Warnung“, sagte Ilbi mit einem Mal laut, „Dieses Wasser enthält neue … Für das nächste Wort gibt es keine Übersetzung. Ich sehe Bilder von verschiedenen Gebilden, die sich zu größeren Strukturen zusammenschließen, ein feines Netz. Es ist irgendwie schön. Wenn ihr das sehen könntet … Nur für Versuch … mmh, Versuch Tiere, oder so ähnlich, verwenden! Steht noch auf der Tafel“
„Was sollen Versuch Tiere sein?“, wollte Ker wissen.
Er war der einzige, der sich von Ilbis Veränderungen nicht abschrecken ließ, ja sogar ihre Nähe suchte. Selbst Skio, ihre beste Freundin, schlich verunsichert um sie herum. Ob Ilbi deren Gedanken auch lesen konnte? Sie hatte nur von Zemal und Mo gesprochen. Aber vielleicht wollte sie Ker und Skio nur nicht vertreiben.
„Ich weiß nicht. Wir sollten Georg fragen“, antwortete Ilbi.
Georg, so nannte Ilbi den Mann, der sie hier festhielt, manchmal sogar Georg Waldberger. Was für ein ulkiger Name für einen Mann. Genauso ulkig wie seine Kleidung, die eigentlich nur aus einem weißen, fast bis zum Boden reichendem Gewand bestand. Er war einer der Alten, so viel hatte Ilbi schon von ihm erfahren, lebte also irgendwie seit mehreren hundert Jahren. Ob dies stimmte oder er nur aufschnitt, mochte Zemal nicht beurteilen. Zumindest wirkten seine fein geschnittenen Gesichtszüge eher jugendlich. Auch schien er nicht zu wissen, ob es noch mehr Alte gab. Hier in Nadamal war er wohl der einzige. Mittlerweile redete er nur noch mit Ilbi. Sie konnte wenigstens aus einigen seiner Worte ein wenig Sinn entnehmen. Älteste Beo probierte es manchmal noch, allerdings mit wesentlich weniger Erfolg.
„Lass sie sofort los du miese Blechtonne“, schrie Tikku plötzlich aus dem Nebenraum.
Es folgte ein kurzer heller Lichtschein, Zemal sah eben noch, wie Tikku zu Boden sackte. Eine der Tonnen – Ilbi nannte sie Roboter – hatte Mo in seinen Armen. Ihre Augen waren geschlossen, Arme und Beine hingen leblos herunter. Mit wenigen Sätzen stürmte Zemal auf die Maschine zu. Er hatte sie noch nicht ganz erreicht, als erneut helles Licht aufblitzte. Ein heftiger Schmerz fuhr ihm durch den Rücken. Seine Muskeln versagten den Dienst, er fiel über den Stuhl, über den er gerade springen wollte. Während er sich noch aufrappelte, verschwand die Blechtonne mit Mo durch eine Tür.
„Mo wird nichts geschehen“, beruhigte Ilbi die versammelten Nachtjäger, „Georg möchte ihr nur ein Geschenk machen, so wie er mir ein Geschenk gemacht hat“
„Ich werde sie da rausholen“, brüllte Zemal, und rüttelte wie wild an der Tür.
Er riss lediglich die Türklinke ab. Älteste Beo legte ihm die Hand auf die Schulter.
„Nicht, Zemal“, beruhigte sie ihn.
Zemal schnaubte ein paarmal tief durch, trat einige Schritte zurück. Dann rannte er plötzlich mit aller Wucht gegen die Tür. Holz splitterte, die Tür wurde aus den Angeln gerissen. Er stürmte hinaus, kam aber nicht weit. Lichtblitze erhellten den Gang, Zemal schrie. Wenig später ging er zu Boden und die Maschinen trugen ihn ebenfalls davon.
„Aber er tut ihr doch nichts“, wiederholte Ilbi leise.
***
Die Karawane stoppte am Rande der Siedlung. Vor ihnen lag ein Meer aus Zelten. Die Bewohner dieser Zeltstadt erwarteten sie schon. Dutzende Männer mit Speeren traten ihnen entgegen, einige sahen grimmig aus, andere neugierig. Dahinter wartete der Rest der Bevölkerung, reckte die Hälse, um besser sehen zu können. Houst stieg von seinem Kamel. Zusammen mit dem Karawanenführer ging er den Männern entgegen, gleich hinter ihm humpelte Esrin. Der Krüppel war inzwischen wie ein Schatten. Die Reihen der Männer teilte sich, machten Platz für einige alte Frauen und einen alten Mann.
„Wer seid ihr? Was führt euch zu unserem Dorf?“, wollte eine der alten Frauen wissen.
„Mein Name ist Houst. Einst war ich Großwesir in der Stadt jenseits der Einöde. Wir sind auf der Suche nach den Städten der Alten. Ist dies eine Siedlung der Verdammten?“, entgegnete Houst.
„Was wisst ihr von den Verdammten, wenn ihr nicht in der
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