Die Legende der Alten: Teil 2: Wiederkehr (German Edition)
seine Hand freundschaftlich auf Petels Schulter und schob ihn sanft zu einem der freien Tische.
„Lass uns etwas essen und trinken“, sagte Kex, „Ich bin gerade erst wieder in der Stadt angekommen“
„Hatte dich Esrin wie uns aus der Stadt gejagt?“, fragte Petel, „Falls du ihn suchst, den gibt es auch nicht mehr“
Kex machte sich nicht einmal die Mühe, sein erstauntes Gesicht zu verbergen. Dies waren unerwartete Neuigkeiten. Von welchen Überraschungen würde Petel noch berichten. Das Gespräch mit ihm versprach, interessant zu werden.
***
Nur noch wenige Meter trennten Nomo und das Podest auf dem ihr Vater residierte. Nach einer anfänglichen Rede, ließ man nun ausgewählte Bürger vortreten. Ein Händler beklagte sich über zu hohe Zölle, eine ganze Abordnung von Handwerkern verlangte im Gegenzug die Zölle sollen erhöht werden, damit sie ihre Waren besser verkaufen konnten. Ein zerlumpter Landstreicher bettelte um Almosen und eine Frau mittleren Alters klagte die Stadtwache an, ihre Tochter vergewaltigt zu haben. Kleine und große Sorgen. Der König hörte sie sich an, aufmerksam, geduldig, beriet sich immer wieder mit Hem, ließ ihn Notizen machen. Nomo beobachtete ihren Vater genau, es wirkte nicht echt. Die Leute, diese Situation langweilten ihn. Doch die Bittsteller kannten den König natürlich nicht so gut wie Nomo ihn kannte. Für sie sah es so aus, als würde er ihre Sorgen ernst nehmen, als sei ihr Anliegen nun in den richtigen Händen. Es verfehlte seine Wirkung nicht. Sichtlich zufrieden trat jeder einzelne von ihnen zurück in die Menge. Die Frau, deren Tochter die Stadtwachen übel mitgespielt hatten, weinte sogar. Bisweilen hätte Nomo aufschreien können, erinnerte sie sich doch nur zu gut an die ewigen Diskussionen mit ihren Vater. Die Menschen in der Stadt sollten ihm zujubeln, seinen Thron festigen, ansonsten hielt er sie für irrelevant. Zurück im Palast würde er nichts ändern, ihm ging es nur um den guten Eindruck. Für diese Auftritte, für diesen Mummenschanz liebte ihn das Volk. Warum nur konnte man Menschen so einfach hinters Licht führen. Nomo nahm sich vor, einige der vorgebrachten Probleme selbst in die Hand zu nehmen. Der Aufruf des letzten Bittstellers riss sie aus ihren Gedanken. Ihr Vater und die Abordnung würden schon bald in den Palast zurückkehren. Nur wie sollte sie dorthin gelangen? Den Zugang zum Tunnel fand Nomo nie und nimmer wieder, sie hatte nicht einmal auf den Weg geachtet. Ein kleiner Tumult spielte ihr in die Hände. Natürlich wollten noch viele Leute ihre Bitte äußern, verlangten vorgelassen zu werden. Während die Wachen die Menge zurückdrängten, schlüpfte Nomo abseits unbemerkt durch ihre Reihen und gesellte sich zu den Bediensteten ihres Vaters. Ihr Weg in den Palast war gesichert. Erst als sie jemand an eine der Tragestange des Podestes schob, merkte sie, dass es ein verdammt schwerer Weg werden würde.
Die Städte der Alten
Fünf Tage befanden sie sich nun schon in Nadamal, unter der Obhut dieses seltsamen Mannes. Er redete mit ihnen, anfangs sogar sehr oft, sie verstanden ihn nicht. Die Sprache der Alten, keiner der Verdammten hatte sie je gelernt, auch Beo nicht. Fragen, warum er sie nicht gehen ließ, quittierte er mit einem Lächeln. Die metallenen Tonnen versperrten einfach die Türen und führten sie zurück in diese Etage. Mo hatte es mehrfach versucht. Sicher, der Mann behandelte sie nicht schlecht, sie bekamen Wasser so viel sie wollten, zu essen. Sie mussten nichts dafür tun. Gerade dies zehrte an Zemals Nerven, manchmal vernahm er schon irgendwelche Stimmen, besonders vor dem Einschlafen. Obendrein träumte er seltsame Dinge. Auch Mo erzählte davon, dass sie schlecht schlief. Die flüsterten Stimmen hörte aber nur Zemal. Nach seiner Zeit als Dienender traf ihn die Untätigkeit vielleicht besonders hart.
Vorgestern war Ilbi wieder aufgetaucht, ihr Bein auf wundersame Weise genesen. Allerdings nicht die einzige Veränderung. Ilbis Augen schienen manchmal zu glühen. Sie sagte, sie bekäme dann Bilder und Schrift angezeigt. Dinge, die nur sie sehen konnte. Die Bilder tauchten einfach so auf, ohne ihr Zutun. Und manchmal las sie Zemals oder Mos Gedanken, so behauptete sie zumindest. Das machte Zemal Angst. Welch grausame Vorstellung, wenn einem nicht einmal die eigenen Gedanken gehörten. Doch Ilbi hatte es ihnen bewiesen. Seither hielt Zemal Abstand zu ihr. Gerade stand sie gedankenverloren – dieses seltsame
Weitere Kostenlose Bücher