Die Legende der Alten: Teil 2: Wiederkehr (German Edition)
Querstange fest, die den Raum in der Mitte an drei Seiten umrundete. Das Wasser im Boden floss durch Ritzen ab. Über der Tür leuchtete eine Zahl der Alten, zählte in schneller Folge nach oben. Bei 45 blieb sie stehen, für einen winzigen Moment hatte Houst das Gefühl, als würde er schweben. Kurz darauf öffnete sich die Tür, feuchter Wind blies Houst entgegen, drückte ihn an die der Tür gegenüberliegende Wand, kribbelte auf der Haut, wie tausend kleine Nadelstiche. Der Wind pfiff durch zerbrochene Fensterscheiben, am Rahmen tanzten kleine Funken entlang. Auf Wänden und Möbeln hatte sich ein grüner Moosüberzug gebildet. Schon schloss sich die Tür wieder, jedoch nicht für lang. Als sie sich das nächste Mal öffnete, trat Houst nach draußen. Wind gab es hier keinen, die Fensterfront am Ende des gegenüberliegenden Raumes war intakt. Regen platschte dagegen, Blitze zuckten dahinter. Vom tosenden Donner hörte man hier drinnen nur ein dumpfes Grollen. Houst ging zu den Fenstern hinüber, blickte auf die Stadt der Alten. Das meiste blieb hinter einem Regenschleier verborgen, lediglich die nähere Umgebung konnte er sehen. Die zeigte sich allerdings beeindruckend genug. Vor ihm ragte ein Turm bis in den Himmel. Eine Konstruktion aus Stahl und Glas wand sich wie ein Band um ihn herum. Runde Stege – ebenfalls aus Glas – führten von den umliegenden Gebäuden zu dem Band hinüber. In einem dieser Gebäude stand Houst, der Steg, der dieses Haus mit dem Turm verband, direkt über seinem Kopf. Ein sich weit bis zum Horizont ausdehnender Wirbel grauschwarzer Wolken drehte sich um die Spitze des Turmes, hüllte sie vollkommen ein. Die Blitze schienen dort ihren Ursprung zu nehmen, verursachten ein beinahe gespenstisches Leuchten im Zentrum des Wirbels. Houst reichte mit der Hand nach oben, so als könne er die Wolken berühren. Sein Blick folgte dem Steg, die Neugier zog ihn in diesen Turm.
***
Zemal schritt auf die große Halle in der Siedlung der Verdammten zu. Die Bewohner bildeten eine Gasse, bejubelten ihn, grölten. Kinder tanzten um ihn herum. Seine Geschwister waren da, seine Eltern nickten anerkennend. Vor der großen Halle wartete lächelnd Piri mit dem Rat der Ältesten. An seiner Seite lief Mo. Sie hatte sich bei ihm eingehakt, schaute zu ihm auf. Ein schöner Traum. Doch Mos Gesicht war ernst, sie zerrte an seinem Arm.
„Wir müssen weg hier! Zemal du musst aufwachen. Hörst du mich?“, rief sie.
Warum sagte sie das? Es war doch ihr Tag, ihr Fest, sie wollten heiraten. Endlich nach so langer Zeit sollten sie ihr eigenes Zelt bekommen, Teil der Gemeinschaft werden. Zemal sehnte sich danach, hielt an seinem Traum fest. Mo zerrte noch stärker, versetzte ihm sogar eine Ohrfeige. Verstört blieb Zemal stehen, drehte sich zu ihr um. Weshalb war sie so wütend auf ihn? Was hatte er getan?
„Jetzt mach endlich die Augen auf. Das ist nicht echt. Bei den Alten, wir haben keine Zeit!“, rief Mo und verpasste ihm noch eine Ohrfeige.
Schmerz riss Zemal aus dem Schlaf, seine Wangen glühten.
„Au“, sagte er und verzerrte das Gesicht.
Über ihn stand Mo gebeugt, ihre Gesichtszüge entspannten sich langsam. Aber noch immer zerrte sie an seinem Arm.
„Na endlich! Komm, aufstehen. Ich konnte die Maschine vor der Tür ausschalten. Wir müssen hier weg, bevor dieser Alte etwas bemerkt und neue Maschinen schickt. Schnell“, sagte sie.
Neben Mo stand Älteste Beo, blickte sich nervös im Zimmer um. Zemal setzte sich auf, sein Kopf wummerte, für einen Moment erfasste ihn Schwindel, ließ jedoch schnell nach. Am Ausgang hielten Tikku und Preido Ausschau nach irgendeiner Gefahr, während Ker in einer Ecke die dort herumstehenden Gerätschaften untersuchte. Einige kleinere Teile wanderten in seinen Rucksack. Für eine Weile saß Zemal verwirrt auf dem Bett, er wusste nicht einmal genau, wo er war. Erst langsam stellten sich seine Erinnerungen ein. Nadamal, Georg Waldberger, die Maschinen. Mos Gesicht verfinsterte sich bereits wieder, als er endlich aufstand. Flucht, das klang nach einer guten Idee. Er nahm Mo seinen Rucksack aus der Hand und ging zur Tür.
„Wo sind Ilbi und Skio?“, fragte er.
„Ilbi möchte hier bleiben. Sie sagt, es gibt so viel zu lernen. Georg Waldberger könne ihr die Sprache und das Leben der Alten lehren“, erklärte Beo, „Skio wollte sich nicht von Ilbi trennen“
„Ilbi hat versprochen, den Alten während unserer Flucht abzulenken“, sagte Ker.
„Wir wissen aber
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