Die Legende der Alten: Teil 2: Wiederkehr (German Edition)
Wahrscheinlich sitzt er da drüben am anderen Ende vertieft in irgendwelche Schriftstücke der Alten. Unser Fehlen hat er dabei sicher nicht einmal bemerkt. Houst ist wahrlich alt genug, er kann auf sich allein aufpassen. Aber wenn Ihr unbedingt Kindermädchen spielen wollt, könnt Ihr gerne für noch eine weitere Stunde im Wasser plantschen. In der Zwischenzeit sehe ich mich lieber hier oben ein wenig um. Das ist sicher … ergiebiger“, entgegnete Esrin, während er unbeirrt weiterstapfte.
Der Verdammte folgte ihnen nach nur kurzem Zögern, allein traute er sich wohl nicht zurück in den Keller. Sie erreichten eine weitere Halle, die Alten hatten offensichtlich ein Faible für überdimensionierte Räume. Esrin schätzte, dass sich die Halle etwa hundert Meter in jede Richtung ausdehnte, Treppen in der Mitte führten auf eine Balustrade. Unzählige weitere Balkone folgten bis zur Decke, Esrin machte sich nicht die Mühe, die Stockwerke zu zählen. Der Boden aus glatt polierten Steinen spiegelte, eine Maschine der Alten bewegte sich langsam am anderen Ende, surrte dabei leise. Von den Neuankömmlingen nahm sie keinerlei Notiz. Sie liefen an bunten Fenstern vorbei. Bilder von verschiedenen Gegenständen wechselten darin. Immer wieder ertönte eine angenehme Frauenstimme. Was sie sagte, verstand jedoch keiner der Männer, die Sprache der Alten war ihnen unbekannt. Als Esrin einmal stehen blieb, zeigte ihm die Scheibe sein Spiegelbild, allerdings mit zwei Beinen und wechselnder, größtenteils lächerlicher Kleidung. Esrin blickte erschrocken an sich herab, atmete dann erleichtert auf, er trug noch seine normalen Hosen. Ein Stück weiter tauchte eine halb nackte Frau wie aus dem Nichts vor einem der Männer auf. Sie sprach ihn an, lächelte lasziv und winkte ihn mit einer verführerischen Geste zu sich. Als der Mann sie umarmen wollte, griff er ins Leere. Die Frau flackerte dabei leicht. Eine Maschine der Alten, so eine wie im Tunnel, zog Esrins Aufmerksamkeit auf sich. Sie drehte sich langsam auf einem Podest gleich neben der Treppe, glänzte und funkelte im Licht. Esrin trat näher an das Podest heran, ein Mann in dieser lächerlichen Kleidung tauchte plötzlich auf, lächelte breit, sprach Esrin an.
„Gebt Euch keine Mühe, ich verstehe die Sprache der Alten nicht. Ich will nur sehen, ob es in Eurer Maschine nicht etwas Wertvolles zu holen gibt“, sagte Esrin.
Der Mann stockte kurz, so als wolle er sich auf Esrins Worte einen Reim machen, lächelte dann wieder und sprach weiter. Dabei öffnete er eine Tür an der Seite der Maschine, trat zur Seite und bedeutete Esrin mit einer Geste, auf dem Sessel vor diesem kleinen Rad Platz zu nehmen. Esrin zögerte einen Moment, probierte den Sitz dann aber einmal aus. Schließlich waren sie lang genug auf den Beinen, die kleine Ruhepause würde gut tun. Kaum hatte sich Esrin niedergelassen, knallte dieser komische Mann die Tür zu, oder besser gegen Esrins Krücke.
„Du dämlicher Idiot, ich reiß dir die Eier aus!“, brüllte Esrin, stieß die Tür wieder auf und sprang auf sein gesundes Bein.
Holz knackte hörbar. Im nächsten Moment hielt die Krücke Esrins Gewicht nicht mehr stand und knickte ein. Esrin konnte sich gerade noch an der Maschine festkrallen, sonst wäre er auf dem Boden gelandet. Mit den Resten seiner Krücke schlug er wenig später wild auf den Mann ein, traf allerdings auf keinerlei Widerstand. Dieser Mann war einfach aus Luft.
„Verdammt seien die Alten“, fluchte Esrin.
Angelockt durch sein Geschrei bildete der Rest der Männer eine Traube um ihn. Einer der Verdammten konnte sich ein schadenfrohes Kichern nicht verkneifen.
„Was glotzt ihr so?“, zischte Esrin, „Haut ab oder ich schlage jedem einzelnen von euch den Schädel ein“
Er untermauerte seine Worte, indem er mit dem abgebrochenen Rest nach dem kichernden Verdammten warf. Das Stück Holz sauste knapp über dessen Scheitel hinweg – erschrocken zog der Verdammte den Kopf zwischen die Schultern – dann klapperte es auf den Boden und rutschte noch einige Dutzend Meter weiter. Esrin hopste, die nun zu kurze Krücke wie einen Gehstock in der Hand vom Podest und an den starrenden Männern vorbei. Es strengte ihn über die Maßen an, dabei das Gleichgewicht zu halten und zudem gelassen auszusehen. Doch es gelang. Nach einem Ersatz für die Krücke musste er sich trotzdem umsehen, so würde er es nie durch die Einöde zurück schaffen. Als er an der Treppe vorbeihoppelte, setzte diese
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