Die Legende der Dunkelheit: Thriller
Schriftzeichen, chinesische, wie er annahm.
Nachdem er die Aktenmappe unter sein nasses Hemd gesteckt hatte, richtete Michael sich auf und hörte im gleichen Moment einen Schritt hinter sich. Ohne zu zögern, warf er sich nach rechts, und im selben Augenblick wurde die Kugel abgefeuert. Michael suchte Deckung hinter der schweren Bar aus Teakholz, zog die Sig Sauer aus seinem Hosenbund und spähte um die Ecke, wo er einen Mann auf dem Boden kauern sah, der seine Waffe mit beiden Händen hielt und versuchte, ihn ins Visier zu bekommen.
Michael zielte und drückte ab. Der Mann fiel nach hinten; die Kugel hatte ihn in Herzhöhe in die Brust getroffen. Dass Michael Pistolen hasste, hieß noch lange nicht, dass er nicht damit umzugehen wusste. Dafür hatte Simon vor Jahren gesorgt.
Michael stand auf, und im gleichen Moment fiel plötzlich das Licht eines Scheinwerfers durch das Backbordfenster herein. Er duckte sich, um nicht gesehen zu werden, und hörte, dass unten plötzlich hektischer Tumult herrschte. Noch bevor er sich bewegen konnte, brach ein Feuersturm aus. Ein Kugelhagel prasselte gegen die Seite des Schiffes. Michael hörte, wie die Männer unten das Feuer erwiderten.
Die Fenster wurden herausgeschossen, und als das zweite Zwischendeck angegriffen wurde, flogen Michael die Kugeln nur so um den Kopf. Die Lampen im Salon und auf den oberen Decks wurden zerschossen, sodass der Raum plötzlich in völliger Dunkelheit lag.
Das Krachen von Flinten, Gewehren und Pistolen donnerte durch die Nachtluft. Michael hörte die stampfenden Schritte der Leute, die an Bord gekommen waren, hörte sie rufen und befehlen, während der koordinierte Angriff weiterging. Er hörte platschende Geräusche, als wenn Körper ins Wasser geworfen würden, und die dumpfen Schläge, die vom unteren Deck nach oben drangen, wenn Leute zu Boden stürzten.
Ein gewaltiges Getöse übertönte plötzlich die Kakophonie von Geräuschen, eine Explosion, die sich nicht allzu weit weg ereignete, denn der orangefarbene Glanz der Flammen flackerte durch die Fensteröffnungen. Michael konnte sehen, wie die Jacht des Mannes mit dem Pferdeschwanz, die Jacht, auf der die sechs Männer angekommen waren, vom Meer verschlungen wurde und wie das Schiff so rasch unter der Wasseroberfläche verschwand, dass die Flammen verzischten.
Als Michael sich umdrehte, sah er, dass das kleine Beiboot von der Backbordseite wegschaukelte. Es war niemand an Bord, doch alle Lampen leuchteten, und der Motor tuckerte im Leerlauf.
Und dann war es plötzlich totenstill. Michael hielt den Atem an und horchte. Er hörte die Schritte eines einzelnen Menschen. Er kroch durch den Salon zu der Leiche des Mannes, den er getötet hatte, zog ihm die Pistole aus der Hand und steckte sie sich als zusätzliche Waffe in den Hosenbund. Dann kroch er weiter, vorbei an dem toten Kapitän des Schiffes, auf dessen Stirn ein Einschussloch prangte, direkt über seinen glasigen Augen. Er erreichte die Treppe und lauschte, schlich sich langsam hinunter auf das erste Zwischendeck. Es war dunkel, denn die Lampen waren zerschossen worden, aber dennoch konnte Michael das Blutbad deutlich sehen.
Überall lagen Leichen. Der alte Mann hing vornübergebeugt auf dem Stuhl. Sein Oberkörper war von Schusswunden durchsiebt; er hatte in der Falle gesessen und war das Opfer des Kreuzfeuers geworden. Der Mann mit dem Pferdeschwanz war als Silhouette erkennbar, wie er da hockte, bereit, jederzeit zuzuschlagen. Mit der linken Hand umklammerte er seine Pistole und schwenkte sie durch den Raum, während er in der rechten Hand das gezogene Schwert hielt, auf dessen geschliffenen Kanten sich immer wieder das Licht brach.
Ein Stöhnen entrang sich den blutigen Lippen des alten Mannes.
»Nicht«, sprach eine tiefe, gebieterische Stimme, die überraschenderweise amerikanisch klang. Michael warf einen kurzen Blick auf den Mann: Er stand im Schatten der zerborstenen Tür, hatte einen schwarzen Tarnanzug an und trug eine dunkle Kappe auf den kurz geschorenen schwarzen Haaren. Er packte seine Pistole mit beiden Händen und hielt den Blick fest auf sein Ziel gerichtet; und daran, dass er zielen konnte, bestand nicht der geringste Zweifel. Neben ihm standen zwei weitere Mitglieder der Kommandotruppe mit einer Maschinenpistole, die Gesichter mit schwarzer Farbe bemalt.
Der heimtückische Mörder ließ sein Schwert sinken und ließ die Pistole auf den Boden fallen. Doch im nächsten Moment drehte er sich mit unvorstellbarer
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