Die Legende der Dunkelheit: Thriller
Sie fotografierten die Mörder, folgten ihnen, schrieben sich auf, wo sie wohnten, und gaben die Informationen an die Polizei weiter. Aber nichts geschah: Es wurde niemand verhaftet, es gab keine Ermittlungen, es passierte absolut nichts.
Trotz ihrer neu erworbenen Fähigkeiten träumte Annabeth immer noch von dem Horror, den sie durchgemacht hatte: vom Lärm der Schüsse, mit denen man die McGuinns niedergestreckt hatte, einen nach dem anderen. Die Bilder der drei Täter, wie sie in ihr Zimmer kamen an jenem Abend, der inzwischen neun Monate zurücklag, gingen ihr nicht aus dem Kopf. Sie wusste, dass die Albträume und die Ängste nie aufhören würden, solange das Ganze nicht irgendwie zu einem Abschluss gebracht wurde.
Sie fand sie in einer dreckigen Drei-Zimmer-Wohnung. An dem Tag waren sechs von ihnen da: die drei, die sie vergewaltigt und ihre Pflegefamilie ermordet hatten, und drei andere Mitglieder der Gang. Sie hatte sie eine ganze Woche lang beobachtet, ihren Tagesablauf studiert, wann sie kamen, wann sie gingen, und ihr war aufgefallen, dass diese Nachtgestalten sich jeden Tag so um sieben Uhr morgens schlafen legten.
Sie kaufte sich auf der Straße eine Waffe, einen Schalldämpfer, zwei Schachteln Munition, und sie zog Handschuhe an, als sie die Waffe lud. Sie parkte vor dem Haus und wartete, bis die Sonne aufging. Die drei Verbrecher kamen um fünf Uhr morgens nach Hause, die drei anderen kurze Zeit später. Als es in der Wohnung allmählich ruhig wurde, stieg sie aus dem Wagen und schlich sich ins Haus und über die Feuertreppe in den zweiten Stock. Sie horchte angestrengt auf Geräusche und Bewegungen. Sie trug eine Mütze über den schwarzen Haaren, hatte sich das Gesicht mit Dreck beschmiert, um ihre Schönheit zu verunstalten, und sie trug zerschlissene Klamotten – in der Hoffnung, dass niemand sie beachtete.
Sie stand im Flur, wo ihr der Gestank von Urin und verbranntem Toast in die Nase stieg. Langsam zählte sie bis zehn. Dann stellte sie sich vor die Wohnungstür und trat sie ein.
Zwei Männer schliefen auf dem Sofa, und bevor sie sich überhaupt regen konnten, hatte sie jedem von ihnen eine Kugel verpasst und ihnen den Schädel weggeblasen. Sie drehte sich um, ging in das erste Schlafzimmer und feuerte auf den Mann, der mit der Waffe in der Hand aus der Tür kam und somit nie erfahren würde, was ihm da eigentlich passiert war.
Die drei, auf die sie es abgesehen hatte, fand sie im zweiten Schlafzimmer, wo sie auf dreckigen Matratzen lagen. Sie sah sich die schlafenden Gesichter aus der Nähe an, und der Anblick erfüllte sie mit so viel Hass, dass ihr Verstand aussetzte.
Sie hielt einen Augenblick inne, um wieder zur Besinnung zu kommen.
Dann trat sie mit dem Fuß gegen die Matratze und weckte sie auf, sodass sie mit eigenen Augen sehen konnte, wie ihre schwachsinnigen Hirne allmählich begriffen, dass ein Mörder vor ihnen stand.
Als die drei von ihren Betten sprangen, um nach ihren Waffen zu greifen, drückte sie ab. Ohne Trara, wortlos, sie drückte einfach nur ab. Drei schnelle Schüsse, mit denen sie die drei erledigte. In ihrem Kopf war sie unbesiegbar. Sie war in die Höhle des Löwen gegangen, hatte sich vor Dieben, Mördern und Vergewaltigern aufgebaut und sie ausradiert.
Ohne eine Schramme verließ sie das Gebäude wieder, als wäre alles in bester Ordnung, stieg in ihren Wagen und fuhr davon.
Annabeth hatte Leute sagen hören, dass Rache ein Gefühl der Leere hinterließ und dass es keine Befriedigung brachte, aber in ihrem Fall war das nicht so. Sie fühlte plötzlich etwas, was sie bis dahin noch nie empfunden hatte. Ein Hochgefühl, es hatte etwas Befreiendes. Die Männer, die sie vergewaltigt und die McGuinns ermordet hatten, waren durch ihre Hand gestorben, und sie hätte am liebsten laut hinausgeschrien, was sie getan hatte. Ihre Fähigkeit, ihr Auftreten, ihre Furchtlosigkeit, sie hatte sich gar nicht darum bemühen müssen, es war einfach da gewesen, ganz von selbst.
Als sie nach Hause kam, war Rick noch wach und wartete auf sie. Obwohl sie kein Wort sagte, wusste er, was sie getan hatte. Er sah, dass der Schmerz aus ihren Augen verschwunden war, sah ihr an, dass sie sich plötzlich unbesiegbar fühlte. Er konnte sehen, was er erschaffen hatte, und er fürchtete sich davor.
Annabeth hatte ihre Berufung gefunden. Sie folgte Ricks Vorbild und meldete sich zur Army und machte dort innerhalb kürzester Zeit Karriere. Als eine der ersten Frauen, die einer
Weitere Kostenlose Bücher