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Die Legende der roten Sonne: Nacht über Villjamur (German Edition)

Die Legende der roten Sonne: Nacht über Villjamur (German Edition)

Titel: Die Legende der roten Sonne: Nacht über Villjamur (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mark Charan Newton
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vorhin erst klagen hören. Diesmal ist es ein Ratsherr.«
    Randur musterte den Ermittler und seinen Gehilfen. Beide hatten dunkelrote, amtlich wirkende Roben an, doch der Rumel trug darunter eine braune Kniehose, als gefiele ihm seine Uniform nicht recht. Sie machten sich Notizen, und als Zeuge hatte Randur am Tatort bleiben müssen. Auf Folke war er nur wenigen Rumeln begegnet und fragte sich nun, ob es an ihrer gemeinsamen Entwicklung mit den Menschen lag, dass beide Gattungen auf so ähnliche Weise dachten. Lag es an der Natur oder an der Erziehung? Vermutlich an beidem.
    Der Rumel war schwarz, und die rauen Falten des Alters waren schon von ferne zu erkennen. Der Ermittler musste also schon mehr als ein paar Winter erlebt haben. Er besaß die üblichen breiten Gesichtszüge mit eingesunkenen Wangen und schwarz glänzenden Augen. Er ging in dem Durchgang herum, als wüsste er nicht recht, was er suchte, und bei jedem Schritt bewegte sein Schwanz sich vor und zurück. Ab und an wandte er den Kopf zum Himmel, wie um zu schauen, ob es bald schneite.
    Der Basar dahinter war voller Händler und Kunden. An einem Essensstand wurde Seehundfleisch gekocht, und der Rauch des Feuers stieg zwischen Brücken und Balkonen auf. Frisch abgebalgte Pelze warteten darauf, von Kürschnern nach den Wünschen der Käufer weiterverarbeitet zu werden. Es gab schäbigen Stammesschmuck und gefälschtes Kunsthandwerk von den Inseln; billig hergestellte Waren, doch die Bewohner von Villjamur erkannten das nicht oder ließen es sich nicht anmerken.
    Randur achtete vor allem auf die Kleidung, darauf, was gerade Mode war: kleine Stehkragen mit winzigen Halskrausen; erdfarbene Pastelltöne, die eher unvorteilhaft wirkten; zwei Broschen (möglichst direkt nebeneinander). Statt Schwertern wurden meist Dolche getragen, die in den engen Gassen und Gängen der Stadt vermutlich auch die probateren Waffen waren.
    Die Inquisition hatte den Raum um den Toten herum inzwischen abgesperrt und errichtete Bretterwände, um die Leiche den Blicken der Neugierigen zu entziehen.
    Der kühle, elegante Rumel kam auf Randur zu.
    »Sele von Jamur, Sir! Ich bin Ermittler Rumex Jeryd. Würdet Ihr mir bitte sagen, wer Ihr seid?«
    »Randur Estevu von der Insel Folke, heute Morgen erst in Villjamur angelangt.«
    »Ihr seid nicht von hier? Daher der leichte Akzent. Doch Ihr sprecht gut Jamur. Erstaunlich, dass die Wächter Euch eingelassen haben.«
    Randur zuckte die Achseln, und eine Locke fiel ihm in die Stirn.
    »Darf ich fragen, weshalb Ihr hier seid? Wegen der Winterstarre werden Leute von auswärts nämlich eigentlich nicht eingelassen. Wir haben ohnehin schon jede Menge Probleme.«
    »Ich habe eine Anstellung am Kaiserhof erhalten und an allen drei Toren meine Papiere vorgelegt. Es hat alles seine Ordnung.«
    »Gut. Tja, man kann nicht vorsichtig genug sein. Wir haben ein kleines Flüchtlingsproblem, wie Ihr auf dem Weg in die Stadt sicher bemerkt habt.«
    »Ja, die Armen.« Randur klappte den Kragen seines Umhangs hoch. »Werdet Ihr sie alle … einlassen, wenn das Eis kommt?«
    »Das liegt nicht in meinem Ermessen, doch der Rat hat den Einwohnern der Stadt versichert, dass er die Lage im Griff hat. Könnt Ihr mir nun berichten, was Ihr gesehen habt? Und lasst bitte keine Kleinigkeit aus.«
    »Tja, es gibt eigentlich nicht viel zu sagen. Er kam schreiend von dort hinten auf mich zugerannt.« Randur zeigte auf eine Gasse am anderen Ende des Marktes. »Die Blutkäfer hatten sich bereits über seine Wunde hergemacht, und dann brach er dort zusammen, wo er jetzt liegt.«
    Der Rumel trug ein paar Notizen in ein kleines Buch ein. »Und sonst ist Euch nichts seltsam oder ungewöhnlich erschienen?«
    »Heute kommt mir alles ein wenig seltsam vor.«
    Der Rumel lächelte. »Willkommen in Villjamur, Junge!«
    Jeryd kauerte neben der Leiche und besah sich die Wunde genau. Etwas später schaute er zu seinem Gehilfen auf, der sorgfältig die Gasse abging, an deren Ende einige zerbrochene Rahmen und Farbtöpfe der anschließenden Galerie standen.
    Um die Cartanu Gata herum, und vor allem dort, wo sie die Gata Sentimental kreuzte, hatte sich in den letzten dreißig, vierzig Jahren – also seit das Ausgehvölkchen die Gegend für sich reklamiert hatte – nichts geändert.
    Überall in Reichweite waren im Laufe der Jahrhunderte Inschriften in die Mauern geritzt worden. Gedichte an die Liebsten. Drohungen an alle und jeden. Wer kontrolliert die Nachtgardisten? Soundso macht’s

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