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Die Legende der Wächter 10: Der Auserwählte (German Edition)

Die Legende der Wächter 10: Der Auserwählte (German Edition)

Titel: Die Legende der Wächter 10: Der Auserwählte (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathryn Lasky
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die Siv keinem Vogel zuordnen konnte.
    „Entschuldigung“, sagte die Schnee-Eule, „aber habe ich dich nicht bei dem großen Treffen am Fjord gesehen?“
    „Ich habe deinen Gesang bewundert.“
    „Danke.“
    „Deine Stimme hat mich richtig in ihren Bann geschlagen.“
    „Sehr freundlich.“
    Schneerose musterte Siv. Diese Fleckenkäuzin ist keine gewöhnliche Stromerin. Ihr Schmuck ist zwar nichts Besonderes, aber ihre Haltung hat so etwas … Majestätisches.
    „Hättest du wohl was dagegen, wenn …“ Schneerose stockte.
    „Ja?“
    „Wenn … wenn ich mich dir eine Zeit lang anschließe?“
    Was sollte Siv darauf antworten? Natürlich hatte sie etwas dagegen! Andererseits war Schneerose so liebenswürdig, dass Siv nicht unhöflich sein wollte. Außerdem war es vielleicht gar keine so gute Idee, ihrem Sohn allein zu begegnen, ganz gleich wie sehr sie sich danach sehnte. Wenn sie in Begleitung wäre, käme sie nicht so schnell in Versuchung, sich ihrem Sohn zu offenbaren.
    Darum legte Siv den Kopf schief und erwiderte: „Du kannst dich mir gern anschließen. Ich bin zu der Insel unterwegs, auf der die Glaux-Brüder leben.“
    „Willst du den Brüdern einen Besuch abstatten?“
    „Ich … äh … mal sehen. Die Glaux-Brüder leben ja sehr zurückgezogen und dürfen nicht reden. Vielleicht bekommen sie nicht gern Besuch.“
    „Ich habe mal für sie gesungen.“
    „Tatsächlich?“
    „Die Glaux-Brüder lieben Musik.“
    „Das wusste ich noch gar nicht.“
    „Und sie sind ausgesprochen gastfreundlich.“
    Wenn wir die Glaux-Brüder besuchen, kann ich mich vielleicht davonstehlen, ohne dass Schneerose es mitbekommt. Oder muss ich befürchten, dass mich die Brüder wiedererkennen? Aber als ich sie damals in unseren Palast eingeladen habe, war ich viel jünger. Mein Gefieder war gepflegt und ich hatte noch zwei gesunde Flügel. Und natürlich war ich nicht als Stromerin getarnt. Nein, mich wird niemand erkennen.
    Beim ersten Dunkel brachen die beiden Eulenweibchen auf. Die Nacht war mondlos. Dafür funkelten die Sterne besonders hell. Als sie sich der Insel näherten, sah Siv Rauch aufsteigen. Ihr Magen zog sich freudig zusammen. Das kann nur Gränk sein!
    „Wollen wir nachschauen, was da unten los ist?“, fragte Schneerose.
    „Ich bin zu erschöpft. Mein Flügel macht mir zu schaffen. Ich würde gern gleich die Glaux-Brüder aufsuchen.“
    „Verstehe. Sag mal …“ Schneerose hielt inne und fuhr verlegen fort: „Wir sind doch jetzt Weggefährten. Wie heißt du eigentlich?“
    Wie soll ich mich bloß nennen? Siv überlegte fieberhaft. „Ich heiße Elka“, erwiderte sie schließlich. So hatte die Schwester ihrer Dienerin Myrrthe geheißen.
    „Elka … Das ist ein schöner Name“, sagte Schneerose.

Gränk saß vor dem Schmiedefeuer. Hatte er seine Sehergabe verloren? Er sah zwar Bilder, aber sie waren so undeutlich, dass er nichts mit ihnen anfangen konnte. Oder wurde er einfach nur alt und seine Augen wurden schlechter? Vielleicht funktionierte ja auch seine Nickhaut nicht mehr richtig und er hatte sich die Augen beim Fliegen verletzt.
    Doch obwohl die Bilder im Feuer undeutlich waren, versetzten sie seinen Magen in Aufruhr. Er spürte, dass Gefahr drohte, aber die Bilder verrieten ihm nicht, was für eine Gefahr. Sie waren eigentümlich blass. Wenn er ausnahmsweise doch etwas erkannte, ergab es keinen Sinn. So sah er in diesem Augenblick zum Beispiel einen riesengroßen Baum und Eulen, die sich über ein Buch beugten.
    Gränk machte sich unnötig Sorgen. Er hatte seine Sehergabe nicht eingebüßt. Aber er war nicht der einzige Feuerseher auf der Insel. Ein Feuer offenbart seine Bilder immer demjenigen Seher, der die stärkere Gabe besitzt – und das war Gränks Schützling Hoole. Hoole konnte seine Gabe noch nicht gezielt einsetzen. Aber sie war so stark, dass für Gränk nur blasse, verschwommene Bilder übrig blieben.
    Jeden Morgen, wenn Gränk und Theo schliefen, flog Hoole zur Schmiede hinunter. Er hielt noch immer nach dem Bild Ausschau, das jene nie gekannten Gefühle in ihm auslöste. Alle anderen Bilder, die in den Flammen aufflackerten, interessierten ihn nicht.
    Wäre Gränk der einzige Feuerseher in der Gegend gewesen, hätte er so manches erblickt, das ihn in Alarmbereitschaft versetzt hätte. Vielleicht hätte er sich von Sivs Tarnung täuschen lassen – aber er hätte ganz bestimmt Pliek erkannt und Ygryks Verwandlung durchschaut. Gränk wusste, dass Hägsdämonen ihr

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