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Die Legende der Wächter 2: Die Wanderschaft

Die Legende der Wächter 2: Die Wanderschaft

Titel: Die Legende der Wächter 2: Die Wanderschaft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathryn Lasky
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zurück und lebten glücklich und zufrieden bis ans Ende ihrer Tage? Im Traum spürte er, wie sich sein Magen meldete, sich seltsam leer anfühlte, wogegen die Sehnsucht nach den Schnabelbergen und den Spiegelseen immer stärker wurde.
    „Aufstehen, Kinder!“ Der Papageientauchervater stieß Soren mit seinem orangefarbenen Schwimmfuß an. „Der Wind hat sich gelegt. Ihr könnt losfliegen. Die Klippe weint schon.“
    „Hä? Was bedeutet: ,Die Klippe weint‘?“
    „Das Eis schmilzt. Soll heißen: Die Aufwinde erwärmen die Luft und helfen euch hier raus.“
    Sorens Freunde waren schon wach und hatten sich am Eingang der Nisthöhle versammelt. Die Eiswand weinte tatsächlich. Die feucht glitzernde Fläche schien in Flammen zu stehen, als die untergehende Sonne ihr rotes Licht daraufwarf.
    „Dumpy!“, sagte der Vater. „Komm hier rüber, mein Sohn. Ich möchte, dass du dir anschaust, wie unsere jungen Freunde fliegen. Sie beherrschen den lautlosen Flug meisterhaft. Von einer Eule wirst du nie einen Flügelschlag hören!“
    Abermals betrachtete Soren seine Gefährten verstohlen. Er war nicht der Einzige, den das Heimweh nach den Spiegelseen plagte, das war nicht zu übersehen. Alle vier wären sie am liebsten dorthin zurückgekehrt. Warum auch nicht?
    Da trat Morgengrau zu ihm. „Wir drei haben uns etwas überlegt, Soren.“
    „Was denn?“
    „Warum fliegen wir nicht zu den Schnabelbergen zurück? Wir könnten uns an den Spiegelseen ausruhen, bis wir den Fischtran verdaut haben. Wenn wir uns mit ein paar saftigen Mäusen gestärkt haben, können wir immer noch zum Großen Ga’Hoole-Baum aufbrechen.“
    Ach, was für eine verlockende Vorstellung! Doch da spürte Soren, wie sich Mr s Plithiver in seinem Schultergefieder aufrichtete.
    „Ic h … ic h …“, stammelte der junge Schleiereulerich, „ich fürchte, es gibt da ein Proble m …“
    „Ein Problem?“
    „Ich fürchte, wenn wir erst mal wieder dort sind, fliegen wir nicht meh r … nie meh r … zum Großen Ga’Hoole-Baum.“
    Morgengrau schwieg, dann erwiderte er: „Und wenn nun einige von un s … na j a … anderer Meinung sind? Wäre es denn so schlimm, wenn wir zurückwollten? Du kannst doch trotzdem fliegen, wohin du willst.“
    Sie verabschiedeten sich von den Papageientauchern und brachen auf. Soren flog neben Gylfie. Er spürte, dass die Elfenkäuzin unruhig war. Er wandte den Kopf. Gylfie und er hatten gemeinsam Mondwirrnis und Mondstich überstanden. Sie waren zusammen aus dem Sankt-Ägolius-Internat für verwaiste Eulen geflohen. Er schaute zu Morgengrau und Digger hinüber. Die beiden hatten Seite an Seite mit ihm und Gylfie in der Wüstenschlacht gekämpft, hatten den Mördern von Diggers Familie den Garaus gemacht. Anschließend hatten sie alle vier einander ewige Treue geschworen. Sie hatten einander versprochen, dass sie zusammen den Großen Ga’Hoole-Baum suchen würden. Das war kein Traum gewesen, es hatte wirklich so stattgefunden. Jetzt drohte der Traum von den Spiegelseen mit ihrem ewigen Sommer das alles zunichtezumachen.
    Morgengrau fing wieder an: „Wie gesagt, Soren, du kannst ja fliegen, wohin du willst. Was ist so schlimm daran, wenn jeder von uns das macht, wozu er am meisten Lust hat?“
    Soren sah ihn ernst an. „Wir haben einander versprochen immer zusammenzubleiben.“ Er scherte aus der Formation aus und folgte einem Zufluss der Eisklamm, der in Richtung Hoolemeer verlief.

Weiß in Weiß

    Von den Papageientauchern hatten sie erfahren, dass von der Eisklamm eine Strömung mit dunkelgrünem Wasser abzweigte, die ins Hoolemeer mündete und geradewegs zur Insel führte. Soren war froh, dass sie die Strömung so rasch gefunden hatten. Seine drei Freunde schienen zwar verstanden zu haben, was er über das Zusammenbleiben gesagt hatte, doch Soren befürchtete, dass sie sich anders entscheiden würden, wenn sie lange nach dem richtigen Weg suchen müssten. Noch ein Irrtum, noch ein Sturm, der sie vom Kurs abtrie b … Soren war keineswegs sicher, dass es ihm gelingen würde, die Gruppe zusammenzuhalten. Die Spiegelseen übten einen mächtigen Sog aus.
    Seltsamerweise musste Soren immer wieder an die Nacht denken, in der er und Gylfie aus dem Sankt Äggie geflohen waren. Als Skench, in voller Rüstung mit Helm und Kampfkrallen, sie damals in der Bibliothek überrascht hatte, war die Kreischeule von der Wand angezogen worden, hinter der sich das Tupfenlager befand. Skench war gegen diesen unsichtbaren Sog machtlos

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