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Die Legende der Wächter 3: Die Rettung

Die Legende der Wächter 3: Die Rettung

Titel: Die Legende der Wächter 3: Die Rettung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathryn Lasky
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stattdessen tanzen sollte, wurde sie fast ohnmächtig vor Entzücken.
    Soren führte Eglantine in Gylfies und Diggers Richtung. Die beiden tanzten miteinander. Als Langstreckenläufer beherrschte der junge Höhlenkauz besondere Tanzfiguren, die er geschickt mit kühnen Flugkunststückchen kombinierte.
    „Guck mal, Soren, ich kann auch im Viervierteltakt Glauc-Glauc tanzen. Hast du’s jetzt drauf, Gylfie?“
    „Klar, Diggy!“
    Diggy! Das ging entschieden zu weit. Hatten die beiden etwa auch zu viel gebechert?
    „Jetzt hört mir mal zu“, sagte Soren mit Nachdruck. „Wir können bald aufbrechen. So wie es aussieht, sind inzwischen alle ordentlich beduselt.“
    „Kann man wohl sagen!“ Morgengrau kam angeflogen, jedoch ohne seine Tanzpartnerin. „Madame Plonk ist schon hinüber.“
    „Das will ich sehen!“, rief Gylfie und war schon losgeflogen, ehe Soren sie zurückhalten konnte. Die anderen folgten ihr neugierig.
    Tatsächlich! Im Festsaal lag in einem Winkel der Empore ein Berg weißer Federn. Die blinde Schlange Oktavia, die sowohl bei Ezylryb als auch bei Madame Plonk als Nesthälterin arbeitete, kam leise schimpfend herangeglitten. Es sei doch immer dasselbe, Madame könne nie aufhören, wenn sie genug hätte. Im selben Augenblick ertönten von draußen ein donnerndes Tosen und ein allgemeines „Aaah!“.
    „Der Komet!“, rief jemand. Grellrotes Licht flackerte vor der Höhle auf und drang bis in den Saal. Madame Plonks Gefieder schimmerte rötlich und Oktavia, die sich über ihre Herrin gebeugt hatte, richtete sich auf und wandte Soren den Kopf zu. Das junge Schleiereulenmännchen hatte den beunruhigenden Eindruck, dass die Schlange trotz ihrer Blindheit in ihn hineinschauen konnte.
    Weiß sie etwa, was wir vorhaben? Weiß sie, dass es um Ezylryb geht? Soren erschauerte unwillkürlich.
    Er drehte sich nach seinen Freunden um. „Es ist so weit!“, flüsterte er. „Ich fliege als Erster los, dann verlässt Eglantine den Saal, danach Gylfie, dann Digger und zum Schluss Morgengrau. Wir sehen uns auf den Klippen!“
    Soren flog zum Ausgang. Die ganze Zeit spürte er Oktavias blinden Blick im Rücken.
    Draußen hatte sich der Nachthimmel rot verfärbt. Der Mond, der sich gerade erneuerte, zeigte sich als schmale, geschwungene Linie am Horizont. Im Widerschein des Kometen glich er einer in Blut getauchten Kampfkralle.

Blutrote Nacht

    „Wo bleibt Eglantine?“, fragte Soren beunruhigt. „Sie sollte doch gleich nach mir losfliegen!“ Alle Eulen hatten sich auf der Klippe eingefunden, nur Sorens Schwester fehlte noch. „Glaubt ihr, sie hat plötzlich Angst bekommen?“, fragte Soren in die Runde.
    „Vielleicht hat jemand sie erwischt, als sie abhauen wollte“, meinte Gylfie.
    „Großer Glau x – hoffentlich nicht.“ Soren seufzte. Wie lange sollten sie warten?
    „Da kommt jemand“, verkündete Digger.
    Die meisten Eulen können völlig lautlos fliegen. Nur einige Arten wie zum Beispiel Sperlingskäuze und Elfenkäuze besitzen keine „Fransen“. So nennt man den weichen Saum der Flugfedern, der die Fluggeräusche dämpft. Die Flügelschläge, die Digger vernommen hatte, stammten von Primel, das erkannte Soren sofort, denn im Navigationsunterricht war er viele Male hinter der Sperlingskäuzin geflogen. Was um Glaux’ willen wollte Primel hier?
    Primel kam nicht allein. Eglantine landete neben Soren. „Ich weiß, was du jetzt sagen willst“, keuchte sie ganz außer Atem.
    Zu spät, Soren hatte schon den Schnabel aufgemacht: „Was willst du hier, Primel?“
    Die Sperlingskäuzin blickte verlegen auf ihre Zehen. „Ich möchte gern mitkommen. Als ich damals in den Baum gebracht wurde, hast du mir beigestanden, Soren. Du hast die ganze Nacht bei mir gesessen und mich getröstet, weil ich gerade alles verloren hatte: meine Eltern, meinen Baum und das Gelege.“ Primels Eltern hatten ihre Tochter allein gelassen, weil sie an einem Kampf im Grenzgebiet teilnehmen wollten. Sie hatten geglaubt, in der Bruthöhle könne Primel und dem Gelege nichts zustoßen. Doch als sie fort waren, war ein Waldbrand ausgebrochen. Eine Rettungsbrigade aus Ga’Hoole hatte Primel vor dem Verbrennungstod bewahrt, aber sie hatte ihre Eltern nie mehr wiedergesehen. Sie stammte aus der Gegend, die „Silberschleier“ genannt wurde, und Soren hatte den Verdacht, dass sie vor allem deshalb mitkommen wollte, damit sie noch einmal nach ihren Eltern suchen konnte. Das aber würde die ganze Truppe aufhalten.
    „Primel.“

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