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Die Legende der Wächter 4: Die Belagerung

Die Legende der Wächter 4: Die Belagerung

Titel: Die Legende der Wächter 4: Die Belagerung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathryn Lasky
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Ägolius allesamt entlarven und brutal bestrafen würd e – zum Beispiel mit der grausamen Lachbehandlung, bei der dem Verurteilten die Flügelfedern ausgerupft wurden.
    Ruby warf einen neiderfüllten Blick auf ihre friedlich schlafenden Höhlengenossen, eine Sumpfohreule und einen Uhu. Keine Albträume von grellem Mondlicht und gerupften Flügeln störten ihren Schlaf, der sanft war wie eine Sommerbrise. Ruby wiederholte im Geiste immer wieder die uralte Legende vom heldenhaften Glutsammler, die den Feuerzyklus einleitete:
    Es war zur Zeit der großen Vulkanausbrüche in den Hinterlanden. Schon seit vielen Jahren züngelten die Flammen gen Himmel. Tag und Nacht tauchte der helle Feuerschein die Wolken in glühendes Rot. Lange hatten die Vulkane geschlummert, doch jetzt waren sie erwacht. Staub und Asche bedeckten das Land, als zürnte der Große Glaux den Eulen. Doch um dieselbe Zeit schlüpfte Gränk, der erste Glutsammler, aus dem Ei und eine kleine Schar Eulen lernte, das Feuer zu zähmen.
    In einer anderen Schlafhöhle sagte Martin in Gedanken die Wetterlegende auf, in der ein junger Eulerich ins Meer stürzte. Genauso war es ihm selbst schon ergangen. Und auch der Eulerich in der Legende wurde vor dem Ertrinken gerettet, aber nicht wie Martin von einer Möwe, sondern von einem Walfisch.
    Otulissa fand genauso wenig Schlaf wie die anderen sechs. Ihr schwirrte der Kopf. So vieles musste sie sich merke n – und vor allem musste sie so vieles wieder vergessen , da gab sie Soren Recht. Sie durfte sich nicht anmerken lassen, dass sie sich hervorragend in der Geschichte der Nordlande auskannte. Trotzdem musste sie ihren Abschnitt der Ga’Hoole-Legenden auswendig können. Davon hing ihr Leben ab, ihr Verstand, ihr Magen.
    Schließlich gab sie die Hoffnung auf ein wenig Schlaf auf und zog das Buch, das ihr Ezylryb überreicht hatte, aus ihrem Lager. Sie wollte ein paar Seiten lesen, das tat ihr immer gut. Sie blätterte gerade um, da wurde die Stille in der dämmrigen Höhle jäh durch einen Schrei unterbrochen. „Ertappt!“
    Otulissa fiel der Magen auf die Zehen. Wamme streckte den Kopf durch das Himmelsloch und verdeckte die Nachmittagssonne. Jetzt krümmte sie winkend die Zehe. „Komm her und gib mir auf der Stelle das Buch!“
    „A…a…abe r …“, stotterte Otulissa.
    „Kein ,aber‘.“
    Otulissa tappte mit weichen Knien zum Himmelsloch hinüber. Wamme entriss ihr das Buch.
    „Aber Ezylryb hat es mi r …“
    „Ezylryb hin, Ezylryb he r – du kommst jetzt mit, Fräuleinchen. Ich habe einen ganz besonderen Feuersteindienst für dich!“
    Otulissa war verzweifelt. Sie konnte Wamme ja nicht erzählen, dass sie in zwei Stunden zu einem Geheimauftrag aufbrechen musste. Ezylryb konnte ihr auch nicht helfen. Es war strengstens verboten, den Kreischeulerich zu wecken. Und wenn sie sich einfach weigerte, Wamme zu gehorchen? Doch auch das würde vermutlich einen Aufstand geben. Trotzdem musste sie unter allen Umständen rechtzeitig am vereinbarten Treffpunkt am anderen Ende der Insel sein. Widerstrebend folgte sie der ältlichen Höhlenkäuzin, die beim Fliegen eine furchtbar schlechte Figur machte.
    Von allen Eulen waren Höhlenkäuze die ungeschicktesten Flieger. Dafür waren sie für ihre Ausdauer im Laufen bekannt, ganz gleich, wie der Boden beschaffen war. Wie dem auch sein mochte, eine so unfähige Fliegerin wie Wamme hatte Otulissa noch nie erlebt. Ihre Schwingenschläge waren weithin zu hören und ihre Bewegungen unbeholfen, ihre Flugbahn war schief und krumm. Ihre Flügel verschafften ihr kaum Auftrieb, und wenn sie die Richtung änderte, geriet sie hoffnungslos ins Schlingern. Und dass sie beim Fliegen Otulissas Buch in den Fängen trug, macht das Ganze auch nicht besser.
    Otulissa ahnte, wo die Ryb hinwollte. Der angepeilte Uferabschnitt war beinahe so weit weg wie die Klippen, auf denen Otulissa mit ihren Freunden verabredet war. Hierhin wurden häufig Eulen zum Feuersteindienst geschickt. Die Klippen waren nicht besonders hoch und an ihrem Fuß erstreckte sich ein schmaler Streifen Strand. Dort wurde viel Tang angeschwemmt, in dem sich oft tote Fische verfingen und die Gewölle jener Eulen, die über die Insel hinwegflogen. Fische, Gewölle und Tang waren sehr nährstoffreich und konnten als Dünger an den Wurzeln des Großen Baums vergraben werden. Aus diesem Grund wurden oft Sammeltrupps dorthin geschickt. Das war also der Feuersteindienst, den sich Wamme extra für Otulissa ausgedacht

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