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Die Legende der Wächter 4: Die Belagerung

Die Legende der Wächter 4: Die Belagerung

Titel: Die Legende der Wächter 4: Die Belagerung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathryn Lasky
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zu rufen und mit Fragen über die Nordlande zu überschütten. Soren spürte dann immer, wie Otulissa sich zusammenreißen musste, um nicht mit ihrem umfangreichen Wissen herauszuplatzen.
    Diesmal erhielt Soren die Numme r 82-85. An seine frühere Nummer konnte er sich nicht mehr erinnern. Er konnte sich allerdings nur zu gut an seine ehemalige Gruppenbetreuerin Finny erinnern, die sich gern „Tante Finny“ nennen ließ. Finny tat immer lieb und nett, aber in Wirklichkeit war sie eine der bösartigsten Eulen in ganz Sankt Ägolius.
    Finny trug die Schuld an Hortenses Tod. Hortense war die mutigste Eule gewesen, der Soren und Gylfie je begegnet waren. Dabei hatten sie bei ihrer Ankunft zunächst den Eindruck gehabt, dass Hortens e – Numme r 12- 8 – hoffnungslos mondwirr war.
    Merkwürdig, dachte Soren. Wie kam es, dass er Hortenses Nummer noch wusste, seine eigene aber vergessen hatte? Jedenfalls hatte sich herausgestellt, dass Hortense gar kein Kind mehr gewesen war, sondern eine ungewöhnlich schmächtige, ausgewachsene Eule mit leicht verkümmerten Flügeln. Obendrein war sie eine Doppelagentin gewesen. Bei ihrer Arbeit als Glucke in der Brüterei hatte sie heimlich die geraubten Eier entwendet und sie einem Adlerpaar übergeben. Die Adler hatten die Eier dann wieder in ihre jeweilige Heimat zurückgetragen, manchmal sogar in das elterliche Nest. Doch Hortense war erwischt worden. Aus einem Versteck heraus hatten Soren und Gylfie den Kampf des Adlerweibchens gegen Finny, Skench, Spoorn, Jatt und Jutt verfolgt. Sie hatten nicht alles gesehen, aber alles gehört. Nie würde Soren Hortenses verebbenden Schrei vergessen, als Finny sie von einem Felsvorsprung in die Tiefe gestoßen hatte. In Gedanken hörte er noch Finnys gurrendes „Tschüssi, 12-8, du dummes Ding!“ Die letzten drei Worte hatte die Schnee-Eule derart boshaft gezischt, dass es Soren noch heute kalt den Rücken herunterlief.
    Glaux hilf! Soren wollte Tante Finny auf gar keinen Fall wiedersehen. Leider sollte es ihm nicht erspart bleiben.
    Vier Tage waren verstrichen. Sie mussten zum ersten Mal den Schlafmarsch antreten. Dazu schickte man sie ins selbe Glaucidium wie die neu eingetroffenen, entführten Eulenkinder. Jedes einzelne Mitglied der Brigade der Besten hatte sich die ihm zugeteilten Legenden von Ga’Hoole noch einmal eingeprägt. Alle kannten auch die Legenden der anderen sechs, wenn auch nicht wortwörtlich. Martin stand neben Soren und blickte zum sich erneuernden Mond empor.
    Ich hätte nie gedacht, dass ich den Mond einmal fürchten würde, wunderte sich der Sägekauz und legte den Kopf noch weiter in den Nacken. In diesem südlichen Teil der Welt gab es unbekannte Sternbilder zu entdecken, das wusste er aus den Navigationsstunden bei Strix Struma. Natürlich hatte Martin in ihrem Unterricht keine Gelegenheit gehabt, diese Sternbilder mit eigenen Augen zu sehen oder gar abzufliegen.
    Da ertönte auch schon das Signal und die Eulen marschierten los. Sie wurden aufgefordert, im Laufen ihre Namen zu wiederholen. Doch die Brigade der Besten tat gerade das Gegenteil. Die Freunde wiederholten leise ihre Nummern. Das war noch relativ ungefährlich, denn ringsum herrschte ein solches Stimmengewirr, dass keiner den anderen richtig verstand. Sobald sich ein Schlafaufseher Soren und seinen Freunden näherte, wiederholten sie einen falschen Namen, den sich jeder zu diesem Zweck zugelegt hatte. „Albert!“, verkündete Soren, als der Schlafaufseher angeflogen kam. Es war ein Raufußkauz mit mattgelben Augen.
    „So ist’s recht“, sagte der Aufseher wohlwollend und ließ sich auf einem Felsvorsprung in der Nähe nieder.
    Soren ging wieder dazu über, mit gedämpfter Stimme seine Nummer zu wiederholen. Er wollte nicht auffallen, vor allem nicht dem Schleiereulerich, der zwei Reihen vor ihm marschierte. Soren hatte den Verdacht, dass er womöglich den Reinen angehörte. Jeder Tyto in Sankt Ägolius, ausgenommen vielleicht jene, die man schon als Küken entführt hatte, konnte ein Spion beziehungsweise Lauschgleiter der Reinen sein. Und der Auftrag der Brigade lautete schließlich herauszufinden, ob die Reinen ihre Anhänger in das Internat eingeschleust hatten.
    „Stillgestanden!“
    Wunderbar!, dachte Soren. Der Schleiereulerich blieb direkt neben ihm stehen.
    „Schlafhaltung einnehmen!“
    Der Oberaufseher saß auf einem erhöhten Felsvorsprung und konnte das ganze Glaucidium überblicken. Die vor sich hin brabbelnden Eulen verstummten

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