Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Legende der Wächter 4: Die Belagerung

Die Legende der Wächter 4: Die Belagerung

Titel: Die Legende der Wächter 4: Die Belagerung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathryn Lasky
Vom Netzwerk:
schlagartig und legten die Köpfe weit in den Nacken, sodass ihnen das Mondlicht in die Gesichter fiel. Soren fing sofort an, stumm seine Ga’Hoole-Legende aufzusagen, und schielte dabei fort während zu dem fremden Schleiereulerich hinüber.
    Der fremde Eulerich hieß Flint, das hatte Soren noch aufgeschnappt, ehe sie alle still sein mussten. Aber wenn Flint tatsächlich ein Spion war, wie war es ihm dann gelungen, nicht mondwirr zu werden? Kludd und seine Reinen legten sicherlich keinen Wert auf mondwirre Helfershelfer. Abermals musterte Soren seinen Nachbarn verstohlen. Flint war ein Tyto alba. Das musste aber nichts heißen, denn nicht alle Tytos hatten sich den Reinen angeschlossen. Soren konnte sich ohnehin nicht vorstellen, dass die verquere Weltanschauung der Reinen vielen Schleiereulen einleuchtete. Aber das tat jetzt nichts zur Sache. Soren musste sich auf seine Ga’Hoole-Legende konzentrieren. Er hatte sich dieselbe Geschichte ausgesucht, die er seinerzeit während der Mondstich-Bestrafung Gylfie erzählt hatte. Der Anfang ging so:
    Vor langer, langer Zeit, bevor es Eulenkönigreiche gab, in einer Zeit nicht enden wollender Kriege, erblickte im Land der Nordwasser ein Eulenküken das Licht der Welt. „Hoole“ nannten seine Eltern ihren kleinen Soh n …

Tupfen im Nest

    Nachdem die Brigade der Besten endlich restlos mondwirr wa r – das dachten jedenfalls die Anführer des Sankt Äggi e – konnten die sieben zur Arbeit eingeteilt werden. Soren war schwer enttäuscht darüber, dass er weder ins Gewöllorium noch ins Inventarium geschickt wurde. Dort hätte er am meisten mit Tupfen zu tun gehabt. Stattdessen sollten Martin und er im Eiersaal arbeiten. Ruby musste sich als Glucke in der Brüterei einfinden, Gylfie kam ins Gewöllorium, wo sie sich schon auskannte. Digger und Otulissa sollten sich im Inventarium melden und Morgengrau in der Kampfkrallen-Sammelstelle, worüber sich der Bartkauz natürlich wahnsinnig freute. Er durfte die begehrten Kampfkrallen putzen!
    Vor dem Eingang zum Eiersaal raunte Soren Martin zu: „Gleich wirst du Augen machen. So etwas hast du noch nicht gesehen!“
    Der Sägekauz schluckte beklommen. Soren hatte ihm schon erzählt, dass die Truppen des Sankt Äggie Eier raubten, um sie ausbrüten zu lassen und die frisch geschlüpften Eulenkinder in Gefangenschaft großzuziehen. Soren hatte einmal miterlebt, wie ein Küken im Sankt Äggie geschlüpft war. Er hatte gesagt, für ihn sei es das Unnatürlichste und Liebloseste gewesen, was er je gesehen habe.
    Martin trat ein und schnappte unwillkürlich nach Luft, als er unzählige Eier aller Größen im Dämmerlicht schimmern sah. Er blickte zu Soren hinüber, aber der junge Schleiereulerich stand starr vor Schreck da. Eine ältere, von Narben entstellte Schnee-Eule kam auf sie zugewatschelt. Aus ihrem einen trüb verhangenen Auge rann ein unaufhörlicher Tränenstrom. Das andere war im Gegensatz dazu leuchtend gelb. Eine hässliche, wulstige Zickzacknarbe zog sich quer über Gesicht und Schnabel und hob sich schwärzlich von den weißen Federn ab. Ihr verunstaltetes Gesicht glich einem dunklen Blitz auf hellem Grund.
    Trotz der schrecklichen Entstellung erkannte Soren die Schnee-Eule auf Anhieb. Es war Finny.
    „Ihr dürft mich ‚Tante‘ nennen“, sagte Finny heiser und streckte den Kopf vor. Sie verströmte einen unangenehmen Geruch, den Soren nicht einordnen konnte. Aber was war mit ihrer Stimme los? Da entdeckte er eine zweite Narbe, die sich wie ein dunkles Band um Finnys Hals schlang. Seit der Schlacht mit dem Adlerweibchen, in deren Verlauf Finny Hortense vom Felsen gestoßen hatte, war Soren seiner ehemaligen Betreuerin nicht mehr begegnet. Beim Glaux, dachte er, Finny ist zwar Hortenses Mörderin, aber die Adlerin hat die Schnee-Eule auch ganz schön zugerichtet! Sein nächster Gedanke war: Hat sie mich erkannt?
    Doch Finny sagte nur: „Aha, noch eine Schleiereule. Sehr gut. Vorhin ist eine ganze Lieferung Schleiereuleneier eingetroffen.“ Sie erklärte den beiden, dass die Eier nach Gattungen sortiert wurden. Für Soren war das nichts Neues. Obwohl sein Magen verrücktspielte, gelang es ihm, ein aufmerksames Gesicht zu machen und an den richtigen Stellen zu nicken, als ihnen Finny nun ihre Aufgabe erläuterte. Sie sollten nach den Eiern ihrer eigenen Gattung Ausschau halten und sie auf den jeweiligen Sammelplatz rollen.
    Martin und Soren wollten sich zu Moospolsterern hocharbeiten. Als Polsterer hatten sie freien

Weitere Kostenlose Bücher