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Die Legende der Wächter 4: Die Belagerung

Die Legende der Wächter 4: Die Belagerung

Titel: Die Legende der Wächter 4: Die Belagerung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathryn Lasky
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Glucke durfte ihr Nest unter keinen Umständen verlassen, aber Ruby rutschte ganz an den Rand. Dank ihrer überragenden Flugbegabung gelang es ihr, sich abzustoßen und kurz über dem Gelege zu schwirren.
    Martin und Soren blieb die Luft weg. In dem aus Zweigen und Grashalmen geflochtenen Nest lagen drei Eier, doch im Moos dazwischen blinkte etwas.
    „Tupfen!“, entfuhr es Soren.
    Die Erkenntnis traf ihn wie ein Donnerschlag. Die beiden Schleiereulen waren Spione! Sie waren nicht mondwirr und sie hatten Tupfen gestohlen. Aber wozu versteckten sie die Tupfen in dem Moos, mit dem sie die Nester auspolsterten? Was für eine Wirkung hatten Tupfen auf ein unausgebrütetes Gelege? Sorens Magen wurde eiskalt. Hier ist irgendetwas Schreckliches im Gange!, dachte er. Ich muss sofort Gylfie verständigen. Verflixte Waschbärkack e – warum sind wir bloß nicht in derselben Gruppe!
    Und der Tag war noch lang. Bis sie um die Zwischenstunde in ihr Felsbecken zurückkehren durften, würde es noch ewig dauern.
    „Das ist aber noch nicht alles“, zischelte Ruby. „Es kommt noch schlimmer.“
    Noch schlimmer?
    „Ihr kennt doch die alte Schnee-Eule aus dem Eiersaa l – Tante Finny.“ Soren nickte. „Ist euch auch schon aufgefallen, dass sie komisch riecht?“
    Soren nickte wieder. „Woher kennst du sie denn? Sie ist doch gar nicht für die Brüterei zuständig.“
    „Sie kommt oft hier vorbei. Sie frisst Eier!“
    „Wie bitte?“ Soren und Martin trauten ihren Ohren nicht.
    „Hier kommt sie leichter an die Eier heran als im Eiersaal. Sie macht sich über die neuen Nester her, bevor die Glucke sich draufsetz t – und sie frisst sogar die frisch geschlüpften Küken, wenn sie ein bisschen kümmerlich oder nicht ganz gesund sind.“
    Bei diesen Worten wurde Soren und Martin übel. Ihre Mägen zogen sich krampfartig zusammen und beide mussten würgen.

Otulissa erklärt die Welt

    Im Inventarium zählte Otulissa die Zähne, Knöchelchen, Federn, Fellbüschel und Tupfen, die andere Eulen im Gewöllorium aus Gewöllen gezupft hatten, und verteilte alles auf verschiedene Behälter. Sie arbeitete mit Digger und zwei fremden Eulen zusamme n – einer Schleiereule und einer Kreischeule. War ein Behälter voll, wurde er ins Tupfenlager der Bibliothek gebracht. Otulissa und ihre Kollegen durften die Bibliothek allerdings nicht betreten, das war nur Skench und Spoorn erlaubt. Die vollen Behälter wurden vor dem Eingang abgestellt.
    Otulissa und Digger wollten unbedingt herausfinden, weshalb die Bibliothek so schwer bewacht wurde. Ging es nur darum, den Tupfenvorrat vor Dieben zu schützen? Aber das war unlogisch, denn immer wieder verschwanden Tupfen schon aus dem Inventarium, das hatte Otulissa letzte Nacht festgestellt. Sie hatte es noch nicht Soren erzählen können, aber sie hatte genau beobachtet, wie eine Schleiereulenkollegin, Numme r 92-01, einer anderen ein paar Tupfen zugesteckt hatte. Otulissa war sicher, dass 92-01 in Wirklichkeit den Reinen angehörte. Sie würde die Schleiereule im Auge behalten. Doch das genügte ihr noch nicht. Otulissa schaffte es inzwischen perfekt, etwas herauszufinden, ohne dabei Fragen zu stellen. Sie hatte mit Digger ein kleines Zwiegespräch eingeübt, mit dem sie ihre Kollegin zum Reden bringen wollte.
    Digger gähnte übertrieben. „Ich würde mir gern ein bisschen die Beine vertreten, das braucht ein Höhlenkauz wie ich einfach ab und zu. Echt blöd, dass wir nicht in die Bibliothek rüberdürfen.“
    „Zur Bibliothek haben nur Skench und Spoorn Zutritt, das war schon immer so“, erwiderte Otulissa. Von Soren wusste sie allerdings, dass das eigentlich nicht stimmte.
    „Nicht immer“, mischte sich 92-01 prompt ein. Es hat geklappt!, freute sich Otulissa im Stillen. Ihre Behauptung hatte eine Antwort hervorgerufen, ohne dass sie eine Frage gestellt hatte. „Es gab mal einen Zwischenfall, habe ich gehört“, fuhr 92-01 fort. „Der Verräter wurde getötet. Aber bevor das passierte, war Skench merkwürdigerweise für ein paar Augenblicke völlig wehrlos.“
    „Wehrlos!“, rief Digger scheinbar ungläubig aus. „Ich kann mir unsere Ablah-Generalin beim besten Willen nicht wehrlos vorstellen!“
    „Doch. Sie war einer Flügelstarre nahe.“ Wurde man von Flügelstarre befallen, verweigerten einem die Flügel den Dienst. Man konnte auf einmal nicht mehr fliegen und stürzte in den Tod.
    „Nein so was!“, rief Otulissa.
    92-01 schien sich zu freuen, dass sie ihre besserwisserische

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