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Die Legende der Wächter 4: Die Belagerung

Die Legende der Wächter 4: Die Belagerung

Titel: Die Legende der Wächter 4: Die Belagerung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathryn Lasky
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feindliche Eulen, die auf den Großen Baum zuhielten. Die Wut über den geglückten Angriff der Wächter schien diese Resttruppe in ihrer Entschlossenheit noch zu bestärken, doch sie war auch abgelenkt und entdeckte deshalb die weißen Rankennetze im nebligen, verschneiten Wald nicht.
    „Mäusetanz im Morgengrauen!“ So lautete die vereinbarte Parole. Soren und Gylfie waren sofort auf ihren Posten. Beide waren unbewaffnet, denn die Kampfkrallen waren beim Umgang mit den Netzen nur hinderlich.
    „Immer mit der Ruhe!“, raunte Gylfie. Sie durften jetzt nichts übereilen und mussten den richtigen Augenblick abwarten.
    Soren spürte den Luftzug von den Schwingen der Feinde. „Reizend“, erscholl es. Das Wort passte nicht recht zu der angespannten Lage, aber der Feind sollte den Geheimcode der Fallensteller-Einheit nicht auf sich beziehen. Darum hieß es nicht „Jetzt!“ oder „Zuziehen!“.
    Das Netz erbebte, als die zehn Eulen hineinflogen. Die zierliche Gylfie wurde tüchtig durchgeschüttelt, aber sie ließ nicht los.
    Dann ertönte ein vielstimmiges Kreischen, als die feindlichen Eulen panisch versuchten, sich aus den Maschen zu befreien. Schon waren einige erstickt. Andere hauchten mit gebrochenen Flügeln ihr Leben aus. Der erste Sieg war errungen. Das Netz hatte sein tödliches Werk vollbracht.
    Doch am gegenüberliegenden Ufer des Hoolemeers kämpfte eine kleine, von Nyra und Kludd angeführte Eulenschar gegen den schneidenden Wind von der Eisklamm an. Kludd schaute bewundernd zu seiner Gefährtin hinüber. Nyra kannte sich mit dieser Art Wind aus, weil sie aus den Nordlanden kam. Sie wusste, wie jäh ein solcher Wind die Richtung wechseln und verhängnisvolle Strudel erzeugen konnte. Vor allem aber wusste sie, dass die Verteidiger der Insel dieses Ufer vernachlässigen würden.
    Bald treffen die Söldner ein, dachte Nyra triumphierend, und sie rief Kludd zu: „Wir haben eine Niederlage eingesteckt, Liebste r – aber wir werden die Schlacht trotzdem gewinnen!“

Keine guten Neuigkeiten

    Der Sturm war abgeflaut. Das Netz schwankte träge in den letzten vereinzelten Windstößen. Soren spähte hinein. Zwei Raufußkäuze, die als Sanitäterinnen arbeiteten, hatten eine schwer verwundete Eule abgeholt und in einer Hängetrage in die Krankenstube geflogen. Schon seltsam, dass die Ranken sowohl Tod und Verderben bringen als auch Leben retten konnten. Die übrigen neun Eulen hingen mit verrenkten Gliedern und verdrehten Hälsen in den Maschen. Das war also der Krieg. Soren konnte nichts Schönes daran finden. Es war eher eine Drecksarbeit. Sie musste aber getan werden, sonst würde sich Sorens Bruder Kludd noch zum Herrscher über alle Eulen aufschwingen. Sogar der kampfbegeisterte Morgengrau schien ernüchtert. Es fiel Soren schwer zu begreifen, dass die gleichen Ranken, die als Saiten von Madame Plonks Harfe so liebliche Klänge erzeugten oder zu wunderschönen Wandteppichen verwebt werden konnten, nun dieses Leichentuch hervorgebracht hatten. Soren wollte nur noch weg. Zum Glück wurde die Ablösung jeden Moment erwartet.
    Als die Freunde in den Baum zurückkehrten, wurden sie nicht mit einer Siegesfeier empfangen. Niemand hielt eine Ansprache über diesen ersten Erfolg. Im Gegentei l – in den Gängen und Höhlen herrschte beklemmende Stille. Der Feind hatte Verluste erlitten, doch das Heer der Reinen umfasste Tausende von Tytos. Obendrein hatte sich herumgesprochen, dass die Reinen Söldner angeheuert hatten. Söldner waren Außenseiter, die keinem bestimmten Eulenvolk angehörten, die aber für ein Paar gute Kampfkrallen als Lohn im Dienst anderer Eulen in die Schlacht zogen.
    „Wo steckt denn Otulissa?“, fragte Gylfie. „Sie müsste längst wieder hier sein.“
    „Die ist oben in der Krankenstube.“ Digger ließ sich rücklings auf sein Lager fallen und streckte die Beine in die Luft. In dieser sonderbaren Haltung pflegte der Höhlenkauz zu schlafen.
    „In der Krankenstube!“, riefen die anderen zu Tode erschrocken.
    „Keine Sorge, ist bloß ein kleiner Kratzer. Sie wollte gar nicht hin, aber die Sanitäter haben sie dann doch überredet.“
    „Eigentlich müssten wir sie besuchen“, sagte Soren. „Aber ich bin zu müde.“
    „Wir können sie doch später noch besuchen“, meinte Digger.
    Vor lauter Erschöpfung hätten sie sofort einschlafen müssen, aber das war nicht der Fall. Es mochte an dem allgemeinen Unbehagen liegen, das sich mittlerweile im Großen Baum breitgemacht

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