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Die Legende der Wächter 4: Die Belagerung

Die Legende der Wächter 4: Die Belagerung

Titel: Die Legende der Wächter 4: Die Belagerung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathryn Lasky
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begriffen, dass sie selbst schon in ein paar Stunden tot sein konnte. Damals bei Ezylrybs Befreiung hatte sie sich nicht so gefürchtet. Aber da war der Feind auch nicht derart in der Überzahl gewesen und alles war so schnell gegangen, dass Otulissa gar nicht dazu gekommen war, um ihr Leben zu bangen.
    Noch einmal einschlafen zu wollen, hatte gar keinen Zweck. Außerdem musste sie in ein paar Stunden wieder aufstehen. Sie war sowieso hellwac h – das kam von dem Kribbeln und Zwicken in ihrem Muskelmagen. Ihr Vormagen war prall gespannt wie eine Trommel. Sie würde keinen Bissen herunterbekommen. Und ihr Kopf schwirrte von allem, was sie je über Luftströmungen, das Fliegen mit Kampfkrallen und über Auf- und Abwinde gelernt hatte. Als ihr einfiel, dass sie ihre Freunde womöglich nie wiedersehen würde, kamen ihr die Tränen. Glaux hilf, ich habe solche Angst!
    Da streckte auch schon ein anderer Fleckenkauz den Kopf durch den Höhleneingang und nickte ihr zu. Jetzt geht es los, dachte Otulissa. Auf in die Schlacht!
    Der Kriegsrat hatte die Insel in vier Quadranten eingeteilt. Jeder Quadrant hatte vier Abschnitte. Der südwestliche Quadrant war der wichtigste, denn hier würde der Feind höchstwahrscheinlich zuerst angreifen, vor allem, da die Reinen ungünstige Wetterbedingungen scheuten. Dass der Wind derzeit aus Nordnordwest kam, war erfreulich. Auf diese Weise hatten die Verteidiger der Insel wenigstens keinen Gegenwind. Den Lockvögeln nützte die herrschende Windrichtung allerdings nichts. Sie sollten gegen den Wind anfliegen, nicht frontal, aber doch so, dass ihr Flug verlangsamt wurde. Das störte Strix Struma nicht weiter, denn alle Wächter beherrschten das langsame Fliegen hervorragend. Diese Fähigkeit half ihnen bei der Überquerung des Hoolemeers.
    Soren, Gylfie und Morgengrau nahmen ihre Posten an zwei Netzen im südwestlichen Quadranten ein. Von hier aus überblickte man fast die ganze Insel. Den dreien blieben die Schnäbel offen, als sie Otulissa und Ruby in Strix Strumas Gefolge entdeckten. Otulissa flog an der Flanke der Formation, Ruby direkt vor ihr. Was Ruby anging, konnten die drei Freunde die Wahl verstehen, denn die Sumpfohreule war eine der besten Fliegerinnen im Baum. Aber Otulissa?
    „Den Schnabel zu halten, ist ihr bestimmt furchtbar schwergefallen“, meinte Gylfie, als die Lockvögel nun in eine Nebelbank eintauchten.
    „Hoffentlich überlebt sie den Einsatz“, sagte Soren.
    „Aber klar doch!“ Soren und Gylfie drehten sich ganz verdutzt nach Morgengrau um. War der kampfeslustige Bartkauz denn gar nicht neidisch? „Otulissa ist klug und wie alle Fleckenkäuze sehr feinfühli g – fast so feinfühlig wie eine Nesthälterin. Außerdem will sie sich vor Strix Struma bestimmt keine Blöße geben. Wenn sie es schafft, nicht die ganze Zeit oberschlau daherzuplappern, schlägt sie sich bestimmt tapfer.“
    Huckmore kam angeflogen. „Ihr wisst, was ihr zu tun habt, wenn Strix Struma und ihre Truppe den Feind in die Fallen gelockt haben? Ihr zieht die Netze sofort oben zu. Dann können die Feinde nicht mehr heraus und einige verheddern sich vielleicht auch so in den Maschen, dass ihnen die Ranken die Luft abschnüren und sie ersticken. Manche werden sich auch die Flügel brechen. Noch Fragen?“
    Die drei Freunde und die anderen Fallensteller schüttelten die Köpfe.
    „Viel Glück, Wächter!“ Sorens Magen kribbelte. Es war das erste Mal, dass ein älterer Bewohner des Großen Baums sie als „Wächter“ anredete. Noch war keiner von ihnen offiziell zum Wächter ernannt worden. Und trotzdem behandelte der kampferprobte Bartkauz sie als seinesgleichen!
    Huckmore brauchte sie nicht zu ermahnen, nach heranfliegenden Eulen Ausschau zu halten. Die Freunde verfolgten von sich aus das Geschehen an der Küste. Eine Keilformation aus Rußschleiereulen bildete die Vorhut des Feindes. Dahinter folgten mindestens vierzig weitere Tytos: Rußschleiereulen, Maskenschleiereulen und viele Tyto alba, Sorens Artgenossen. Ihre Gesichter waren wegen der aufspritzenden Gischt nicht richtig zu erkennen, aber als sie nun über den Strand flogen, klappten sie ihre Kampfkrallen aus. Doch da tauchten auch schon wie aus dem Nichts die Lockvögel auf. Sie flogen in zwei Gruppen zu je zwanzig Eulen. Mutig attackierten sie die Keilformation von beiden Seiten und zerstreuten sie. Die Spitze der Formation blieb zwar zusammen, aber dank des geschickten Manövers der Verteidiger waren es jetzt nur noch zehn

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