Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Legende der Wächter 8: Die Flucht

Die Legende der Wächter 8: Die Flucht

Titel: Die Legende der Wächter 8: Die Flucht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katharina Orgaß
Vom Netzwerk:
herkommt.“
    „Dort leben noch andere Ausgestoßene“, ergänzte Hortense.
    „Ausgestoßene …“, wiederholte Nyroc leise. Bin ich jetzt für alle Zeit ein Ausgestoßener? Muss ich den Rest meines Lebens unter Geschöpfen verbringen, mit denen niemand etwas zu tun haben will? Ist das meine Bestimmung? Ist das die Strafe dafür, dass ich nach meinem freien Willen gehandelt habe?
    Nyrocs Magen war so durcheinander, dass er gar nicht mitbekam, wie die drei Bartkäuze davonflogen.
    Nyroc verbrachte nicht nur einen Tag, sondern drei trostlose Tage in der nach Fisch müffelnden Baumhöhle, in der einst der Pilger Simon gewohnt hatte. Erst kurz vor dem Morgengrauen wagte er sich hinaus auf die Jagd.
    Er hatte so sehr gehofft, dass ihn die „Aufgabe“, von der die Geisterkäuzin gesprochen hatte, zum Großen Baum und den edlen Wächtern von Ga’Hoole führen würde. Stattdessen schickte man ihn in die entlegenen Hinterlande, wo ihn Feuer speiende Berge und kahle Felsen erwarteten und unbekannte Vierbeiner ihr Unwesen trieben. An einen Ort, an dem er unter Ausgestoßenen ein trübseliges Dasein fristen musste.
    Nyroc überlegte hin und her, wie er diesem Schicksal entkommen könnte, aber seine Gedanken drehten sich immer nur im Kreis. Schließlich verließ er die Baumhöhle und flog zum See hinunter. Er beugte sich über die glitzernde Wasseroberfläche, die sich im Widerschein der aufgehenden Sonne rosa färbte, und betrachtete sein Spiegelbild. Ich sehe wirklich wie meine Mutter aus! , dachte er verzweifelt. Zählt wirklich nur mein Äußeres? Auf einmal regte sich Trotz in ihm. In meinen Adern fließt das Blut meiner Eltern, das ist nicht zu ändern. Aber mein Herz, mein Magen und mein Verstand gehören mir allein. Ich bin aus dem Ei meiner Mutter geschlüpft, aber ich bin weder ihr Sohn noch bin ich der Sohn meines Vaters. Ich sage mich von meinen Eltern los! Ab heute habe ich keine Eltern mehr. Ich will auch nicht länger den Namen Nyroc tragen. Ich habe keinen Namen mehr.

Plötzlich kam es Nyroc vor, als würde er beobachtet. Schon seit seiner Landung auf der Platane hatte er sich unbehaglich gefühlt.
    Als er nun wieder zu seiner Höhle emporflog, fiel ihm auf, dass aus dem Eingang ein grüner Lichtschein drang. Nyroc streckte den Kopf in die Höhle – und bekam den Schnabel nicht mehr zu. Zwei grün leuchtende Schlangen hingen kopfüber von einem Astknorren an der Höhlenwand. Sind das Nesthälterinnen? Nyroc wusste, dass sich bei anderen Eulenvölkern blinde Schlangen um die Wohnhöhlen der Eulen kümmerten.
    Die beiden Schlangen hatten türkisblaue Augen und auffallend lange, spitze Zähne. Ich kann mir nicht vorstellen, dass Nesthälterinnen solche Zähne haben! Die Schlangen züngelten, als wollten sie die Luft schmecken, und auch ihre Zungen waren ungewöhnlich. Wie die meisten Schlangenzungen waren sie gespalten, aber eine Seite war hellgelb und die andere scharlachrot. Plötzlich wusste Nyroc, was das für Schlangen waren. Seine Mutter hatte einmal mit ihrem General Stürmer über diese Schlangenart gesprochen. Nyra wollte ihr Heer mit einer Elitekampftruppe aus Schlangen verstärken. Die Flugschlangen von Ambala waren die giftigsten Schlangen der Welt!
    Nyroc rutschte der Magen auf die Zehen. „Hat sie euch geschickt?“
    „Du hassst’sss erfassst!“, zischte die eine Schlange.
    „Ich wusste, dass sie mich irgendwann findet“, sagte Nyroc tonlos. Er schlüpfte in die Höhle, trat vor die Schlangen hin und streckte die Brust heraus. „Na los! Macht schon!“
    „Wasss sssollen wir machen?“, fragte die andere Schlange.
    „Mich töten. Macht kurzen Prozess mit mir und bohrt mir die Giftzähne ins Herz. Hier.“ Er schob mit dem Schnabel sein Brustgefieder auseinander.
    „Wovon redet der Kleine blosss?“, wandte sich die erste Schlange an die zweite.
    „Wir wollen dich nicht töten“, sagte diese.
    „Ich komme aber nicht freiwillig mit. Ich kehre nicht zu meiner Mutter und den Reinen zurück.“
    Wie ein grüner Blitz ließen sich beide Schlangen gleichzeitig auf den Boden der Höhle gleiten und ringelten sich dort zusammen. Sie richteten die Oberkörper auf, wiegten die Köpfe und verkündeten: „Wir sssind keine Abgesssandten der Reinen. Die Reinen sssind auch unsssere Feinde.“
    „Ehrlich?“, fragte Nyroc ungläubig.
    „Allerdingsss!“, bestätigte die erste Schlange und stellte sich vor. „Ich heissse Slinella und dasss issst Stingill, mein Mann.“
    „Aber ihr habt doch

Weitere Kostenlose Bücher