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Die Legende vom Weitseher 01 - Der Adept des Assassinen

Die Legende vom Weitseher 01 - Der Adept des Assassinen

Titel: Die Legende vom Weitseher 01 - Der Adept des Assassinen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
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Hirten bevölkert, die sich nur in den Wintermonaten, der ›grünen Jahreszeit‹, an den Handelswegen sammelten und in Zeltstädten zusammenwohnten. Unsere Karawane zog durch Herden weidender Schafe, Ziegen und Pferde, manchmal trafen wir auf ein Rudel der angriffslustigen, schnellfüßigen Schweine, die in Farrow Haragar heißen. Aber Begegnungen mit den Menschen dieser Region beschränkten sich zumeist auf den Anblick ihrer kegelförmigen Zelte in der Ferne oder eines ihrer Hirten, der sich in den Steigbügeln aufstellte und grüßend seinen Krummstab in die Höhe reckte.
    Flink und ich hatten Gelegenheit, unsere Freundschaft zu erneuern. Abends saßen wir gemeinsam an einem kleinen Kochfeuer, teilten uns die Mahlzeiten, und er unterhielt mich mit Berichten von Sevrens' jüngsten Kümmernissen: die Seidengewänder voller Staub, Motten in den Pelzkragen, Druckstellen im Sammet. Weniger lustig waren seine Beschwerden über Rowd. Auch ich hatte keine angenehmen Erinnerungen an den Mann, und Flink mußte sich gefallen lassen, ständig von ihm verdächtigt zu werden, er wäre darauf aus, lange Finger zu machen. Eines Abends tauchte Rowd sogar an unserem Feuer auf und warnte des langen und breiten ›niemand Bestimmten‹ davor, sich an dem Gepäck seines Herrn zu vergreifen. Ansonsten hatten wir es recht gemütlich.
    Das schöne Wetter hielt. Bei Tag kamen wir ins Schwitzen, und auch die Nächte waren noch angenehm mild. Ich schlief auf meiner Decke und machte mir selten die Mühe, anderswo Unterschlupf zu suchen. Jedesmal, wenn das Lager aufgeschlagen wurde, überprüfte ich den Inhalt meiner Truhe und tat mein Bestes, um zu verhindern, daß die Wurzeln völlig austrockneten und die Schriftrollen durch die schaukelnde Bewegung zermahlen wurden. In einer Nacht weckte mich ein lautes Wiehern von Rußflocke, und es kam mir vor, als stünde der Zedernkasten nicht mehr genau dort, wo ich ihn abgesetzt hatte. Rasches Nachsehen ergab, daß mit dem mir anvertrauten Gut alles in Ordnung war, und als ich Flink davon erzählte, fragte er nur, ob ich mich bei Rowd angesteckt hätte.
    Dörfer und Herden, an denen wir vorbeikamen, versorgten uns bereitwillig mit frischen Lebensmitteln. Deshalb war die Verpflegung unterwegs ausgezeichnet. Wegen der Tiere hätte man sich bessere Tränken gewünscht, aber jeden Tag fanden wir eine Quelle oder einen staubigen Tümpel, also litten wir auch in dieser Hinsicht keine Not.
    Burrich bekam ich nicht oft zu Gesicht. Er stand beim ersten Tageslicht auf und zog vor der Karawane her, damit seine Schutzbefohlenen die beste Weide und das sauberste Wasser hatten. Wie nicht anders zu erwarten, setzte er seinen Stolz darein, daß die Pferde bei unserer Ankunft in Jhaampe in bester Verfassung waren. Auch von August war nicht viel zu sehen. Zwar hatte man ihm offiziell die Führung der Karawane übertragen, doch er überließ die Arbeit dem Hauptmann seiner Ehrengarde. Ob in weiser Erkenntnis seiner Grenzen oder aus Faulheit – um das zu beurteilen, kannte ich ihn nicht gut genug. Auf jeden Fall hielt er sich meistens abseits, nur Sevrens durfte ihm aufwarten, nahm mit ihm zusammen die Mahlzeiten ein und schlief in seinem Zelt.
    Für mich war diese Reise die Rückkehr in eine Art sorglose Kindheit. Arbeit hatte ich nicht viel, und Flink war ein liebenswerter Kamerad, der keiner großen Aufmunterung bedurfte, um mich an seinem unerschöpflichen Vorrat an Klatsch und pikanten Histörchen teilhaben zu lassen. Manchmal dachte ich einen ganzen Tag nicht daran, daß ich am Ende des Weges vor der Aufgabe stand, einen Prinzen zu ermorden.
    Solche Gedanken überfielen mich gewöhnlich, wenn ich mitten in der Nacht aufwachte. Der Himmel über Farrow schien viel reicher an Sternen zu sein als der über Bocksburg, und während ich zu ihnen hinaufschaute, sann ich über Wege und Möglichkeiten nach, Prinz Rurisk ums Leben zu bringen. In der Tasche, die meine Kleidung und persönlichen Habseligkeiten enthielt, befand sich eine Schatulle, deren Inhalt ich mit viel Sorge und Sorgfalt zusammengestellt hatte, denn die perfekte Ausführung dieses Auftrags war von allergrößter Bedeutung. Der geringste Verdacht, etwas sei nicht mit rechten Dingen zugegangen, mußte sich verheerend auf das angestrebte Bündnis auswirken. Der Zeitplanung kam besondere Bedeutung zu. Der Prinz durfte nicht sterben, während unsere Delegation sich noch in Jhaampe aufhielt, damit kein Schatten auf die Hochzeitszeremonie fiel. Er durfte auch

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