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Die Legende vom Weitseher 01 - Der Adept des Assassinen

Die Legende vom Weitseher 01 - Der Adept des Assassinen

Titel: Die Legende vom Weitseher 01 - Der Adept des Assassinen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
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wisse, er sei ein König-zur-Rechten, dessen Reich von vielen Gefahren bedroht werde. Edel hatte sie gewarnt, daß Veritas erheblich älter sei als sie, ein schlichter, unbedarfter Mann, der sich ihr gegenüber womöglich gleichgültig bezeigen werde. Edel hatte gelobt, immer an ihrer Seite zu sein, ihr beizustehen und sein Bestes zu tun, damit sie sich am Hof nicht einsam fühlte. Also war sie vorbereitet ...
    »Wie alt seid Ihr?« entfuhr es mir.
    »Achtzehn«, erwiderte sie und mußte lächeln, als sie den überraschten Ausdruck auf meinem Gesicht bemerkte. »Weil ich groß bin, scheinen deine Landsleute zu glauben, ich sei viel älter.«
    »Nun, dann seid Ihr jünger als Veritas. Aber der Unterschied ist nicht sehr viel größer als auch bei anderen Ehepaaren. Er wird im Frühling dreiunddreißig.«
    »Ich hatte angenommen, er wäre schon bei Jahren«, meinte sie verwundert. »Edel sagte, sie hätten nur den Vater gemeinsam.«
    »Es stimmt, daß Chivalric und Veritas beide die Söhne von Listenreichs erster Königin sind, doch er hat bald wieder geheiratet. Und Veritas ist in weniger schweren Zeiten nicht so sauertöpfisch und ungesellig, wie Ihr ihn Euch vielleicht vorstellt. Er ist ein Mann, der auch lachen kann.«
    Sie schaute aus den Augenwinkeln zu mir her, als wollte sie sehen, ob ich versuchte, Veritas besser darzustellen, als ihm gebührte.
    »Glaubt mir, Prinzessin. Ich habe ihn lachen gesehen wie ein Kind, wenn beim Frühlingsfest die Puppenspieler ihre Stücke aufführten. Und wenn sich das Burgvolk bei der Obstpresse versammelt, weil es Glück bringt, wenn alle mithelfen, den Herbstwein zu keltern, steht er nicht abseits. Aber seine größte Freude ist von jeher die Jagd. Er hat einen Wolfshund, Leon, den er mehr liebt als mancher andere Mann seinen Sohn.«
    »Aber«, unterbrach mich Kettricken, »du schilderst ihn, wie er vielleicht einmal gewesen ist, früher. Denn Edel spricht von ihm als einem Mann, der älter ist als seine Jahre, gebeugt von der Sorge um sein Volk.«
    »Gebeugt wie ein Baum unter einer Schneelast, der sich wieder aufrichtet, wenn der Frühling kommt. Bevor ich aufbrach, Prinzessin, bat er mich, daß ich Euch ein wahres Bild von ihm zeichne.«
    Sie senkte den Blick, wie um sich die aufkeimende Hoffnung nicht anmerken zu lassen. »Ich sehe einen anderen Mann, wenn du von ihm sprichst.« Sie zögerte, dann preßte sie die Lippen zusammen, aber ich hörte die Frage, auch wenn sie unausgesprochen blieb.
    »Er ist ein warmherziger Mensch. So warmherzig, wie jemand sein kann, der zu großer Verantwortung geboren ist. Er nimmt seine Pflichten überaus ernst und schont sich nicht, wenn es um das Wohl seines Volkes geht. Das ist der Grund, weshalb er nicht in der Lage war, herzukommen, zu Euch. Er befindet sich im Kampf mit den Roten Korsaren, einem Kampf, den er von hier nicht weiterführen kann. Um seine Pflicht als Prinz zu erfüllen, stellte er die Wünsche des Mannes hintan. Nicht aus Gleichgültigkeit oder weil sein Blut erkaltet wäre.«
    Eine leichte Röte stieg in ihre Wangen, und sie unterdrückte das Lächeln, das um ihre Lippen spielte, als wären meine Worte unverfrorene Schmeicheleien, denen eine Prinzessin keinen Glauben schenken durfte.
    »Er ist größer als ich, aber nicht viel. Sein Haar ist fast schwarz, genau wie sein Bart, wenn er ihn wachsen läßt. Seine Augen sind noch dunkler, aber wenn er sich freut, leuchten sie. Es stimmt, daß sein Haar jetzt von grauen Strähnen durchzogen ist, die man vor einem Jahr noch nicht gefunden hätte, und auch, daß sein Tun ihn zum Stillsitzen verurteilt, so daß das Hemd sich nicht mehr um seine breiten Schultern spannt. Doch ist mein Onkel immer noch ein ganzer Mann, und ich bin sicher, wenn die Gefahr der Roten Korsaren vor unseren Küsten gebannt ist, wird er wieder reiten und jagen wie früher.«
    »Du machst mir Mut«, sagte sie leise und richtete sich dann hoch auf, als hätte sie eine Schwäche eingestanden. Ernst fragte sie: »Warum spricht Edel nicht so von seinem Bruder? Ich glaubte, ich ginge zu einem alten Mann, kraftlos, zu bedrückt von seinen Sorgen, um in einer Gemahlin etwas anderes zu sehen als eine weitere lästige Pflicht.«
    »Vielleicht ...«, fing ich an und wußte nicht, wie ich diplomatisch ausdrücken sollte, daß Edel es oft mit der Wahrheit nicht so genau nahm, wenn es seinen Zwecken diente. Davon abgesehen konnte ich mir um alles in der Welt nicht vorstellen, welchem Zweck es dienen könnte, Veritas

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