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Die Legende vom Weitseher 01 - Der Adept des Assassinen

Die Legende vom Weitseher 01 - Der Adept des Assassinen

Titel: Die Legende vom Weitseher 01 - Der Adept des Assassinen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
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bei Kettricken in dermaßen schlechtes Licht zu setzen.
    »Vielleicht ist er auch in anderer Hinsicht nicht sehr - schmeichelhaft gewesen«, überlegte Kettricken plötzlich laut. Etwas schien sie zu beunruhigen, und sie holte tief Luft, als fiele es ihr nicht leicht, mich ins Vertrauen zu ziehen. »Es gab einen Abend in meinen Gemächern, wir hatten gespeist, und Edel war vielleicht ein wenig berauscht. Er erzählte von dir, daß du ein verstockter, verwöhnter Bengel gewesen wärst, zu ehrgeizig für deine Geburt, doch seit der König dich zu seinem Giftmischer gemacht hätte, schienst du mit deinem Los zufrieden zu sein. Er meinte, das Gewerbe käme deinem Charakter entgegen, denn selbst als Kind hättest du dich als Lauscher an der Wand hervorgetan, als Haderer und Sykophant. Merke, ich sage dies nicht, um Unfrieden zu stiften, sondern nur, damit du weißt, was ich anfangs von dir dachte. Am nächsten Morgen bat mich Edel, seine Worte dem Einfluß des Weins zuzuschreiben und nicht für bare Münze zu nehmen. Doch etwas von seinen Reden in jener Nacht hatte mir zu kalt ans Herz gegriffen, um es einfach zu vergessen. Er sagte, befänden du oder Lady Quendel sich unter den Hochzeitsgästen aus Bocksburg, dann hätte der König euch geschickt, um meinen Bruder zu vergiften.«
    »Ihr redet zu schnell«, beschwerte ich mich und hoffte, daß mein Lächeln nicht so zittrig und elend aussah, wie ich mich aus heiterem Himmel fühlte. »Ich habe nur die Hälfte verstanden.« In meinem Kopf überschlugen sich die Gedanken. Selbst ein geübter Lügner wie ich fand solch eine direkte Konfrontation unangenehm.
    »Ich bitte um Entschuldigung. Aber du sprichst unsere Sprache so gut, als müßtest du sie nur erinnern, statt neu lernen. Ich werde noch einmal anfangen. Vor einigen Wochen, nein, es ist länger als einen Monat her, kam Edel in meine Gemächer. Er bat um ein Abendessen allein, damit wir uns besser kennenlernten und ...«
    »Kettricken!« Rurisk rief ihren Namen, als er auf der Suche nach uns den Pfad entlangkam. »Edel verlangt nach dir. Er will dich den Lords und Ladies vorstellen, die so weit gereist sind, um deiner Vermählung beizuwohnen.«
    Jonqui ging dicht hinter ihm, und als der zweite, unmißverständliche Schwindelanfall mich packte, glaubte ich die Erklärung für den wissenden Ausdruck auf ihrem Gesicht zu haben. Welchen Schritt hätte Chade unternommen, fragte ich mich, wenn jemand einen Giftmischer an König Listenreichs Hof geschickt hätte, um Veritas aus dem Weg zu räumen? Viel zu offensichtlich.
    »Vielleicht möchte FitzChivalric jetzt gerne die Blauen Fontänen besichtigen«, schlug Jonqui plötzlich vor. »Litress hat sich erboten, ihn hinzuführen.«
    »Vielleicht später am Nachmittag«, brachte ich heraus. »Die Strapazen der Reise haben mir doch zugesetzt. Ich glaube, ich werde mich etwas hinlegen.«
    Keiner von ihnen sah überrascht aus. »Soll ich dir einen Becher Wein bringen lassen?« erkundigte Jonqui sich mütterlich. »Oder vielleicht eine heiße Suppe? Die anderen werden bald zu einem Festmahl gerufen, aber wenn du dich nicht wohl genug fühlst, daran teilzunehmen, macht es keine Umstände, dir eine Kleinigkeit in dein Gemach zu schicken.«
    Die jahrelange Ausbildung kam mir zu Hilfe. Ich hielt mich trotz des kriechenden Feuers in meinem Bauch aufrecht. »Das wäre sehr freundlich«, sagte ich mit steifen Lippen. Die kurze Verbeugung, zu der ich mich zwang, war erlesene Folter. »Ich bin sicher, es geht mir bald wieder besser.«
    Damit entschuldigte ich mich, und weder stürzte ich Hals über Kopf davon, noch krümmte ich mich zusammen und wimmerte, wie ich es gerne getan hätte. Gemächlich und mit offensichtlichem Interesse an den Pflanzen ging ich durch den Garten zurück zum Eingang der Großen Halle. Die drei schauten mir nach und sprachen untereinander über das, wovon wir alle wußten.
    Ich hatte nur noch einen Trumpf im Ärmel und wenig Hoffnung, mich damit retten zu können. In der Abgeschiedenheit meines Zelts holte ich das Meerbitter hervor, das der Narr mir gegeben hatte. Wie lange, seit der Begrüßung mit Wein und Honigkuchen? Denn das war die Gelegenheit, die ich gewählt hätte. Mit notgedrungenem Fatalismus beschloß ich, dem bereitgestellten Krug mit Wasser zu vertrauen und nicht auf die warnende Stimme im Hinterkopf zu hören. Vor meinen Augen drehte sich alles, und ich war unfähig, einen klaren Gedanken zu fassen. Mit zitternden Händen bröckelte ich das

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