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Die Legende vom Weitseher 01 - Der Adept des Assassinen

Die Legende vom Weitseher 01 - Der Adept des Assassinen

Titel: Die Legende vom Weitseher 01 - Der Adept des Assassinen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
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dieser Vorteile willen bin ich außerdem bereit, euch Holz zu geben, die hohen, geraden Stämme, die Veritas braucht, um seine Kriegsschiffe zu bauen. Unsere Berge bringen weiße Eichen hervor, wie ihr sie noch nie gesehen habt. Das ist ein Punkt, in dem mein Vater unnachgiebig bleiben wird. Er hat die alten Vorbehalte gegen das Schlagen lebender Bäume. Und gleich Edel sieht er eure Küste als Belastung, euren Ozean als eine unüberwindliche Barriere. Ich aber sehe ihn, wie dein Vater es tat – eine Verbindung mit dem Rest der Welt und eure Küste als Zugang dazu. Und ich halte es nicht für sündhaft, Bäume zu verwerten, die bei den jährlichen Regengüssen und Stürmen umgestürzt sind.« Mir stockte der Atem. Der Prinz machte ein gewaltiges Zugeständnis. Ich ertappte mich dabei, wie ich unwillkürlich nickte.
    »Wirst du also König Listenreich meine Worte übermitteln und ihm sagen, daß es besser ist, in mir einen lebenden Freund zu haben?«
    Ich konnte mir keinen Grund vorstellen, nicht zuzustimmen.
    »Aber willst du ihn denn nicht fragen, ob er wirklich gekommen ist, um dich zu vergiften?« warf Kettricken ein.
    »Wenn er mit ja antwortet, würdest du ihm stets mit Argwohn begegnen. Wenn er mit nein antwortet, würdest du ihm vielleicht nicht glauben und ihn auch noch für einen Lügner halten. Und, Schwesterherz, ist nicht ein geständiger Giftmischer in diesem Raum genug?«
    Kettricken zog den Kopf ein und wurde rot.
    »Nun komm.« Rurisk streckte ihr versöhnlich eine Hand hin. »Wir sollten unserem Gast noch ein wenig Ruhe gönnen, bevor die Feierlichkeiten beginnen. Auch müssen wir in unseren Gemächern sein, bevor der gesamte Haushalt sich fragt, weshalb wir in unseren Nachtgewändern herumgeistern.«
    Sie gingen, und ich legte mich ins Bett und wunderte mich. Was waren das für Menschen, mit denen ich es zu tun hatte? Konnte ich ihrer offenen Art vertrauen, oder spielten sie ein undurchsichtiges Spiel mit mir? Ich wünschte mir Chade herbei, denn mehr und mehr hatte ich das Gefühl, in etwas hineingeraten zu sein, das ich nicht übersehen konnte. Mir fielen die Augen zu, aber ich hielt mich krampfhaft wach. Wenn ich jetzt einschlief, wachte ich vor dem Abend nicht mehr auf. Bald kamen Diener mit kaltem und warmem Wasser und einem Frühstück aus Obst und Käse. Eingedenk der Tatsache, daß sie möglicherweise von höherer Geburt waren als ich, begegnete ich ihnen mit ausgesuchter Höflichkeit und fragte mich später, ob das nicht das Geheimnis eines harmonischen Zusammenlebens sein könnte, daß man alle, ob Bediente oder Edelleute, mit demselben Respekt behandelte.
    Es war ein Tag großer Festlichkeiten. Die Eingänge des Palastes standen weit offen, und aus jedem Tal, von jeder Höhe, war das Bergvolk herbeigeströmt, um Zeuge dieser Vermählung zu sein. Dichter und Sänger traten auf, Geschenke wurden ausgetauscht. Auch ich präsentierte feierlich meine Herbarien und Sämereien. Das Zuchtvieh aus den sechs Provinzen wurde vorgeführt und dann aufgeteilt und weiterverschenkt an Dorfgemeinschaften, die der Hilfe am meisten bedurften, oder an solche, denen man zutraute, Erfolg damit zu haben. Sämtliche Gaben, ob Geflügel oder Vieh oder Korn oder Metall, waren in den Palast gebracht worden, damit alle sie betrachten konnten.
    Dort sah ich auch Burrich zum erstenmal seit Tagen wieder. Seine Lieblinge glänzten spiegelblank, als hätte er sich seit Tagesanbruch mit Kardätsche und Striegel an ihnen zu schaffen gemacht. Die für Kettricken bestimmte Stute trug Sattel und Zaumzeug aus feinstem Leder, die Glöckchen in Mähne und Schweif begleiteten jede ihrer Bewegungen mit hellem Bimmeln. Unsere Rösser waren von anderem Schlag als die kleinen, zottigen Bergponies und lockten eine ziemliche Menschenmenge an. Burrich sah müde aus, aber stolz. Kettricken bewunderte die edle Stute ausgiebig, und ich merkte, wie Burrich bei ihrem Lob und ihrer offensichtlichen Freude allmählich auftaute. Als ich näher trat, hörte ich ihn zu meinem Erstaunen ein stockendes, aber einwandfreies Chyurda sprechen.
    Doch der Nachmittag hielt noch eine größere Überraschung für mich bereit. In bunter Reihe saßen Palastbewohner und Besucher einträchtig schmausend an langen Tischen. Ein Teil der Speisen stammte aus der Palastküche, das meiste aber hatte das Bergvolk beigesteuert: Käseräder, dunkles Brot, getrocknetes und geräuchertes Fleisch, Essiggemüse und Körbe mit Früchten. Mir lief das Wasser im Mund

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