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Die Legende vom Weitseher 01 - Der Adept des Assassinen

Die Legende vom Weitseher 01 - Der Adept des Assassinen

Titel: Die Legende vom Weitseher 01 - Der Adept des Assassinen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
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Gefahr auch immer gedroht haben mochte, ich spürte, daß sie vorüber war. Ich hockte mich auf den Boden zu Nosy, der auf meinen Schoß gekrochen kam und ängstlich mein Gesicht beschnüffelte. Er ließ sich von mir beruhigen, und zusammen saßen wir da, der Junge und sein Hund, schauten auf Burrich und warteten. Als er schließlich den Kopf hob, sah es aus, als hätte er geweint. Wie meine Mutter, erinnere ich mich, gedacht zu haben, doch seltsamerweise finde ich in meinem Gedächtnis kein Bild von ihr, wie sie weint. Ich sehe nur Burrichs zerquältes Gesicht.
    »Fitz, Junge, komm hierher«, sagte er leise, und diesmal war etwas in seiner Stimme, das mich zwang zu gehorchen. Ich stand auf und ging zu ihm hin, Nosy auf den Fersen. »Nein«, sagte er zu dem Tier und deutete auf einen Platz zu seinen Füßen, aber mich hob er zu sich auf die Bank.
    »Fitz«, begann er und stockte. Nachdem er tief Atem geholt hatte, setzte er ein zweites Mal an. »Fitz, was du mit diesem kleinen Hund getan hast, ist falsch, ganz falsch. Es ist widernatürlich. Es ist schlimmer als stehlen oder lügen. Es zieht einen Menschen herab, auf eine niedrigere Stufe. Verstehst du, was ich meine?«
    Ich schaute ihn ratlos an. Er seufzte und versuchte es von neuem.
    »Junge, du bist von königlicher Abstammung. Bastard oder nicht, du bist Chivalrics natürlicher Sohn, aus dem unvermischten Blut. Und was du tust, das ist falsch. Es ist deiner nicht würdig. Verstehst du?«
    Ich schüttelte stumm den Kopf.
    »Da siehst du's. Du hast das Reden verlernt. Nun sprich mit mir. Wer hat dich gelehrt, das zu tun?«
    Ich gab mir einen Ruck. »Was zu tun?« Meine Stimme klang rauh.
    Burrichs Augen wurden schmal. Ich spürte, wie er sich bemühte, ruhig zu bleiben. »Du weißt, was ich meine. Wer hat dich gelehrt, in das Bewußtsein des Hundes einzudringen, seine Sinne zu gebrauchen, ihn deine Sinne gebrauchen zu lassen, euer Wissen zu teilen?«
    Ich grübelte über seine Worte nach. Ja, so war es gewesen. »Niemand«, antwortete ich schließlich. »Es ist einfach passiert. Wir sind viel zusammengewesen«, fügte ich hinzu, als wäre das Erklärung genug.
    Burrich musterte mich durchdringend. »Du redest nicht wie ein Kind«, meinte er plötzlich. »Doch ich habe gehört, daß es sich so verhielt mit denen, die die alte Macht besaßen. Daß sie von Anfang an nie richtige Kinder waren. Immer wußten sie zuviel, und wenn sie älter wurden, wußten sie noch mehr. Deshalb galt es in früherer Zeit nicht als Verbrechen, sie zu jagen und zu verbrennen. Begreifst du, was ich dir zu erklären versuche, Fitz?«
    Ich schüttelte den Kopf, doch als er die Stirn runzelte, überwand ich mich hinzuzufügen: »Aber ich gebe mir Mühe. Was ist die alte Macht?«
    Burrich sah mich erst ungläubig an, dann mißtrauisch.
    »Junge!« sagte er drohend, doch meine arglose Miene schien ihn davon zu überzeugen, daß ich mich nicht verstellte.
    »Die alte Macht«, begann er langsam. Sein Gesicht verdüsterte sich, und er senkte den Blick auf die Hände, als erinnerte er sich einer vergessen geglaubten Sünde. »Es ist die Macht der Bestie, genau wie die Gabe von der Linie der Könige herstammt. Zu Anfang mag es dich ein Segen dünken, denn es verleiht dir die Fähigkeit, die Sprache der Tiere zu verstehen. Aber dann ergreift es von dir Besitz und zieht dich hinunter ins Zwielicht und macht dich zu einem Tier wie alle anderen. Bis zuletzt nichts Menschliches mehr an dir ist, und du jagst und heulst den Mond an und trinkst Blut, als wäre das Rudel alles, was du je gekannt hast. Bis kein Mensch, der dich ansieht, mehr glauben wird, daß du je seinesgleichen warst.« Seine Stimme war leiser und leiser geworden, er hatte sich dem Feuer zugewandt und starrte in die züngelnden Flammen. »Man erzählt, der Verdammte nimmt schließlich auch die Gestalt des Tieres an, doch er tötet nicht mit dessen unschuldigem Hunger, sondern mit der Lust des Menschen. Töten um des Tötens willen ...
    Ist es das, was du willst, Fitz? Das edle Blut in deinen Adern ertränken im Blut der wilden Jagd? Wie ein Tier unter Tieren sein, nur um an ihrem Wissen teilzuhaben? Schlimmer noch, bedenke, was vorher kommt. Wird der Geruch von frischem Blut dich zur Raserei bringen, wird der Anblick einer Beute deinen Verstand auslöschen?« Er senkte die Stimme noch mehr, und ich konnte den tiefen Abscheu heraushören, den er empfand, als er mich fragte: »Wirst du fiebrig und schwitzend aufwachen, weil irgendwo eine

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