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Die Legende vom Weitseher 01 - Der Adept des Assassinen

Die Legende vom Weitseher 01 - Der Adept des Assassinen

Titel: Die Legende vom Weitseher 01 - Der Adept des Assassinen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
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Hündin läufig ist und dein Tierbruder es wittert? Wirst du dich mit diesem Wissen in dein Hochzeitsbett legen?«
    Eingeschüchtert saß ich neben ihm. »Ich weiß nicht«, flüsterte ich kläglich.
    Er fuhr zu mir herum. »Du weißt nicht? Ich erkläre dir, wohin das führt, und du sagst, du weißt nicht?«
    Mein Mund war trocken, und Nosy kauerte als Häufchen Elend zu meinen Füßen. »Aber ich weiß es nicht«, beharrte ich. »Wie kann ich wissen, was ich tun werde, bevor ich es getan habe? Wie kann ich entscheiden?«
    »Nun, wenn du es nicht kannst, werde ich es für dich tun!« brüllte er, und erst da merkte ich, wie sehr er sich im Zaum gehalten, und auch, wieviel er an diesem Abend getrunken hatte. »Der Hund kommt weg, und du bleibst. Du bleibst hier, in meiner Obhut, wo ich dich im Auge habe. Wenn Chivalric mich nicht bei sich haben will, ist dies das mindeste, was ich für ihn tun kann. Ich werde dafür sorgen, daß sein Sohn zu einem Mann heranwächst und nicht zu einem Zwitterwesen zwischen Mensch und Tier. Dafür werde ich sorgen, und sollte es unser beider Tod sein!«
    Er beugte sich vor, um Nosy am Genick zu packen. Wenigstens war das seine Absicht, aber der Hund und ich wichen ihm aus. Beide stürzten wir zur Tür, aber der Riegel klemmte, und bevor ich ihn zurückziehen konnte, war Burrich über uns. Nosy stieß er mit dem Fuß zur Seite, mich packte er bei der Schulter und riß mich zurück. »Komm her, Unglückshund«, befahl er, doch Nosy flüchtete zu mir. Burrich stand keuchend und mit geballten Fäusten an der Tür, und ich spürte das unterschwellige Brodeln seiner Wut, die ihn drängte, uns beide zu zerschmettern und ein Ende zu machen. Er hatte sich gleich wieder in der Gewalt, aber der kurze Blick genügte, um mir Entsetzen einzuflößen. Und als er plötzlich auf uns zusprang, stieß ich nach ihm mit der ganzen Kraft meiner Angst.
    Er stürzte so plötzlich zu Boden wie ein mitten im Flug vom Stein einer Schleuder getroffener Vogel und blieb einen Augenblick benommen sitzen. Ich hob Nosy auf und drückte ihn an die Brust. Burrich schüttelte langsam den Kopf, als wäre er naß geworden, dann erhob er sich und ragte groß und düster vor uns auf. »Es liegt ihm im Blut«, hörte ich ihn murmeln. »Von seiner Mutter Seite her, sollte mich nicht wundern. Aber er muß seine Lektion lernen.« Er sah mich an. »Laß dich warnen, Junge. Tu das niemals wieder. Niemals, hörst du? Und jetzt gib mir den Hund.«
    Er kam wieder auf uns zu, und als ich die Woge seines mühsam unterdrückten Zorns spürte, war die Furcht stärker als die Vernunft. Ich versetzte ihm wieder einen Stoß. Aber diesmal prallte meine Abwehr gegen eine Mauer und wurde zu mir zurückgeschleudert, so daß meine Beine einknickten und ich glaubte, die Besinnung zu verlieren. Burrich beugte sich über mich. »Ich habe dich gewarnt«, sagte er halblaut, und es klang wie das Knurren eines Wolfs. Dann fühlte ich zum letzten Mal, wie seine Finger sich in Nosys Nackenfell krallten. Er hob das Tier auf und trug es zur Tür. Mühelos schob er den Riegel zurück, und im nächsten Moment hörte ich den schweren Tritt seiner Stiefel die Treppe hinuntergehen.
    Nach wenigen Atemzügen hatte ich mich erholt, sprang auf und warf mich gegen die Tür. Doch Burrich hatte anscheinend irgendwie abgeschlossen, denn ich rüttelte vergeblich an dem Riegel. Ich konnte Nosy immer weniger fühlen, als Burrich sich mit ihm weiter und weiter von mir entfernte, an die Stelle seiner Gegenwart trat eine abgrundtiefe Einsamkeit. Ich winselte und heulte, kratzte an der Tür und versuchte, das Band zwischen uns aufrechtzuerhalten. Plötzlich durchzuckte ein stechender Schmerz meinen Kopf, und Nosy war fort. Als seine Hundesinne in mir völlig erloschen, schrie und weinte ich wie jeder andere Junge von sechs Jahren und hämmerte in ohnmächtiger Verzweiflung gegen die dicken Bretter.
    Stunden vergingen, bis Burrich zurückkehrte. Beim Klang seiner Schritte hob ich den Kopf von der Schwelle, wo ich erschöpft und keuchend niedergesunken war. Als ich bei seinem Eintritt versuchte, an ihm vorbeizuschlüpfen, bekam er mich am Hemdrücken zu fassen, stieß mich ins Zimmer zurück und schlug die Tür zu. Ich warf mich wortlos dagegen, nur ein Wimmern drang aus meiner Kehle. Burrich setzte sich müde hin.
    »Gib es auf, Junge«, sagte er, als wüßte er Bescheid über die verwegenen Fluchtpläne, die sich in meinem Kopf überschlugen. »Er ist fort. Endgültig fort,

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