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Die Legende vom Weitseher 01 - Der Adept des Assassinen

Die Legende vom Weitseher 01 - Der Adept des Assassinen

Titel: Die Legende vom Weitseher 01 - Der Adept des Assassinen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
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die Tür zu meinen Gemächern zu klopfen und diese Nadel vorzuzeigen. Man wird dich einlassen.«
    Ich blickte auf den roten Stein in seiner Fassung aus Silber. »Ja, Euer Majestät.«
    Ein Ausdruck von Bedauern verdunkelte seinen Blick, und ich fragte mich, was der Grund dafür sein mochte. Dann entließ er mich aus dem Bann seiner Augen, und auf einmal war ich mir wieder meiner Umgebung bewußt, der jungen Hunde, der Anwesenheit von Edel, sichtlich aus der Fassung gebracht, und des Narren, der in seiner marionettenhaften Art enthusiastisch nickte.
    Der König erhob sich. Als er sich von mir abwandte, überlief mich ein Frösteln, als wäre mir ein wärmender Umhang von den Schultern geglitten. Ich hatte zum ersten Mal die Macht der Gabe gespürt, mit höchster Meisterschaft praktiziert.
    »Du bist nicht einverstanden, Edel?« Die Frage wurde in unverbindlichem Plauderton gestellt.
    »Mein König hat das Recht zu handeln, wie es ihm beliebt.«
    König Listenreich seufzte. »Das ist keine Antwort auf meine Frage.«
    »Meine Mutter, die Königin, wird gewiß nicht einverstanden sein. Den Jungen zu protegieren erweckt den Eindruck, daß Ihr ihn anerkennt. Damit bringt man ihn auf Gedanken und manche anderen ebenfalls.«
    »Meiner Treu!« Der König lachte lautlos in sich hinein.
    Sofort schwoll Edel der Kamm. »Meine Mutter, die Königin, wird Eure Handlungsweise nicht gutheißen und alles andere als erfreut sein. Meine Mutter ...«
    »Heißt seit Jahren nichts mehr gut, was ich tue, und auch erfreut ist sie seit langem nicht mehr gewesen. Ich nehme es kaum noch zur Kenntnis, Edel. Sie wird zetern und zum wiederholten Mal verkünden, sie werde nach Farrow zurückkehren, um dort als Herzogin zu regieren und du als Herzog nach ihr. Vielleicht, wenn ihr Ärger besonders groß ist, kommt sie mir mit der alten Leier, ich solle mich vorsehen, daß Tilth und Farrow sich nicht erheben und sich zu einem selbständigen Königreich verbinden, in dem sie die Krone trägt.«
    »Und ich nach ihr!« fügte Edel trotzig hinzu.
    Listenreich nickte vor sich hin. »Ja, ich war sicher, daß sie dir einen solchen Floh ins Ohr gesetzt hat. Hör mir zu, Sohn. Sie mag Gift und Galle spucken und mit Geschirr nach den Dienstboten werfen, aber damit hat es sich auch. Denn sie weiß, daß es sich angenehmer als Königin in einem befriedeten Reich lebt, denn als Herzogin eines im Aufruhr befindlichen Landes. Und Farrow hat keine Gründe, gegen mich aufzustehen, außer solchen, die sie sich zusammenphantasiert. Ihr Ehrgeiz ist von jeher größer gewesen als ihre Intelligenz.« Er verstummte und sah Edel vielsagend an. »Bei jemandem, der herrschen will, ein höchst beklagenswerter Mangel.«
    Edel schaute zu Boden. Ich konnte die Aufwallung heißen Zorns spüren, wohlweislich unterdrückt.
    »Komm mit«, sagte der König, und Edel folgte ihm auf dem Fuße, gehorsam wie ein wohlerzogener Hund. Aber der Abschiedsblick, den er mir zuwarf, sprach Bände.
    Der alte König verließ den Saal. Ich blieb stehen und schaute ihm nach. Das Gefühl, etwas verloren zu haben, ergriff von mir Besitz. Seltsamer Mann. Bastard oder nicht, er hätte mich als Sohnessohn anerkennen und als Schuldigkeit einfordern können, was er statt dessen beschloß zu kaufen. Der blasse Narr zögerte an der Tür. Er schaute zu mir zurück und vollführte eine unverständliche Bewegung mit seinen schmalen Händen. Es konnte eine Beleidigung sein oder eine segnende Geste. Oder einfach nur die sinnlose Gebärde eines Narren. Dann lächelte er, streckte mir die Zunge heraus und beeilte sich, seinen Gebieter einzuholen.
    Ungeachtet der Versprechungen des Königs stopfte ich mir das Wams mit süßen Kuchen voll. Die Hunde und ich teilten uns die Beute im Schatten hinter den Stallungen. An ein derart reichliches Frühstück war keiner von uns gewöhnt, und ich büßte während der nächsten Stunden dafür mit hartnäckigem Magengrimmen. Die Hunde rollten sich zusammen und schliefen, aber ich fühlte mich zwischen Bangen und Erwartung hin und her gerissen. Fast hoffte ich, alles möge im Sande verlaufen, daß der König vergaß, was er zu mir gesagt hatte. Doch er vergaß es nicht.
    Spät am Abend kehrte ich schließlich in Burrichs Kammer zurück. Den ganzen Tag hatte ich mir auszumalen versucht, was das Ereignis dieses Morgens für Folgen haben könnte. Vergeudete Stunden, denn bei meinem Eintritt legte Burrich das Zaumzeug beiseite, an dem er arbeitete, und richtete seine ungeteilte

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