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Die Legende vom Weitseher 01 - Der Adept des Assassinen

Die Legende vom Weitseher 01 - Der Adept des Assassinen

Titel: Die Legende vom Weitseher 01 - Der Adept des Assassinen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
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Würfelspiel zu und lauschte ihren Geschichten, aber für jede Stunde, die ich in ihrer Gesellschaft verbrachte, gab es Tage, an denen ich nicht zu ihnen ging. Und obwohl Burrich mir den Aufenthalt im Mannschaftsquartier nicht ausdrücklich verbot, machte er doch keinen Hehl daraus, daß er meinen Umgang nicht billigte.
    So war ich ein Mitglied der Gemeinschaft in der Burg und doch ein Außenseiter. Um manche Leute machte ich einen Bogen, zu anderen fühlte ich mich hingezogen, von einigen nahm ich Befehle entgegen. Doch mit niemandem fühlte ich mich wirklich verbunden.
    Dann, eines Morgens, ich war nicht ganz zehn Jahre alt, trieb ich mich unter den langen Tischen im Großen Saal mit den Hunden herum. Es war noch ziemlich früh. Am Tag zuvor hatte es aus irgendeinem Anlaß ein Fest gegeben, und erst weit nach Mitternacht war in der Burg Ruhe eingekehrt. Burrich hatte sich sinnlos betrunken. So gut wie jeder, ob von hohem oder niederem Stand, lag noch im Bett, und in der Küche hatte sich kaum etwas finden lassen, um meinen Hunger zu stillen. Aber die Festtafel im Großen Saal war eine reiche Fundgrube zerkrümelter Pasteten und angeschnittener Braten. Dazwischen fanden sich Schalen mit Äpfeln, Käseviertel, kurz, alles, was ein knurrender Magen sich nur wünschen konnte. Die großen Hunde hatten sich mit den besten Knochen in ihre Schlupfwinkel zurückgezogen, während die jungen sich um die Reste balgten. Ich hatte mich mit einer noch ansehnlichen Fleischpastete unter den Tisch verzogen und teilte sie brüderlich mit meinen drei Lieblingen unter den Welpen. Seit der Sache mit Nosy achtete ich darauf, daß Burrich keinen Grund hatte, mich zu verdächtigen, ich könnte mir wieder unter den jungen Hunden einen Gefährten suchen. Ich verstand immer noch nicht, welchen unverzeihlichen Verbrechens ich mich schuldig gemacht haben sollte, aber ich wollte nicht einen der kleinen Kerle in Gefahr bringen, indem ich mich gegen Burrich auflehnte. Also fütterte ich abwechselnd drei Welpen mit Pastetenstückchen, als ich langsame Schritte hörte, die auf dem mit Binsen ausgestreuten Boden raschelnd näher kamen. Zwei Männer unterhielten sich mit gedämpfter Stimme.
    Ich dachte, es wären die Küchenhelfer, die kamen, um Ordnung zu scharfen, deshalb kroch ich unter dem Tisch hervor, um mir noch ein paar schmackhafte Bissen zu sichern, bevor abgeräumt wurde.
    Doch es war kein Dienstbote, der bei meinem plötzlichen Auftauchen erschrak, sondern der alte König, mein leiblicher Großvater. An seiner Seite, einen halben Schritt zurück, ging Edel. Seine verquollenen Augen und das zerknitterte Wams zeugten von seiner ausschweifenden Teilnahme an dem Gelage. Des Königs Narr, erst kürzlich an den Hof gekommen, trippelte hinter ihnen drein, kugelrunde Augen in einem porzellanweißen Gesicht. Er war ein derart kurioses Geschöpf mit seiner kreidigen Haut und dem schwarz-weißen Flickengewand, daß ich ihn kaum genauer zu betrachten wagte. König Listenreich hingegen hatte klare Augen, Haar und Bart waren frisch gekämmt, seine Kleidung untadelig. Nach der ersten Überraschung bemerkte er: »Du siehst, Edel, es ist, wie ich dir gesagt habe. Eine Gelegenheit bietet sich, und jemand ergreift sie; oft ein junger Mensch oder jemand, der von der Energie und den Begierden der Jugend erfüllt ist. Der Regierende hat nicht das Recht, solche Gelegenheiten zu ignorieren oder ihre Nutznießung anderen zu überlassen.« Der König verbreitete sich im Weiterschlendern über dieses Thema, während Edel mir aus blutunterlaufenen Augen einen grämlichen Blick zuwarf. Ein ungnädiger Wink seiner Hand bedeutete mir, mich hinwegzuheben. Ich nickte, um zu zeigen, daß ich verstanden hatte, doch vorher huschte ich noch einmal zum Tisch. Gerade hatte ich mir zwei Äpfel ins Wams gesteckt und griff nach einer so gut wie unversehrten Stachelbeertorte, als der König sich plötzlich herumdrehte und mit der ausgestreckten Hand auf mich deutete. Sein Narr ahmte die Geste nach. Ich erstarrte.
    »Schau ihn dir an«, befahl der alte König.
    Edel musterte mich finster, aber ich wagte nicht, mich zu rühren.
    »Was kannst du mir über ihn sagen?«
    Edel wirkte verblüfft. »Über ihn? Er ist der Bastard. Chivalrics Bankert. Lungert herum, wo er nichts zu suchen hat, wie üblich.«
    »Dummkopf.« König Listenreich lächelte, aber seine Augen blieben hart. Der Narr, der sich angesprochen glaubte, zauberte ebenfalls ein Lächeln auf sein Gesicht. »Bist du nicht

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