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Die Legende vom Weitseher 01 - Der Adept des Assassinen

Die Legende vom Weitseher 01 - Der Adept des Assassinen

Titel: Die Legende vom Weitseher 01 - Der Adept des Assassinen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
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und sagen, wir brauchen mehr Schiffe, Kriegsschiffe, um Gleiches mit Gleichem zu vergelten. Aber die Inlandprovinzen weigern sich, eine Flotte zu finanzieren, erst recht nicht von Schlachtschiffen, mit denen wir uns womöglich in einen ausgewachsenen Seekrieg hineinmanövrieren. Und die Bergvölker werden immer zurückhaltender, was die Benutzung ihrer Pässe angeht. Die Wegezölle steigen jeden Monat, zur wachsenden Unzufriedenheit der Kaufleute. Im Süden, in Sandsedge und den Gegenden dahinter, herrscht Dürre, und die Zeiten sind hart. Man flucht, als wären der König und Veritas auch dafür verantwortlich. Veritas ist ein feiner Kumpan beim Wein, doch weder als Soldat noch als Diplomat reicht er an Chivalric heran. Er jagt lieber Schneeziegen oder lauscht am Kamin einem fahrenden Sänger, statt im Winter auf verschneiten Straßen unterwegs zu sein, nur um die Verbindung mit den anderen Provinzen aufrechtzuerhalten. Früher oder später, falls sich nichts ändert, werden die Leute sich umsehen und sagen: ›Nun, so ein Bastard ist doch genaugenommen kein Grund, um sich aufzuregen. Chivalric hätte an die Macht kommen sollen, er würde all dem ein Ende machen. Er mag etwas steif und förmlich gewesen sein, aber wenigstens hielt er die Zügel fest in der Hand und ließ nicht zu, daß Fremde uns auf der Nase herumtanzen.‹«
    »Dann könnte Chivalric immer noch König werden?« Ich verspürte ein merkwürdiges Prickeln in der Magengegend. Vor meinem inneren Auge sah ich seine triumphale Rückkehr nach Bocksburg, unsere erste Begegnung und ... was dann?
    Chade schien in meinem Gesicht lesen zu können. »Nein, Junge. Nicht sehr wahrscheinlich. Selbst wenn das Volk ihn haben wollte, bezweifle ich, daß er gegen seinen einmal gefaßten Entschluß handeln würde oder gegen den Wunsch des Königs. Doch es gäbe Gerede und Gemurmel, und das könnte zu Aufruhr und Revolten führen und zu einem allgemeinen ungesunden Klima für einen frei vagabundierenden Bastard. Man müßte dich auf die eine oder andere Art unschädlich machen. Entweder endest du als Leichnam oder als des Königs Werkzeug.«
    »Des Königs Werkzeug. Ich verstehe.« Hoffnungslosigkeit übermannte mich. Die kurze Vision von einem blauen Himmel, der sich über mir wölbte, während ich auf Rußflocke wohlgemut über gelbe Straßen trabte, löste sich plötzlich in Luft auf. Statt dessen dachte ich an die Hunde in den Zwingern oder an den Falken mit Haube und Fessel, der auf der Faust des Königs saß und nur eine kurze Freiheit kannte, um sein Gebot zu tun.
    »So schlimm ist es nicht«, meinte Chade begütigend. »Die meisten Menschen leben in einem selbstgeschaffenen Gefängnis. Genauso schafft man sich auch seine eigene Freiheit.«
    »Ich werde niemals irgendwohin gehen, oder?« Trotz der Neuheit der Vorstellung bekam das Reisen plötzlich eine immense Bedeutung für mich.
    »Das würde ich nicht sagen.« Chade suchte nach etwas, das sich als Deckel für die Schale mit den Samenkörnern verwenden ließ. Schließlich behalf er sich mit einer Untertasse. »Du wirst viele Orte besuchen. In aller Stille und wenn das Familieninteresse es erfordert. Aber einem Prinzen von Geblüt ergeht es nicht besser. Glaubst du, Chivalric hätte sich die Orte für seine diplomatischen Missionen ausgesucht? Glaubst du, Veritas gefällt es, Dörfer besichtigen zu müssen, die von Outislandern gebrandschatzt wurden, und sich die Beschwerden der Bürger anzuhören, die ihm vorwerfen, daß das alles nicht geschehen wäre, wenn bessere Schutzvorkehrungen getroffen oder mehr Soldaten geschickt worden wären? Ein echter Prinz ist ein Sklave, wenn es sich darum handelt, wohin er geht oder wie er seine Zeit verbringt. Chivalric genießt vermutlich jetzt mehr Freiheit als je zuvor.«
    »Nur, daß er nicht nach Bocksburg zurückkommen kann?«
    »Nur, daß er nicht nach Bocksburg zurückkommen kann. Es wäre unklug, dem Volk den früheren König-zur-Rechten in Erinnerung zu rufen. Besser, wenn er ohne großes Aufhebens in der Versenkung verschwindet.«
    Ich warf die aufgesammelten Scherben in den Kamin. »Wenigstens kann er sonst reisen, wohin er will. Ich darf nicht einmal in die Stadt hinunter ...«
    »Und das ist dir wichtig? Dich in einem schäbigen kleinen Kaff wie Burgstadt herumzutreiben?«
    »Da sind andere ...« Ich zögerte. Nicht einmal Chade wußte von meinen Freunden im Ort. »Da sind Gleichaltrige. Für sie bin ich einfach der Neue. Und sie denken nicht ›Bastard‹,

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