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Die Legende vom Weitseher 01 - Der Adept des Assassinen

Die Legende vom Weitseher 01 - Der Adept des Assassinen

Titel: Die Legende vom Weitseher 01 - Der Adept des Assassinen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
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und für andere Schwächlinge wie sie. Die Sklaven der Scholle priesen nicht El für seine brausenden Winde und seine günstigen Strömungen, statt dessen verneigten sie sich vor Eda, der Patronin all jener, die säen und pflanzen und das Vieh hüten. Also segnete Eda ihre schwachen Anhänger mit reichen Ernten und machte die Tiere fruchtbar. El war darob nicht erfreut, doch er beachtete diese Abtrünnigen nicht, denn er hatte immer noch das kühne Volk der Schiffe und der Wogen. Sie priesen ihn und fluchten bei ihm, und um sie auf seinem Prüfstein zu härten, sandte er ihnen Stürme und kalte Winde.
    Doch im Lauf der Zeit wurden Els Getreue immer weniger. Das weiche Volk der Ackerflur verführte die Seefahrer und gebar ihnen Kinder, die nur dazu taugten, in der Erde zu graben. Und das Volk verließ die unwirtlichen Küsten und frostigen Weiden und zog nach Süden in das sonnenverwöhnte Land der Reben und Kornfelder. Jedes Jahr kehrten weniger und weniger zurück, um die Wellen zu pflügen und den Fisch zu ernten, den El ihnen geschenkt hatte. Immer seltener vernahm El seinen Namen von den Lippen seiner Auserwählten, sei es als Fluch oder Segensspruch. Bis schließlich ein Tag kam, da nur noch einer übrig war, der Els Namen im Munde führte: ein zahnloser Greis. Seine Segenssprüche und Flüche waren kraftlos und mehr eine Kränkung als eine Freude für El, der gebrechliche alte Männer verachtete.
    Es kam ein Sturm, der für den alten Mann in seinem kleinen Boot das Ende hätte sein sollen. Doch als die eisigen Wellen sich über ihm schlossen, klammerte er sich an das treibende Wrack und wagte, zu El um Gnade zu schreien, obwohl jedermann weiß, daß er kein Erbarmen kennt. So erzürnt war El ob dieser Blasphemie, daß er den alten Mann nicht in sein Reich aufnehmen wollte, sondern ihn ans Ufer warf und mit einem Fluch belegte: weder solle er je wieder das Meer befahren, noch solle je der Tod ihn erlösen. Und als er aus den salzigen Fluten kroch, waren sein Gesicht und sein Körper von Wundmalen gezeichnet, als hätten Muscheln an seiner Haut gehaftet, und er erhob sich mühsam und wanderte in die warmen Länder. Wo er hinkam, begegneten ihm nur verweichlichte Diener der Scholle. Er warnte sie vor ihrer Torheit und daß El ein neues und kühneres Volk erwählen werde und diesem gebe, was sie verschmähten. Aber die Menschen hörten nicht auf ihn, so bequem und satt waren sie geworden. Doch auf seinen Wegen folgte dem Gezeichneten die Seuche nach, die Pocken, die nicht fragen, ob einer stark oder schwach ist, abgehärtet oder verweichlicht, sondern jeden verderben, den sie berühren. Und so war es recht, denn man weiß, daß die Pocken mit dem giftigen Staub aufsteigen und beim Aufbrechen der Erde vom Wind über das Land getragen werden.
    So berichtete die Sage, und deshalb ist der Narbenmann der Bote von Tod und Krankheit geworden und eine Mahnung für all jene, die ein üppiges, müßiges Leben führen, weil ihre Felder reichen Ertrag bringen.
     
    Die Ereignisse in Ingot überschatteten Veritas' Rückkehr nach Bocksburg. Pragmatisch bis zum äußersten, war er aufgebrochen, sobald sich zwischen Kelvar und Shemshy eine Einigung, Ödholm betreffend, abzeichnete. Wie sich herausstellte, hatten er und seine Leibgarde Seewacht schon verlassen, bevor Chade und ich im Wirtshaus eintrafen. Was Wunder, daß die Rückreise ziemlich trostlos verlief. Am Tag und abends an den Lagerfeuern drehten sich alle Gespräche um Ingot, und selbst innerhalb unserer Karawane gebar eine Geschichte die nächste, und von Mal zu Mal wurden sie farbenprächtiger.
    Ich hatte unter Chade zu leiden, der wieder in seine Rolle als alte Vettel geschlüpft war. Ich mußte ›Lady Quendel‹ von hinten und vorn bedienen, bis endlich in Bocksburg ihre Kammerzofen herbeigeeilt kamen, um sie in ihre Gemächer zu geleiten. Sie wohnte im Frauentrakt der Burg, doch obwohl ich mich in den nächsten Tagen bemühte, soviel wie möglich über sie in Erfahrung zu bringen, hörte ich nichts weiter, außer, daß sie sehr zurückgezogen lebte und schwierig war. Wie Chade die Figur der Lady Quendel erschaffen hatte und mit welchen Kunstgriffen er ihre fiktive Existenz aufrechterhielt, habe ich nie ganz herausgefunden.
    In Bocksburg schien während unserer Abwesenheit so viel Neues vorgefallen zu sein, daß es mir vorkam, als wären wir zehn Jahre weggewesen und nicht bloß einige Wochen. Nicht einmal das Drama von Ingot vermochte die Kunde von Lady Grazias

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