Die Legende vom Weitseher 02 - Des Königs Meuchelmörder
Wirklichkeit standhält. Vielleicht solltest du dich zurückziehen. Sagen wir für ein Jahr. Und wenn deine Gefühle sich bis dahin nicht geändert haben, nun…«
»Meine Gefühle werden sich nicht ändern.«
»Ihre auch nicht, befürchte ich.« Philia schüttelte traurig den Kopf. »Sie liebt dich, Fitz. Ohne zu ahnen, wer du warst, schenkt sie dir ihr Herz. Das weiß ich aus ihrem eigenen Mund. Ich will nicht ausplaudern, was sie mir anvertraut hat, aber wenn du tust, worum sie dich bittet, und dich von ihr fernhältst, kann sie es dir nie selber sagen. Deshalb werde ich sprechen, und ich hoffe, du gibst mir nicht die Schuld an dem Schmerz, den ich dir bereiten muß. Sie weiß, daß es für euch keine Zukunft gibt. Sie möchte nicht die Dienstmagd sein, die einen Prinzen heiratet. Sie möchte nicht, daß ihre Kinder die Söhne und Töchter einer Dienstmagd sind. Also legt sie das Wenige beiseite, das ich ihr als Lohn zahlen kann. Sie kauft ihr Wachs und ihre Duftessenzen und arbeitet in ihrem Handwerk, so gut es gehen will. Ihr ganzes Streben ist darauf gerichtet, eine Summe zu sparen, die es ihr ermöglicht, neu anzufangen, mit einer eigenen Kerzenzieherei. Es wird seine Zeit dauern, aber das ist ihr Ziel.« Philia machte eine Pause. »In diesem Leben, das sie plant, ist kein Platz für dich.«
Lange saß ich schweigend da und dachte nach. Weder Lacey noch Philia sprachen. Lacey bewegte sich bedächtig durch die Stille und brühte Tee auf. Als sie mir einen Becher in die Hand drückte, hob ich den Blick und bemühte mich zu lächeln. Ich stellte den Becher vorsichtig zu Seite. »Wußtet Ihr von Anfang an, daß es dazu kommen würde?« fragte ich.
»Es war meine Befürchtung«, antwortete Philia ernst. »Eine schmerzliche Befürchtung, weil ich wußte, ich konnte nichts daran ändern. Und du kannst es auch nicht.«
Was sollte ich sagen? Unter der alten Kate, in einer flachen Mulde, döste Nachtauge, die Nase auf einem Knochen. Ich berührte ihn sacht, ohne ihn zu wecken. Sein ruhiges Atmen war ein Anker, an dem ich Halt fand.
»Fitz, was wirst du tun?«
Tränen brannten mir in den Augen. Ich blinzelte, und es ging vorüber. »Was man mir sagt. Wann hätte ich je etwas anderes getan?«
Philia schwieg, als ich langsam aufstand. Die Wunde an meinem Hals pochte, und ich hatte plötzlich nur noch den Wunsch zu schlafen. Sie nickte, als ich mich verabschiedete. An der Tür blieb ich noch einmal stehen. »Weshalb ich heute abend gekommen bin. Außer, um Euch zu besuchen. Königin Kettricken wird den Garten oben auf dem Turm wieder herrichten. Sie würde gerne wissen, wie der Garten ursprünglich angelegt war. In den Tagen von Königin Constance. Ich dachte, vielleicht könntet Ihr helfen.«
Philia zögerte. »Ich erinnere mich sehr gut daran, wie er ausgesehen hat.« Sie schwieg einen Moment, dann hellte ihre Miene sich auf. »Ich werde eine Zeichnung machen und dir alles erklären. Dann kannst du damit zur Königin gehen.«
Ich sah ihr in die Augen. »Ich denke, Ihr solltet zu ihr gehen. Sie wäre hocherfreut.«
»Fitz, ich habe nie gut mit Menschen umgehen können.« Ihre Stimme klang verzagt. »Ich bin überzeugt, sie fände mich wunderlich. Langweilig. Ich kann nicht…« Sie verstummte unglücklich.
»Königin Kettricken ist sehr allein«, sagte ich bestimmt. »Ihre Frauen sind um sie, aber ich glaube nicht, daß sie eine wirkliche Freundin hat. Einst wart Ihr Königin-zur-Rechten. Wißt Ihr nicht mehr, wie es war?«
»Sehr viel anders als für sie heute, nehme ich an.«
»Wahrscheinlich«, stimmte ich zu und wandte mich zum Gehen. »Zum einen hattet Ihr einen aufmerksamen und liebevollen Gatten.« Hinter mir stieß Philia einen bestürzten Laut aus. »Zum anderen glaube ich nicht, daß Prinz Edel damals schon so – klug war, wie er jetzt ist. Und Ihr hattet Lacey als Vertraute und Beschützerin. Ja, Prinzessin Philia, ich bin sicher, es ist ganz anders für sie. Erheblich schwerer.«
»FitzChivalric!«
Meine Hand lag auf der Klinke. »Ja, Hoheit?«
»Dreh dich um, wenn ich mit dir spreche.«
Langsam folgte ich der Aufforderung oder dem Befehl, und sie stampfte tatsächlich mit dem Fuß auf. »Was erdreistest du dich! Du willst mich ins Unrecht setzen! Glaubst du, daß ich nicht weiß, was meine Pflicht ist?«
»Mylady?«
»Morgen werde ich zu ihr gehen. Und sie wird denken, daß ich merkwürdig bin und linkisch und verwirrt. Sie wird sich langweilen und wünschen, ich wäre nicht gekommen. Und
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