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Die Legende vom Weitseher 02 - Des Königs Meuchelmörder

Die Legende vom Weitseher 02 - Des Königs Meuchelmörder

Titel: Die Legende vom Weitseher 02 - Des Königs Meuchelmörder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
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ab… Ich weiß nicht, was sich verändert hat. Ich weiß nicht, was zwischen uns getreten ist.«
    »Die Wirklichkeit.« Plötzlich sah sie sehr zerbrechlich aus. »Die Wirklichkeit ist zwischen uns getreten. FitzChivalric (wie fremd der Name von ihren Lippen), ich habe Zeit gehabt, nachzudenken. Wärst du wie jetzt zu mir gekommen, vor einer Woche, vor einem Monat, keck und lächelnd, ich hätte mich erobern lassen.« Sie gestattete sich den Schatten eines wehmütigen Lächelns. Als erinnerte sie sich an das frohe Spiel eines nun im Grabe liegenden Kindes, an einem lange zurückliegenden Sommertag. »Aber du kamst nicht. Du hast getan, was recht und schicklich war, und so dumm es sich anhört, ich fühlte mich verletzt. Ich sagte mir, wenn deine Liebe so groß wäre, wie du mir geschworen hattest, würde dich nichts, weder Mauern noch Anstand oder Hofetikette, davon abhalten können, mich zu sehen. Die Nacht, als du kamst, als wir… aber nichts änderte sich. Du kamst nicht wieder.«
    »Aber nur deinetwegen nicht, um deinen guten Ruf…« begann ich verzweifelt.
    »Laß mich ausreden. Ich habe dir gesagt, es war dumm. Aber Gefühle sind nicht immer klug. Gefühle sind einfach da. Daß du mich liebst, ist nicht klug; daß ich dich wiederliebte, auch nicht. Ich habe das erkannt. Und ich habe eingesehen, daß die Gefühle sich dem Verstand unterordnen müssen.« Sie seufzte. »Ich war so zornig, als dein Onkel das erste Mal mit mir redete. So wütend. Er brachte mich soweit, daß ich felsenfest entschlossen war hierzubleiben, trotz aller Dinge, die zwischen uns standen. Aber ich bin kein Felsen. Und selbst wenn, auch Stein wird von dem steten Tropfen der Vernunft ausgehöhlt.«
    »Mein Onkel? Der Prinz?« Diese Hinterlist war unglaublich.
    Sie nickte langsam. »Er wollte, daß sein Besuch geheim bleiben sollte. Was würde es nützen, sagte er, wenn du davon erführest. Er müsse im Interesse seine Familie handeln, und ich solle versuchen, dafür Verständnis aufzubringen. Ich tat es, aber in mir bäumte sich alles auf. Erst mit der Zeit brachte er mich zu der Einsicht, daß es auch für mich das beste war, vernünftig zu sein.« Sie wischte sich mit dem Handrücken über die Wange. Tatsächlich, sie weinte. Lautlos, nur die Tränen liefen, während sie redete.
    Ich ging zu ihr hin und nahm sie in die Arme, behutsam, als wäre sie ein Schmetterling, den man fürchten mußte zu zerdrücken. Sie wehrte sich nicht, wie ich eigentlich erwartet hatte, sondern neigte den Kopf nach vorn, bis ihre Stirn an meiner Schulter lag, und sprach in mein Hemd hinein. »Noch ein paar Monate, und ich habe so viel Geld, daß ich wieder auf eigenen Füßen stehen kann. Nicht mit einem Geschäft, aber ich will mir irgendwo eine Kammer und eine Arbeit suchen. Und anfangen, für einen Laden zu sparen. Das sind meine Zukunftspläne. Prinzessin Philia ist herzensgut, und in Lacey habe ich eine wirkliche Freundin gefunden, aber ich bin nicht gerne eine Dienstmagd. Und ich werde es nicht länger sein als unbedingt nötig.« Sie schwieg und verharrte regungslos in meiner Umarmung. Ich konnte fühlen, daß sie zitterte, wie vor Erschöpfung.
    »Was hat mein Onkel zu dir gesagt?« erkundigte ich mich vorsichtig.
    »Oh.« Sie schluckte und bewegte ihr Gesicht an meiner Schulter hin und her; ich glaube, sie wischte ihre Tränen in mein Hemd. »Was man erwarten kann, denke ich. Bei seinem ersten Besuch war er kalt und herablassend. Ich glaube, er hielt mich für eine – Straßenhure. Er drohte, der König werde keinen Skandal dulden, und wollte wissen, ob ich schwanger wäre. Natürlich war ich empört. Ich antwortete ihm, es könne unmöglich der Fall sein, wir hätten nie…« Molly verstummte, und ich ahnte, wie sehr es sie in ihrem Stolz verletzt hatte, daß jemand auch nur eine solche Frage stellte. »Darauf meinte er, wenn es an dem wäre, wäre es gut. Er fragte, was ich glaubte, das mir zustünde, als Entschädigung für deine Täuschungen.«
    Das Wort traf mich wie ein Dolchstoß in den Leib. Mein Zorn wuchs, doch ich beherrschte mich. Ich wollte alles hören.
    »Ich sagte ihm, ich erwartete keine Entschädigung. Daß im Grunde genommen ich selbst mir etwas vorgemacht hätte. Trotzdem bot er mir Geld an. Ich sollte fortgehen und dich vergessen. Und alles, was zwischen uns gewesen war.«
    Es fiel ihr schwer, weiterzusprechen. Mit jedem Satz wurde ihre Stimme höher, angespannter; ich hörte förmlich, wie sie sich bemühte, äußerlich ruhig

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