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Die Legende vom Weitseher 02 - Des Königs Meuchelmörder

Die Legende vom Weitseher 02 - Des Königs Meuchelmörder

Titel: Die Legende vom Weitseher 02 - Des Königs Meuchelmörder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
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das Vertrauen zu König Listenreich verloren. Doch Kettricken hat sich Verbündete unter ihnen geschaffen. Ich muß an den Fäden ziehen, die sie gesponnen hat, und sehen, was sich arrangieren läßt. Wenigstens können wir dafür sorgen, daß sie nicht greifbar sind, um als Druckmittel gegen Veritas eingesetzt zu werden, wenn er zurückkehrt, um seinen Thron zu fordern.«
    »Falls er zurückkehrt«, meinte ich pessimistisch. »Wenn. Und die Uralten werden bei ihm sein.«
    Chade warf mir einen mißbilligenden Blick zu. »Gib dir Mühe, an irgend etwas zu glauben, Junge. Mir zuliebe.«
     
    Zweifellos war die Zeit, die ich unter Galens Tyrannis verbrachte, der schlimmste Abschnitt meines Lebens in Bocksburg. Aber die Woche, die jenem Gespräch mit Chade folgte, kommt gleich danach. Wir waren ein Ameisenhaufen, der auseinandergetreten wurde. Wohin ich in der Burg meinen Schritt auch lenkte, überall wurde ich daran erinnert, daß die Grundfesten meines Lebens zerstört waren. Nichts würde je wieder sein wie zuvor.
    Wir erlebten einen großen Zustrom von Besuchern aus den Inlandprovinzen, die anreisten, um dabei zu sein, wenn Edel zum König-zur-Rechten ernannt wurde. Wären unsere Stallungen nicht bereits so leer gewesen, hätten Burrich und Flink Mühe gehabt, all die fremden Pferde unterzubringen und zu versorgen. Man gewann den Eindruck, daß die Inländer allgegenwärtig waren, hochgewachsene, hellhaarige Farrower und vierschrötige Bauern und Viehzüchter aus Tilth. Sie waren ein lebhafter Kontrast zu den ernsten Bocksburgern mit ihrem zum Zeichen der Trauer gestutzten Haar. Es gab nicht wenige Zusammenstöße. Das Murren aus Burgstadt erreichte uns in der Form von Witzen, die die Invasion der Inländer mit den Raubzügen der Outislander verglichen. Der Humor hatte einen bitteren Beigeschmack.
    Auch ganz ohne die Unterstützung der Outislander nahm die Plünderung von Bocksburg in großem Stil ihren Fortgang. Zimmer wurden schamlos leergeräumt. Wandbehänge und Teppiche, Möbel und Werkzeug, Vorräte aller Art wurden auf Lastkähne verladen und flußaufwärts nach Burg Fierant gebracht, immer ›zur Sicherheit‹ oder ›zur Bequemlichkeit Seiner Majestät‹. Mistress Hurtig war mit ihrer Weisheit am Ende – wie so viele Gäste unterbringen, wenn das halbe Mobiliar herausgetragen wurde. An manchen Tagen schien es, als sei Edel entschlossen, dafür zu sorgen, daß alles, was er nicht mitnehmen konnte, aufgezehrt wurde, bevor er Bocksburg den Rücken kehrte.
    Zur selben Zeit scheute er keine Ausgaben, um sicherzugehen, daß eine Krönung zum König-zur-Rechten mit soviel Zeremoniell und # Orrip # über die Bühne ging wie nur möglich. Ich konnte nicht begreifen, weshalb er sich diese Mühe machte. Nach meiner Meinung plante Edel, vier der Sechs Provinzen ihrem Schicksal zu überlassen. Doch wie der Narr mich einmal gewarnt hatte, war es sinnlos, Edels Weizen mit meinem Scheffel messen zu wollen. Wir hatten keine gemeinsamen Maßstäbe. Vielleicht war sein Beharren darauf, daß die Herzöge von Bearns und Rippon und Shoaks kommen sollten, um Zeuge zu sein, wie er sich Veritas’ Krone aufs Haupt setzte, eine subtile Form der Rache, die ich nicht verstand. Jedenfalls schien ihn nicht zu kümmern, was es für sie bedeutete, diese Reise anzutreten, während ihre Küsten von den Korsaren verheert wurden. Ich war nicht überrascht, daß sie als die letzten eintrafen und sich dann unverhohlen bestürzt über die Ausplünderung von Bocksburg zeigten. Man hatte es nicht für nötig gehalten, sie von Edels Plan, den Hofstaat nach Burg Fierant zu verlegen, in Kenntnis zu setzen; sie wußten es nur vom Hörensagen.
    Doch lange bevor die Gäste von der Küste eintrafen, während ich mich noch mit dem größeren, allgemeinen Chaos abfinden mußte, begann auch der Rest meines Lebens in Trümmer zu fallen. Serene und Justin begannen mich zu verfolgen. Ich war mir ihrer Gegenwart bewußt, im Fleisch oder auch im Geist, wenn sie an den Rändern meines Bewußtseins wie hungrige Vögel nach entschlüpften Gedanken pickten, nach jedem flüchtigen Tagtraum und jedem unbewachten Augenblick meines Lebens. Das allein war schlimm genug. Doch ich sah in ihnen jetzt auch die Ablenkung, das Störmanöver, um zu verhindern, daß ich mir Wills subtilerer Manipulationen bewußt wurde. Deshalb verstärkte ich meine Barrieren, obwohl ich wußte, daß ich damit vermutlich auch Veritas aussperrte. Ich befürchtete, daß sie genau das zu erreichen

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