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Die Legende vom Weitseher 02 - Des Königs Meuchelmörder

Die Legende vom Weitseher 02 - Des Königs Meuchelmörder

Titel: Die Legende vom Weitseher 02 - Des Königs Meuchelmörder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
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hatte, um erst ihre Fassung wiederzugewinnen.
    »Dann kehrt ihr wahrscheinlich nach Weidenhag zurück?« In meinem Kopf jagten sich die Gedanken. Ich war davon ausgegangen, daß Edel den gesamten Hofstaat nach Burg Fierant verlegen wollte. Jetzt fragte ich mich, wen man noch hier zurückzulassen gedachte. Mich selbst setzte ich ganz oben auf die Liste. Burrich. Chade. Den Narren? Vielleicht gebärdete er sich aus diesem Grund neuerdings wie Edels Schoßhund. Damit man ihm gestattete, den König nach Fierant zu begleiten.
    Merkwürdig, daß mir nie der Gedanke gekommen war, daß der König und Kettricken nicht nur aus Chades Reichweite entfernt werden sollten, sondern auch aus meiner. Edel hatte seinen Befehl, daß ich Bocksburg nicht verlassen durfte, erneuert. Ich hatte Kettricken nicht in eine unangenehme Lage bringen wollen, indem ich sie bat, ihn aufzuheben. Schließlich hatte ich Chade versprochen, keine Wellen zu machen.
    »Ich kann nicht nach Weidenhag zurück. August ist jetzt dort der Herr, des Königs Neffe. Er, der vor seinem Unfall Junktor der Kordiale war. Er hegt keine Sympathie für mich, und ich habe nicht das Recht zu verlangen, daß er mich dort wohnen läßt. Nein. Wir bleiben hier und machen das Beste daraus.«
    Ich suchte fieberhaft nach etwas Tröstlichem. »Ich habe noch mein Bett. Burrich wird mir helfen, es herzubringen. Für Lacey.«
    Lacey schüttelte den Kopf. »Ich habe mir eine Pritsche zurechtgemacht, und das genügt mir. Behalte dein Bett. Es dir wegzunehmen, wagen sie vielleicht nicht. Wenn es hier unten stünde, würden sie morgen kommen, um es zu holen.«
    »Sagt König Listenreich gar nichts zu den Vorgängen in letzter Zeit?« fragte Philia mich traurig.
    »Ich weiß nicht. Wer zu ihm will, wird an der Tür abgewiesen. Edel meinte, er sei zu krank, um Besuch zu empfangen.«
    »Ich dachte, daß er vielleicht nur mich nicht sehen wollte. Der arme Mann. Zwei Söhne zu verlieren und sein Königreich in solcher Bedrängnis sehen zu müssen. Sag mir, wie geht es Königin Kettricken? Ich habe noch keine Gelegenheit gehabt, sie zu besuchen.«
    »Gut, als ich sie das letztemal gesehen habe. In Trauer um ihren Gemahl natürlich, aber…«
    »Dann hat sie bei dem Sturz keinen Schaden genommen? Ich fürchtete, sie könnte eine Fehlgeburt erleiden.« Philia wandte sich zur Seite und richtete den Blick auf eine Wand, an der ein heller Fleck das Fehlen eines vertrauten Gobelins verriet. »Um die Wahrheit zu sagen, ich war zu feige, selbst zu ihr zu gehen. Ich weiß, was es heißt, ein Kind zu verlieren, bevor man es in den Armen halten durfte.«
    »Ihr Sturz?« fragte ich blöde.
    »Hast du nichts davon gehört? Auf dieser schrecklichen Treppe, die zum Garten hinaufführt. Es hieß, einige Statuen wären weggeholt worden, und sie ist hinaufgestiegen, um sich davon zu überzeugen. Auf dem Weg nach unten ist sie ausgerutscht und gefallen. Mit dem Rücken auf die Kanten der Stufen.«
    Danach konnte ich mich nicht mehr auf das konzentrieren, was Philia erzählte. Hauptsächlich ging es um das Fleddern der Bibliothek, wovon ich ohnehin am liebsten gar nichts wissen wollte. Bei der erstbesten Gelegenheit entschuldigte ich mich und versprach den beiden Frauen, ihnen schnellstmöglich Nachricht zu bringen, wie es um die Königin bestellt war.
    An Kettrickens Tür wurde ich abgewiesen. Mehrere ihrer Frauen beruhigten mich im Chor, keine Angst, kein Grund zur Sorge, es ginge ihr gut, aber sie brauchte Ruhe und oh, wie furchtbar das Ganze, was alles hätte passieren können… Ich hielt lange genug aus, um sicher sein zu können, daß keine Fehlgeburt zu befürchten war, dann ergriff ich die Flucht.
    Aber ich ging nicht zu Philia zurück. Nicht gleich. Vielmehr stieg ich langsam die Treppe zum Garten der Königin empor. Ich hatte eine Lampe bei mir und paßte auf, wohin ich den Fuß setzte. Auf der Dachterrasse fand ich die Dinge so vor, wie ich befürchtet hatte. Die kleineren und wertvolleren der Statuen waren entfernt worden, nur ihr Gewicht hatte die größeren Stücke davor bewahrt, ebenfalls weggeschleppt zu werden. Die fehlenden Figuren zerstörten die sorgsame Ausgewogenheit von Kettrickens Gestaltung und verstärkten die Tristesse des winterlichen Gartens. Sorgfältig schloß ich die Tür hinter mir und ging die Stufen hinunter. Langsam. Eine nach der anderen. Auf der neunten Stufe wurde ich fündig, und zwar machte ich die Entdeckung um ein Haar auf die gleiche Weise wie Kettricken, aber ich

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