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Die Legende vom Weitseher 02 - Des Königs Meuchelmörder

Die Legende vom Weitseher 02 - Des Königs Meuchelmörder

Titel: Die Legende vom Weitseher 02 - Des Königs Meuchelmörder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
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daß ich über die alte Macht verfügte, und in dem Mädchen aus Guthaven eine glaubwürdige Zeugin. Nun konnte er sich in Ruhe dem Vergnügen widmen, mir durch Folter das Geständnis abzuringen, daß ich König Listenreich getötet hatte.
    Ich sank zu Boden. Veritas hatte recht behalten. Edel hatte gesiegt.

KAPITEL 31
FOLTER
     
    Aber Prinzessin Eigensinn hatte sich in den Kopf gesetzt, daß sie auf dem Gescheckten Hengst zur Jagd reiten wollte. All ihre Frauen warnten sie, aber sie wandte sich von ihnen ab und wollte nicht hören. All ihre Edlen warnten sie, aber sie verspottete sie wegen ihrer Angst. Selbst der Stallmeister versuchte, sie an ihrem leichtfertigen Tun zu hindern, und sagte: »Prinzessin, der Hengst sollte mit lauterem Stahl und Feuer zu Tode gebracht werden, denn Trug, der Gleisner, hat ihn erzogen, und nur ihm ist er dienstbar.« Aber Prinzessin Eigensinn wurde zornig und sprach: »Sind dies nicht meine Ställe und meine Pferde, und darf ich nicht nach Belieben unter ihnen wählen?« Dann verstummten alle vor ihrem Zorn, und sie befahl, daß der Gescheckte Hengst für die Jagd gesattelt werden solle.
    Sie ritten hinaus unter dem Gebell der Meute und dem Flattern der bunten Wimpel. Und der Gescheckte Hengst lief schnell und trug sie weit voraus und aus der Sichtweite ihres Gefolges. Zu guter Letzt, im fernen Tal und unter den grünen Bäumen, trug er sie hierhin und dorthin, bis sie nicht mehr wußte, wo sie war, und das Geläut der Hunde nur mehr ein Widerhall zwischen den Hügeln. An einem Bach stieg sie ab, um von dem kühlen Wasser zu trinken, aber o weh, als sie sich umdrehte, war der Gescheckte Hengst verschwunden, und an seiner Stelle stand Trug, der Gleisner, ebenso gefleckt wie sein Brudertier. Dann war er bei ihr, wie der Hengst bei der Stute ist, und ehe das Jahr sich wendete, kam die Zeit, daß sie eines Kindes genesen sollte. Und als jene, die in ihrer schweren Stunde bei ihr waren, das Kindlein sahen, über und über gefleckt an Gesicht und Schultern, erhoben sie vor Angst ein großes Wehklagen. Als aber Prinzessin Eigensinn des Knaben ansichtig wurde, tat sie einen furchtbaren Schrei und hauchte ihr Leben aus, vor Scham, weil sie Trugs unreine Frucht in ihrem Leib getragen hatte. So wurde der Gescheckte Prinz in Angst und Scham geboren, und Angst und Scham waren die zwei Dinge, die er mit in die Welt brachte.
    – Die Sage von dem Gescheckten Prinzen
     
    Die Fackel, die Edel zurückgelassen hatte, brachte den Schatten der Gitterstäbe zum Tanzen. Ich beobachtete das Spiel eine Weile in dumpfer Hoffnungslosigkeit. Das Bewußtsein, daß ich sterben mußte, lähmte mich. Nach und nach begann mein Verstand wieder zu arbeiten, aber regellos, sprunghaft. Hatte mir Chade das sagen wollen? Ohne Pferd; hatte Edel über die Pferde Bescheid gewußt? Kannte er das Ziel der Flucht? Wie war Burrich der Entdeckung entgangen? Gab es vielleicht ein Wiedersehen in der Folterkammer? Hegte Edel den Verdacht, Philia hätte in den Fluchtplan eingeweiht sein können? Und wenn ja, würde er sich damit zufriedengeben, sie hier ihrem Schicksal zu überlassen, oder würde er sie bestrafen? Wenn sie kamen, um mich zu holen, sollte ich mich wehren?
    Nein, ich würde aufrecht und stolz mit ihnen gehen. Nein, ich würde so viele von diesen Hunden aus dem Binnenland töten, wie ich konnte, mit meinen bloßen Händen. Nein, ich würde Haltung bewahren und auf eine Gelegenheit warten, um mich auf Edel zu stürzen. Ich wußte, er würde da sein, um mich sterben zu sehen. Mein Listenreich gegebenes Versprechen, keinen Sproß seines Blutes zu töten? Ich fühlte mich nicht mehr daran gebunden. Oder? Rettung war von keiner Seite zu erwarten. Gar nicht daran denken, ob Chade etwas unternahm, ob Philia etwas auszurichten vermochte. Sobald Edel mein Geständnis hatte, würde er mich am Leben halten, um mich öffentlich zu hängen und zu vierteilen? Aber selbstverständlich. Daß bißchen Freude, daß unsereins hat. Würde Philia kommen, um mich sterben zu sehen? Ich hoffte nicht. Vielleicht gelang es Lacey, sie daran zu hindern. Ich hatte mein Leben weggeworfen, geopfert für nichts. Wenigstens Justin und Serene hatte ich getötet. War es das wert gewesen? War Kettricken geflohen, oder verbarg sie sich immer noch irgendwo innerhalb der Mauern dieser Burg? Hatte Chade mir das sagen wollen? Nein. Mein Verstand paddelte und krabbelte durch den Gedankenwust wie eine Ratte in einem Regenfaß. Wenn ich nur mit jemanden sprechen

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