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Die Legende vom Weitseher 02 - Des Königs Meuchelmörder

Die Legende vom Weitseher 02 - Des Königs Meuchelmörder

Titel: Die Legende vom Weitseher 02 - Des Königs Meuchelmörder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
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könnte, mit irgend jemandem. Ich rang die aufsteigende Panik nieder, ruhig, vernünftig, und fand endlich einen Anhaltspunkt. Nachtauge. Er war am verabredeten Ort gewesen und hatte sie zu Burrich geführt.
    Mein Bruder? Ich spürte nach ihm.
    Ich bin hier. Ich bin immer hier.
    Erzähl mir von jener Nacht.
    Welcher Nacht?
    Die Nacht, in der du die Menschen aus der Burg zu Dem-wir-folgen geführt hast.
    Ah. Ich merkte, wie er sich bemühte. Er sah die Dinge nach Wolfsart. Getan war getan. Er plante nicht weiter voraus als bis zur nächsten Beute, erinnerte sich an so gut wie nichts, was vor einem Monat oder einem Jahr geschehen war, außer es betraf unmittelbar sein eigenes Überleben. Deshalb erinnerte er sich an den Käfig, aus dem ich ihn gerettet hatte, doch wo er vor vier Nächten gejagt hatte, war vergessen. Desgleichen blieben die größeren Dinge in seinem Gedächtnis haften: eine ertragreiche Kaninchenstraße, eine Quelle, die im Winter nicht zufror, doch Einzelheiten, zum Beispiel wie viele Kaninchen er vor drei Nächten getötet hatte, wurden als unnützer Ballast verworfen. Ich hielt den Atem an und wartete.
    Ich habe sie alle zu Dem-wir-folgen gebracht. Ich wünsche, du wärst hier. Ich habe eine Stachelschweinborste in meiner Lippe. Ich kann sie mit der Pfote nicht herausbringen. Es tut weh.
    Und wie ist das passiert? Trotz meiner Lage mußte ich lächeln.
    Obwohl er die Gefahr kannte, war er nicht fähig gewesen, dem fetten, watschelnden Geschöpf zu widerstehen. Das ist nicht komisch.
    Ich weiß. Er hatte recht, es war nicht komisch. Eine Stachelschweinborste war ein scheußlicher, mit Widerhaken versehener Quälgeist, der sich immer tiefer in die Haut bohrte und eiternde Wunden verursachte. Ausgerechnet an der Schnauze konnte die Verletzung ihn daran hindern zu jagen. Ich richtete meine Gedanken auf sein Problem. Bis ich es für ihn gelöst hatte, würde er nicht in der Lage sein, an etwas anderes zu Denken. Dem-wir-folgen würde dir helfen, wenn du ihn bittest. Du kannst ihm vertrauen.
    Er hat mich geschubst, als ich zu ihm sprach. Aber dann hat er zu mir gesprochen.
    Wirklich?
    Ein mühsames Ordnen von Gedanken. Jene Nacht. Als ich sie zu ihm führte. Er sagte zu mir: Bring sie her, wo ich bin, nicht zu dem Fuchsbau.
    Denk mir den Platz, zu dem ihr gegangen seid.
    Das fiel ihm schwerer, doch in meinem Kopf erschien ein Bild der Straße, verlassen, Schneefall, Burrich auf dem Rücken von Rötel, Rußflocke daneben. Ich sah das Weibchen und den Geruchlosen, wie sie für ihn hießen. An Chade erinnerte er sich gut wegen eines saftigen Fleischknochens als Geschenk zum Abschied.
    Haben sie miteinander gesprochen?
    Mehr als genug. Ich habe sie ihrem Gejaule überlassen.
    Es war sinnlos, weiter in ihn zu dringen, mehr Informationen konnte er mir nicht geben. Es mußte genügen, daß ich nun wußte, unser Plan war in der letzten Minute drastisch geändert worden. Seltsam. Ich war bereit gewesen, für Kettricken mein Leben hinzugeben, aber daß sie nun auch noch mein Pferd hatte, machte mir zu schaffen. Dann fiel mir ein, daß ich wahrscheinlich nie wieder auf einem Pferd reiten würde, außer auf meinem letzten Weg zum Galgenbaum. Wenigstens war Rußflocke mit jemandem gegangen, der mir lieb war. Und Rötel. Weshalb diese beiden Pferde? Und nur diese zwei? War es Burrich nicht möglich gewesen, weitere Reittiere unbemerkt aus der Burg zu schaffen? War er aus diesem Grund zurückgeblieben?
    Der Stachel tut weh, brachte Nachtauge sich in Erinnerung.
    Ich wünschte, ich könnte kommen, um dir zu helfen, aber es ist nicht möglich. Du mußt Dem-wir-folgen fragen.
    Kannst du das nicht tun? Dich schubst er nicht.
    Ich lächelte in mich hinein. Einmal hat er es getan. Es war genug, ich habe Daraus gelernt. Aber wenn du zu ihm gehst und um Hilfe bittest, wird er dich nicht zurückweisen.
    Kannst du ihn nicht bitten, mir zu helfen?
    Ich kann nicht zu ihm sprechen, wie wir sprechen. Und er ist zu weit von mir entfernt, um ihn zu rufen.
    Dann will ich es versuchen. Nachtauge klang nicht sonderlich begeistert.
    Ich ließ ihn los. Flüchtig hatte ich daran gedacht, ihm meine Lage begreiflich zu machen, aber wozu? Er konnte nichts daran ändern und würde sich nur grämen. So konnte ich damit rechnen, daß er Burrich sagte, ich hätte ihn geschickt, und dadurch erfuhr Burrich, daß ich noch lebte. Sonst gab es wenig mitzuteilen, das er nicht bereits wußte.
    Die Zeit verging langsam und zäh. Nur an kleinen Dingen

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