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Die Legende vom Weitseher 02 - Des Königs Meuchelmörder

Die Legende vom Weitseher 02 - Des Königs Meuchelmörder

Titel: Die Legende vom Weitseher 02 - Des Königs Meuchelmörder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
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doch als das Unwetter aufzog, machten wir uns auf den Rückweg. Ohne daß wir es merkten, waren Edel und ich plötzlich Nachzügler; er erzählte mir eine Sage aus seiner Heimatprovinz, und wir ließen die anderen vor uns reiten, um nicht von ihrer Unterhaltung gestört zu werden.« Sie hielt mit geschlossenen Augen das Gesicht in den sacht fallenden Schnee, und ich hörte, wie sie den letzten Schrecken der Nacht hinunterschluckte. Als sie fortfuhr, klang ihre Stimme fester.
    »Die anderen waren schon weit voraus, als plötzlich ein Fuchs aus dem Unterholz sprang. ›Mir nach, wenn Ihr eine wirkliche Jagd erleben wollt!‹ forderte Edel mich heraus und spornte sein Pferd vom Weg herunter ins Gelände. Wohl oder übel mußte ich mit, Federleicht ließ sich nicht zurückhalten. Edel ritt wie ein Wahnsinniger, flach über den Pferdehals gestreckt, und als ginge es ihm noch nicht schnell genug, trieb er das Tier mit der Gerte an.« Sie konnte ihre Bewunderung für seinen Wagemut nicht verhehlen.
    Der halsbrecherische Galopp über unbekanntes Terrain hatte Kettricken angst gemacht, deshalb bemühte sie sich, ihr Pferd zu zügeln, doch als sie merkte, daß weder die Straße noch ihr Gefolge mehr zu sehen waren und sie auch immer weiter hinter Edel zurückblieb, ließ sie dem Tier freien Lauf, in der Hoffnung, ihn einzuholen. Mit dem vorhersehbaren Ereignis, daß sie, als der Sturm losbrach, gänzlich die Orientierung verloren hatte. Sie machte kehrt, um auf ihrer eigenen Fährte zurückzureiten, aber Schnee und Wind hatten bald alle Spuren gelöscht. Zu guter Letzt wußte sie sich keinen anderen Rat, als es Federleicht zu überlassen, den Heimweg zu finden, und vermutlich wäre sie wohlbehalten nach Bocksburg zurückgekehrt, hätten sich nicht diese Wegelagerer auf sie gestürzt.
    »Entfremdete«, sagte ich ruhig.
    »Entfremdete«, wiederholte sie nachdenklich. »Sie haben kein Herz mehr. So wurde es mir erklärt.« Ich sah nach vorn auf die Straße, doch ich fühlte ihren Blick. »Bin ich ein dermaßen unzulängliches Opfer, daß es hier Menschen gibt, die meinen Tod wünschen?«
    Hörnerklang in der Ferne. Suchtrupps.
    »Sie hätten sich auf jeden gestürzt, der des Wegs gekommen wäre«, antwortete ich. »Ihnen war nicht klar, daß sie ihre zukünftige Königin überfallen. Ich bezweifle sehr, daß sie überhaupt wußten, wer Ihr seid.« Ich widerstand der Versuchung hinzuzufügen, diesen mildernden Umstand könne Edel nicht für sich in Anspruch nehmen. Selbst wenn man ihm zugute hielt, es sei nicht seine Absicht gewesen, daß die Königin zu Schaden käme, hatte er doch nichts getan, um es zu verhindern. Ich glaubte nicht daran, daß der Jagdeifer ihn dazu hingerissen hatte, in der Abenddämmerung über Stock und Stein einem Fuchs nachzusetzen. Er hatte gewollt, daß sie sich verirrte. Und sein Plan war aufgegangen.
    »Ich glaube, mein Gemahl wird sehr zornig auf mich sein«, sagte sie kleinlaut wie ein Kind.
    Als hätte sie es geahnt, umrundeten wir die Schulter eines Hügels und sahen Reiter mit Fackeln auf uns zukommen. Wenige Minuten später waren wir von ihnen umringt. Sie waren die Vorhut eines größeren Trupps, und sofort galoppierte ein Mädchen den Weg zurück, um dem König-zur-Rechten zu melden, seine Gemahlin sei gefunden. Die Soldaten erschraken und fluchten über das Blut, das im Licht der Fackeln an Federleichts Hals glänzte, doch Kettricken versicherte ihnen ruhig, es sei nicht ihres. Sie berichtete gefaßt von den Entfremdeten, die über sie hergefallen waren, und was sie getan hatte, um sich zu verteidigen. An den Gesichtern ringsum konnte ich ablesen, wie die Bewunderung für sie wuchs. Ich erfuhr erst jetzt, daß der verwegenste der Angreifer von einem Baum auf sie heruntergesprungen war. Ihn hatte sie als ersten getötet.
    »Vier abgemurkst, und sie hat keinen einzigen Kratzer abgekriegt!« begeisterte sich ein narbiger Veteran und fügte eilig hinzu: »Bitte um Vergebung, Hoheit, es war nicht bös’ gemeint.«
    »Es hätte anders ausgehen können, wäre nicht Fitz gekommen, um mir beizustehen«, erklärte Kettricken abschließend. Es trug ihr neben der Bewunderung auch noch Respekt ein, daß sie sich nicht in ihrer Großtat sonnte, sondern mir mein Recht zukommen ließ.
    Man beglückwünschte sie überschwenglich und sprach zornig davon, am nächsten Tag die Wälder um Bocksburg von Gesindel zu säubern. »Es ist eine Schande für uns Soldaten, daß unsere eigene Königin nicht ohne Gefahr

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