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Die Legende vom Weitseher 02 - Des Königs Meuchelmörder

Die Legende vom Weitseher 02 - Des Königs Meuchelmörder

Titel: Die Legende vom Weitseher 02 - Des Königs Meuchelmörder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
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öffnete einem verschlafenen Pagen, der geschickt worden war, mich zu Veritas ins Kartenzimmer zu bestellen. Nachdem ich ihn ins Bett zurückgeschickt hatte, zog ich mich hastig wieder an und lief die Treppe hinunter. Was für eine Katastrophe war nun wieder über uns hereingebrochen?
    Veritas wartete auf mich in dem nachtstillen Zimmer; das heruntergebrannte Kaminfeuer erfüllte den Raum mit rötlicher Helligkeit und unsteten Schatten. Sein Haar war zerzaust, er trug nur einen Schlafrock über seinem Nachtgewand. Kein Zweifel, auch er kam gerade erst aus dem Bett, und das ließ nichts Gutes erwarten. »Schließ die Tür!« befahl er unwirsch und schwieg dann wieder, bis ich seiner Aufforderung nachgekommen war und vor ihm stand. Schwer zu sagen, ob das Funkeln in seinen Augen Ärger oder Belustigung ausdrückte, als er in scharfem Ton die Frage stellte: »Wer ist Lady Rotrock, und weshalb träume ich jede Nacht von ihr?«
    Ich stand da wie vom Donner gerührt. Verstört fragte ich mich, wie weit er über meine Träume Bescheid wußte. Vor Scham wurde mir schwindelig. Nackt vor dem versammelten Hofstaat hätte ich mich nicht entblößter gefühlt.
    Veritas wandte den Kopf zur Seite und hüstelte, oder er wollte ein Lachen überspielen. »Mach halblang, Junge, es ist ja nicht so, daß ich kein Verständnis hätte. Ich habe mich nicht bei dir eingeschlichen, vielmehr hast du mir dein Geheimnis aufgedrängt, besonders in den letzten paar Nächten. Und ich brauche meinen Schlaf, ungestörten Schlaf, ohne aufzufahren, erhitzt von deiner – Bewunderung für diese Frau.« Er räusperte sich wieder. Mein Gesicht brannte heißer als das Kaminfeuer.
    »Nun ja«, meinte Veritas verlegen. »Setz dich. Ich werde dir beibringen, deine Gedanken ebensogut zu hüten wie deine Zunge.« Er schüttelte den Kopf. »Merkwürdig, Fitz, wie du dich zuzeiten vollständig gegen meinen Ruf mit der Gabe abschirmen kannst, aber deine innersten Wünsche verkündest du unüberhörbar wie ein Wolf, der nachts den Mond anheult. Ich nehme an, der Grund ist, was Galen dir angetan hat. Ich wünschte, wir könnten es rückgängig machen, doch weil das unmöglich ist, werde ich dich unterrichten, so gut ich kann und wann immer ich kann.«
    Ich hatte mich nicht gerührt. Keiner von uns konnte dem anderen in die Augen sehen. »Komm her«, sagte er brummig. »Setz dich hier zu mir. Sieh in die Flammen.«
    Während der nächsten Stunde lernte ich verschiedene Übungen, die mir helfen sollten, meine Träume für mich zu behalten oder vielmehr zu bewirken, daß ich erst gar nicht träumte. Bedrückt erkannte ich, daß ich nun auch die Molly meiner Phantasie verlieren würde, nachdem ich ihr schon im wirklichen Leben nicht nahe sein durfte. Er spürte meine Niedergeschlagenheit.
    »Kopf hoch, Fitz, es geht vorbei. Nimm dich an der Kandare und halte aus. Es kommt vielleicht der Tag, wenn du dir wünschst, es gäbe keine Frauen in deinem Leben. Wie ich es mir wünsche.«
    »Sie ist nicht vorsätzlich vom Weg abgekommen, Hoheit.«
    Veritas warf mir einen schiefen Blick zu. »Nicht auf die Absicht kommt es an, sondern auf das Ergebnis. Sie ist Königin-zur-Rechten, Junge. Sie muß nicht nur einmal, sondern zwei-, dreimal überlegen, bevor sie handelt.«
    »Wie sie mir erzählt hat, ist Federleicht Edels Pferd gefolgt und wollte dem Zügel nicht gehorchen. Ihr könnt Burrich oder mir die Schuld geben, uns oblag es, das Tier auszubilden.«
    Er stieß einen Seufzer aus. »Vermutlich hast du recht. Betrachte dich als zurechtgewiesen und sag Burrich, er soll für meine Gemahlin ein weniger lebhaftes Pferd finden, bis sie eine bessere Reiterin geworden ist.« Wieder seufzte er, resigniert. »Wahrscheinlich wird sie glauben, ich will sie bestrafen. Sie wird mich mit diesen großen blauen Augen traurig ansehen, aber kein Wort zu ihrer Rechtfertigung äußern. Nun ja. Es läßt sich nicht ändern. Aber mußte sie töten und dann so freimütig darüber reden? Was wird mein Volk von ihr denken?«
    »Ihr blieb kaum eine andere Wahl, Hoheit. Hätte sie sich umbringen lassen sollen? Und was das Volk von ihr denken wird – nun, die Soldaten, die uns fanden, hielten sie für couragiert. Und handfest. Keine üblen Eigenschaften für eine Königin, Hoheit. Besonders die Frauen der Truppe sprachen auf dem Rückweg mit Wärme von ihr. Es ist, als hätte sie eine Art Feuerprobe bestanden. Man akzeptiert sie als würdige Herrscherin und wird ihr bereitwillig folgen. In Zeiten wie

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