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Die Legende vom Weitseher 03 - Die Magie des Assassinen

Die Legende vom Weitseher 03 - Die Magie des Assassinen

Titel: Die Legende vom Weitseher 03 - Die Magie des Assassinen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
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eine Auseinandersetzung hindeutete oder auf ein Übermaß an bierseliger Brüderlichkeit; was auch immer zutreffen mochte, mit einer ungestörten Nachtruhe war nicht zu rechnen. Das nächste hatte morsche Eingangsstufen, und die Tür hing schief in den Angeln – wie mochten da die Betten aussehen. Endlich entschied ich mich für ein drittes Haus, das einen Kessel im Schild führte und draußen eine Nachtfackel brennen ließ, um Reisenden den Weg zu weisen.
    Wie die meisten größeren Gebäude in Poma war das Gasthaus aus Flußsteinen und Mörtel erbaut; der Fußboden bestand aus dem gleichen Material. In dem großen Kamin brannte nur ein Sommerfeuer, über dem der versprochene Kessel mit Eintopf simmerte. Obwohl ich gerade erst gegessen hatte, machte mir der Geruch Appetit. Im Gastraum war es ruhig. Die meisten Leute hatte es zu der Hochzeitsfeier auf dem Marktplatz gezogen. Der Wirt sah aus, als wäre er im allgemeinen ein umgänglicher Mensch, doch bei meinem Anblick runzelte er die Stirn. Ich legte ein Silberstück auf den Schanktisch, um ihn zu beruhigen. »Ich hätte gern eine Kammer für die Nacht und ein Bad.«
    Er musterte mich zweifelnd von Kopf bis Fuß. »Wenn Ihr das Bad zuerst nehmt.«
    Ich grinste ihn an. »Dem steht nichts im Wege, guter Mann. Ich werde auch meine Kleider auswaschen. Ihr braucht keine Angst zu haben, daß ich Euch Ungeziefer ins Haus bringe.«
    Er nickte zögernd und schickte dann einen Jungen in die Küche, um heißes Wasser zu holen. »Dann habt Ihr einen langen Weg hinter Euch?« erkundigte er sich höflich, während er mich zum Badehaus im Hof begleitete.
    »Das kann man wohl sagen. Doch in Fierant wartet eine Arbeit auf mich, und ich möchte so gut aussehen wie möglich, wenn ich sie antrete.« Wie wahr!
    »Aha, eine Arbeit, ja, ich verstehe. Selbstverständlich, in so einem Fall ist es empfehlenswert, sauber und ausgeruht zu erscheinen, und da steht ein Topf mit Seife. Ihr braucht nicht damit zu sparen.«
    Bevor er ging, bat ich ihn, mir ein Rasiermesser zu leihen, denn der Waschraum hatte einen Spiegel aufzuweisen. Der Wirt war gerne bereit, mir auszuhelfen. Der Junge brachte mir das Messer mit dem ersten Eimer heißen Wassers. Bis er damit fertig war, die Wanne zu füllen, hatte ich den Wildwuchs in meinem Gesicht soweit zurückgestutzt, daß man den Rest abschaben konnte. Der Junge bot sich an, für einen Kupfergroschen meine Kleider zu waschen, und ich überließ sie ihm frohen Herzens. Die Miene, mit der er sie entgegennahm, zeigte mir, daß ich für fremde Nasen schlimmer roch als für meine eigene. Mein Marsch durch den Sumpf hatte offenbar nachhaltige Spuren hinterlassen.
    Ich genoß das Bad und ließ mir Zeit zum Einweichen, bevor ich mich von der Seife bediente und gründlich abschrubbte. Mein Haar wusch ich zweimal, bis der Schaum beim Ausspülen weiß war, statt grau. Ausnahmsweise brachte ich beim Rasieren diesmal soviel Geduld auf, daß ich mich nur zweimal schnitt. Die Brühe, die ich in der Wanne zurückließ, war dicker als das kalkhaltige Flußwasser. Als ich mich im Spiegel betrachtete, nachdem ich mein Haar zurückgestrichen und im Nacken zusammengebunden hatte, schaute mich aus dem Glas ein Fremder an.
    Es war Monate her, seit ich mich zum letztenmal selbst gesehen hatte, und damals nur in Burrichs kleinem Taschenspiegel. Das Gesicht, das mir jetzt entgegenschaute, war schmaler, als ich erwartet hatte, mit Wangenknochen, die mich an das Portrait von Chivalric erinnerten. Die weiße Haarsträhne über der Stirn ließ mich älter erscheinen. Meine obere Gesichtshälfte war von der Sommersonne tief gebräunt, doch wo ich den Bart abrasiert hatte, war die Haut weiß, so daß der untere Teil der Narbe auf meiner Wange sich deutlich von der Blässe abhob. Was ich von meiner Brust erkennen konnte, bestand nur aus Knochen unter einer dünnen Schicht Muskeln. Nicht genug Fett, um eine Pfanne auszustreichen, hätte Köchin Sara gesagt. Das ständige Marschieren und eine fast ausschließlich aus Fleisch bestehende Nahrung hatten meinen Körper gezeichnet.
    Mit einem schiefen Lächeln wandte ich mich von meinem Spiegelbild ab. Meine Befürchtung, von alten Freunden und Feinden auf den ersten Blick erkannt zu werden, löste sich in Luft auf. Ich erkannte mich kaum selbst.
    Für den Weg hinauf in die Kammer zog ich meine Winterkleider an. Der Junge versicherte mir, er würde meine anderen Sachen am Kamin aufhängen und sie mir am Morgen trocken überreichen. Er ließ mich

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