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Die Legende vom Weitseher 03 - Die Magie des Assassinen

Die Legende vom Weitseher 03 - Die Magie des Assassinen

Titel: Die Legende vom Weitseher 03 - Die Magie des Assassinen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
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vor meiner Tür stehen, nachdem er mir eine Kerze gegeben und gute Nacht gewünscht hatte.
    Die Kammer war nur mit dem Nötigsten eingerichtet, aber sauber; von den vier Betten schien keines belegt zu sein, was ich dankbar zur Kenntnis nahm. Das einzige Fenster stand offen, und ein kühler Luftzug vom Fluß wehte herein. Ich stützte die Hände auf den Sims und ließ den Blick über das nächtliche Panorama wandern. Flußaufwärts sah man die Lichter von Fierant, es war ein Lichtermeer, und Lichter säumten auch die Straße von Poma dorthin. Ich befand mich in dicht besiedeltem Gebiet. Gut, daß ich allein unterwegs war, sagte ich mir entschieden und schob den Trennungsschmerz beiseite, den ich jedesmal empfand, wenn ich an Nachtauge dachte. Ich stieß mein Bündel unter eines der Betten. Die Decken waren rauh, aber sie rochen sauber, wie auch die mit Stroh gefüllte Matratze. Nach Monaten, in denen der nackte Boden mein Lager gewesen war, fühlte ich mich beinahe wie in meinem alten Federbett in Bocksburg. Ich blies die Kerze aus, schloß die Augen und rechnete damit, sofort einzuschlafen.
    Doch ich lag wach und starrte zur Decke hinauf. In der Ferne hörte ich gedämpft den Lärm des Festes, näher und deutlicher die Stimmen des Hauses – das Knarren und Knacken von arbeitendem Holz, Schritte, das Hin und Her der Menschen in den übrigen Räumen der Herberge. All das machte mich unruhig. Wind in den Baumkronen oder das Rauschen eines Flusses nahe bei meinem Schlafplatz, davon hatte ich mich nie gestört gefühlt – ich fürchtete meine Mitmenschen mehr als sämtliche Bedrohungen in der freien Natur.
    Meine Gedanken wanderten zu Nachtauge, was er tat, ob er einen sicheren Platz für die Nacht gefunden hatte. Ich fing an, nach ihm zu spüren; dann rief ich mich zur Ordnung. Morgen war ich in Fierant, um etwas zu tun, wobei er mir nicht helfen konnte. Und nicht nur das: Ich befand mich jetzt in einem Gebiet, in dem der Mensch herrschte und des Menschen bester Freund, der Hund. Kein guter Ort für Wölfe. Falls ich den morgigen Tag überlebte und noch in der Lage war, in die Berge zu gehen, um Veritas zu suchen, dann bestand Hoffnung, daß er sich meiner entsann und kam, um mich zu begleiten. Sollte ich morgen sterben, war er bei seinesgleichen besser aufgehoben, wo er als Wolf leben konnte und mich vergessen.
    Zu diesem Schluß zu gelangen und meine Entscheidung als richtig zu erkennen war einfach, sich daran zu halten, erheblich schwieriger. Die Ausgabe für dieses Bett war hinausgeworfenes Geld; wäre ich die ganze Nacht gewandert, ich hätte mehr Erholung gefunden. Ich fühlte mich einsamer als je zuvor in meinem Leben. Selbst in Edels Kerker, im Angesicht des Todes, hatte ich die Möglichkeit gehabt, zu meinem Wolf zu denken. In dieser Nacht jedoch war ich allein und brütete über einem Mord, ohne zu wissen, wie ich ihn ausführen sollte, weil das Opfer, Edel, aller Wahrscheinlichkeit nach von einer Kordiale aus Adepten der Gabe umgeben war, deren Fähigkeiten ich nur ahnen konnte. Trotz der Wärme der Spätsommernacht lief mir jedesmal ein Schauer über den Rücken, wenn ich daran dachte. Mein Entschluß, Edel zu töten, stand fest, nur war ich nicht mehr so überzeugt davon, daß es mir gelingen würde. Bisher hatte ich mich ohne die Hilfe von Freunden und Lehrmeistern nicht besonders rühmlich geschlagen, doch für morgen nahm ich mir vor, alles zu tun, damit Chade Grund hatte, auf mich stolz zu sein.
    Wenn ich über die Kordiale nachdachte, empfand ich die unbehagliche Gewißheit, daß ich mir etwas vormachte, was meine Strategie betraf. War ich aus eigenem Entschluß hier, oder hatte Will ganz unmerklich mein Denken beeinflußt, um mich zu überzeugen, es wäre klug, statt der Gefahr auszuweichen, ihr entgegenzugehen? Er war ein Meister des subtilen Umgangs mit der Gabe. So hauchfein war seine Berührung, daß man kaum spürte, wie man belauscht, wie man gelenkt wurde. Auf einmal drängte es mich, mit der Gabe hinauszugreifen, um festzustellen, ob irgendwo seine Gegenwart zu spüren war. Dann argwöhnte ich plötzlich, mein Wunsch, die Gabe zu gebrauchen, wäre mir von Will eingegeben, um sich mein Bewußtsein zugänglich zu machen. So bewegten meine Gedanken sich in immer engeren Kreisen, bis ich fast seine hämische Belustigung spürte, während er beobachtete, wie ich in seinem Netz zappelte.
    Nach Mitternacht wurden mir endlich die Lider schwer. Bereitwillig gab ich meine quälenden Gedanken auf und

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