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Die Legende vom Weitseher 03 - Die Magie des Assassinen

Die Legende vom Weitseher 03 - Die Magie des Assassinen

Titel: Die Legende vom Weitseher 03 - Die Magie des Assassinen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
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klirrender Stimme. »Wie viele Dörfer? Wie viele tot oder, schlimmer noch, entfremdet? Alles nur aus verletzter Eitelkeit? Nur weil ein verwöhnter Knabe dem älteren Bruder die Krone neidete?
    Wie konnte er das tun, Fitz? Wie konnte er Menschen sterben lassen, nur um seinen Bruder in ein schlechtes Licht zu rücken?«
    Was sollte ich darauf antworten? »Vielleicht waren es für ihn keine Menschen und Dörfer«, hörte ich mich Edel verteidigen. »Vielleicht waren es für ihn nur Spielfiguren. Veritas’ Besitztümer, die er zerstören wollte, wenn er sie nicht haben konnte.«
    Kettricken schloß die Augen. »Das ist unverzeihlich«, sagte sie leise zu sich selbst. Es hörte sich an, als wäre sie krank vor Abscheu. Mit einer merkwürdig sanften Endgültigkeit fügte sie hinzu: »Du wirst ihn töten müssen, FitzChivalric.«
    Ironie, jetzt die königliche Order zu erhalten. »Ich weiß, Majestät. Deshalb habe ich es versucht.«
    »Nein«, berichtigte sie mich. »Aus eigensüchtigen Beweggründen hast du es versucht. Diesmal sage ich dir, daß du es zum Wohl der Sechs Provinzen tun mußt.« Sie schüttelte den Kopf. »Das ist der einzige Weg, wie er Opfer für sein Volk sein kann. Sterben, bevor er Gelegenheit hat, noch mehr Unheil anzurichten.« Mit einem tiefen Atemzug kehrte sie in die Gegenwart zurück und schaute sich im Kreis der schweigenden Menschen um, die in ihren Deckennestern saßen und sie anstarrten. »Schlaft nun« befahl sie uns, als wären wir ungezogene Kinder. »Morgen brechen wir in aller Frühe auf und werden schnell marschieren. Schlaft, damit ihr bei Kräften seid.«
    Merle ging hinaus, um ihre Wache anzutreten. Die anderen legten sich hin, und ich bin sicher, es dauerte nicht lange, bis sie eingeschlafen waren. Nur ich war trotz meiner Müdigkeit hellwach und starrte aus weit geöffneten Augen in die vom rötlichen Widerschein der Glut erfüllte Dunkelheit. Um mich herum nur das Geräusch gleichmäßiger Atemzüge und draußen das Rascheln des Nachtwinds, der sacht durch die Zweige strich. Wenn ich hinausgriff, konnte ich Nachtauge spüren, der draußen umherstreifte und nebenbei auf diese oder jene leichtsinnige Maus lauerte. Friede und Stille des Winterwalds umgaben uns. Alles schlief, bis auf Merle, die Wache hielt. Keiner von ihnen hörte das lockende Murmeln des Gabenflusses, das täglich lauter in mir tönte. Ich hatte der Königin nichts von meiner anderen Furcht verraten: daß ich, wenn ich mit der Gabe nach Veritas griff, nie wieder zurückkehren, sondern mich in den Strom der Macht versenken und eins mit ihm werden würde. Allein die Vorstellung untergrub meinen Willen. Grimmig befestigte ich meine Mauern und Wälle, errichtete jede Barriere zwischen mir und der Gabe, die man mir je gezeigt hatte. Doch in dieser Nacht dienten diese Bollwerke nicht allein dazu, Edel und seine Kordiale aus meinem Bewußtsein fernzuhalten, sondern ich wollte mich selbst dahinter einschließen.

Kapitel 24
Die Gabenstraße
     
    Wo liegt der wirkliche Ursprung magischer Kräfte? Hat man sie im Blut von Geburt an, wie manche Hunde die angeborene Fähigkeit besitzen, Fährten aufzuspüren, während andere dazu angelegt sind, Schafe zu hüten? Oder handelt es sich um eine Fertigkeit, die jeder sich aneignen kann, der entschlossen ist zu lernen? Oder ist der Stoff der Magie enthalten in Stein, Wasser und Erde, so daß ein Kind ihn mit jedem Trunk, mit jedem Atemzug in sich aufnimmt? Ich stelle diese Fragen ins Blaue hinein, ohne die geringste Vorstellung davon, wie die Antwort aussehen könnte. Und wenn man den Ursprung wüßte, wäre es möglich, nach Wunsch einen mächtigen Zauberer zu erschaffen? Könnte man ihn züchten, wie man Pferde züchtet, die besonders stark oder schnell sein sollen! Oder könnte man sich ein Kind auswählen und mit der Schulung beginnen, bevor es überhaupt gelernt hat zu sprechen? Wäre es womöglich sinnvoll, sein Haus dort zu bauen, wo Luft und Erde gesättigt sind mit Magie, um aus diesem Reservoir zu schöpfen? Diese Fragen erfüllen mich mit solchem Grauen, daß ich kaum den Wunsch verspüre, ihnen nachzuforschen, nur, wenn nicht ich, wird es ein anderer tun.
     
    Früh am Nachmittag gelangten wir zu dem breiten Weg, der auf der Karte eingezeichnet war; unser schmaler Pfad mündete in ihn hinein wie ein Rinnsal in einen Fluß. Wir folgten ihm einige Tage lang. Manchmal führte er an kleinen, in Bergfalten geschmiegten Dörfern vorbei, doch Kettricken erlaubte uns nicht,

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