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Die Legende vom Weitseher 03 - Die Magie des Assassinen

Die Legende vom Weitseher 03 - Die Magie des Assassinen

Titel: Die Legende vom Weitseher 03 - Die Magie des Assassinen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
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sich keine Gelegenheit für ein Gespräch unter vier Augen. Sie übernahm stets die Führung, gefolgt von den Tragtieren, dem Narren und mir, Merle und, oft ein großes Stück zurück, Krähe. Beide Frauen hielten ihr Versprechen. Kettricken behielt unser Marschtempo bei, und Krähe beschwerte sich mit keinem Wort. Jeden Abend kam sie als letzte ins Lager, gewöhnlich begleitet von Nachtauge, und meistens gerade rechtzeitig, um mit uns gemeinsam zu essen und sich schlafen zu legen. Sobald Kettricken am nächsten Morgen aufstand, war auch sie auf den Beinen und klagte nie.
    Am vierten Abend, als wir alle im Zelt versammelt waren und uns zum Schlafen fertigmachten, richtete Kettricken plötzlich das Wort an mich. »FitzChivalric, es gibt etwas, wozu ich deine Meinung hören möchte.«
    Ich setzte mich auf. Die Förmlichkeit, mit der sie ihre Bitte vortrug, erregte meine Neugier. »Verfügt über mich, Majestät.«
    Der Narr neben mir unterdrückte ein Kichern. Wahrscheinlich gaben wir ein kurioses Bild ab, inmitten von Decken und Pelzen sitzend, parlierten wir wie bei einem Empfang bei Hofe. Doch ich ließ mich nicht beirren.
    Um Licht zu machen, legte Kettricken einige Stücke trockenes Holz in das Glutbecken. Sie brachte aus ihrem Gepäck einen Emaillezylinder zum Vorschein, nahm den Deckel ab und ließ behutsam ein zusammengerolltes Stück Velin herausgleiten. Als sie es vorsichtig ausbreitete, erkannte ich die Landkarte wieder, die für Veritas Anlaß zu seiner Queste gewesen war. Es mutete eigenartig an, sie in dieser Umgebung, unter diesen Umständen wiederzusehen. Eine Erinnerung an eine erheblich geordnetere Zeit in meinem Leben, als warme Mahlzeiten eine Selbstverständlichkeit waren und als ich maßgeschneiderte Kleider trug und wußte, wo abends mein Bett auf mich wartete. Wie ungerecht, daß meine ganze Welt auf den Kopf gestellt worden war, seit ich das letzte Mal einen Blick auf diese Karte geworfen hatte; doch sie selbst war unverändert geblieben, ein vergilbtes Stück Velin mit einem darauf eingezeichneten Gewirr verblaßter Linien.
    Kettricken breitete sie auf ihrem Schoß aus und tippte mit dem Finger auf einen bestimmten Fleck. »Hier ungefähr befinden wir uns«, erklärte sie. Ihre Hand zitterte ein wenig, als sie auf einen anderen Punkt deutete, der ebenfalls unbezeichnet war. »Dies ist ungefähr der Ort, wo wir auf die Spuren des Kampfes stießen. Wo ich Veritas’ Umhang fand und die... Gebeine.« Ihre Stimme war zu einem Flüstern geworden. Plötzlich hob sie den Blick, und wir sahen uns an wie nicht mehr seit Bocksburg. »Du mußt wissen, Fitz, es ist sehr schwer für mich. Ich sammelte diese Knochen ein und dachte, es wären die meines Gemahls. Viele Monate lang hielt ich ihn für tot, und nun, einzig auf dein Wort von einer Magie, die ich weder besitze noch verstehe, bemühe ich mich zu glauben, daß er lebt. Daß es noch Hoffnung gibt. Aber ich habe diese Knochen in meinen Händen gehalten, und ich kann ihr Gewicht und ihre Kälte nicht vergessen und nicht den Geruch des Todes.«
    »Er lebt, Majestät«, versicherte ich ihr im Brustton der Überzeugung.
    Sie seufzte wieder. »Hier nun die Frage, die ich dir stellen will. Sollen wir geradewegs dorthin gehen, wo auf dieser Karte die Wege eingezeichnet sind, denen Veritas folgen wollte? Oder möchtest du erst zu dem Kampfplatz geführt werden?«
    Ich dachte nach. »Ich bin überzeugt, es wurden alle Hinweise ausgewertet, die dort zu finden waren. Seither ist viel Zeit vergangen, ein halber Sommer und mehr als ein halber Winter. Nein. Was sollte ich unter dem Schnee dort finden, das Euren Fährtensuchern entgangen ist, die im Sommer den Boden abgesucht haben. Veritas lebt, Majestät. Suchen wir ihn, wo wir damit rechnen können, ihn zu finden.«
    Kettricken nickte langsam; doch wenn meine Worte sie getröstet hatten, zeigte sie es nicht. Ihr Finger tippte wieder auf die Karte. »Diese Straße hier ist uns bekannt. Sie war einst ein Handelsweg, und obwohl sich niemand mehr daran erinnert, wohin sie führte, wird ein Teil davon immer noch benutzt, von Pelztierjägern und den Bewohnern abgelegener Weiler. Auch wir hätten sie nehmen können, aber ich hielt es für gefährlich. Wir wären zu vielen Menschen begegnet. Morgen allerdings mündet unser Pfad auf sie, dann wenden wir Jhaampe den Rücken zu und folgen ihr in die Berge.« Ihr Finger zeichnete die gewundene Linie auf der Karte nach. »In dem Gebiet bin ich nie gewesen. Nur selten wagt

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