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Die Legende vom Weitseher 03 - Die Magie des Assassinen

Die Legende vom Weitseher 03 - Die Magie des Assassinen

Titel: Die Legende vom Weitseher 03 - Die Magie des Assassinen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
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nicht umhin zu denken, wie seltsam das aussah: Burrich, der Pferdemann, zu Fuß.
    Im Licht der Frühsommersonne, die durch die offene Tür schien, sah ich einen Mann am Ende seiner mittleren Jahre; die weiße Haarsträhne über der Narbe in seiner Kopfhaut ließ das Grau ahnen, das in seinem Bart schon deutlich zu sehen war. Er war stark und gesund, aber die Jugend lag unwiderruflich hinter ihm. Die Tage seiner vollen Kraft hatte er damit zugebracht, über mich zu wachen.
    »Nun«, sagte er brummig, »leb’ wohl, Fitz, und viel Glück.«
    »Auch dir viel Glück, Burrich.« Ich durchquerte mit schnellen Schritten den Raum und umarmte ihn, bevor er etwas sagen konnte.
    Burrich erwiderte die Umarmung kurz und heftig, so daß ich glaubte, meine Rippen knacken zu hören, dann strich er mir das Haar aus dem Gesicht. »Geh und kämm dich. Du siehst aus wie ein wilder Mann.« Der Schatten eines Lächelns huschte um seinen Mund. Er wandte sich ab und ging. Ich stand in der Tür und schaute ihm nach. Ich glaubte, er würde nicht zurückblicken, doch am anderen Ende der Wiese blieb er stehen, drehte sich um und hob die Hand. Ich erwiderte den Gruß. Dann war er zwischen den Bäumen verschwunden. Ich saß eine Zeitlang auf der Schwelle und hielt den Blick auf den Punkt gerichtet, wo ich ihn zum letzten Mal gesehen hatte. Wenn ich mich an meinen Plan hielt, konnten Jahre vergehen, bis ich ihn wiedersah. Falls überhaupt. Seit meinem sechsten Lebensjahr war er fester Bestandteil meiner Welt gewesen. Immer hatte ich auf ihn zählen können, selbst wenn ich es gar nicht wollte. Jetzt war er fort. Wie Chade. Wie Molly. Wie Veritas und wie Philia.
    Ich dachte an alles, was ich in der Nacht zu ihm gesagt hatte und barg vor Scham den Kopf in den Händen. Es war unumgänglich gewesen, rechtfertigte ich mich vor mir selbst. Ich hatte einen Bruch herbeiführen wollen. Doch in der Erregung war zuviel an altem Groll hervorgebrochen, der lange an mir gefressen hatte. Das war nicht meine Absicht gewesen. Ich wollte Burrich vertreiben, nicht ihn ins Herz treffen. Wie Molly würde er für den Rest seines Lebens den Zweifel mit sich herumtragen, den ich gesät hatte. Und indem ich Burrichs Stolz verletzt hatte, hatte ich den letzten Respekt zerstört, den Chade noch für mich hegte. Ich vermute, irgendwo tief in meinem Innern hatte ich die kindliche Hoffnung genährt, daß es eines Tages eine Versöhnung geben könnte, daß wir eines Tages wieder Freunde sein würden. Nun mußte ich mich damit abfinden, daß die Trennung endgültig war. »Es ist vorbei«, sagte ich zu mir. »Laß Vergangenes vergangen sein.«
    Chade und Burrich, ich war jetzt von ihnen befreit. Frei von ihren Beschränkungen, frei von ihren Ideen, frei von Ehre und Pflicht, und frei von ihren Erwartungen. Niemals wieder mußte ich einem von ihnen in die Augen schauen und Rechenschaft über mein Handeln ablegen. Frei, um das einzige zu tun, wofür ich noch das Herz und den Mut hatte, das ich tun mußte, um mit meinem alten Leben abschließen zu können.
    Frei, um Edel zu töten.
    Gerechte Vergeltung. Er hatte erst mich getötet. Der Geist des König Listenreich gegebenen Versprechens, daß ich niemals einem der Seinen ein Leid antun würde, erhob sich kurz, um mein Gewissen heimzusuchen, doch ich vertrieb ihn, indem ich mich daran erinnerte, daß Edel schuld war am Tod des Mannes, der dieses Versprechen gab und des Mannes, dem es gegeben wurde. Er war schuld, daß Fitz nicht mehr existierte. Niemals wieder würde ich vor dem alten König Listenreich stehen und über das Ergebnis einer Mission Bericht erstatten; ich würde nicht mehr als des Königs Born Veritas von meiner Kraft spenden. Prinzessin Philia würde mich nicht mehr mit einem Dutzend trivialer Besorgungen zur Verzweiflung treiben, die für sie von allergrößter Wichtigkeit waren. Sie betrauerte mich als tot. Und Molly. Tränen brannten mir in den Augen, als ich mein Leid ermaß. Sie war gegangen, bevor Edel mich tötete, aber auch für diesen Verlust machte ich ihn verantwortlich. Wenn mir dieser Scherbenhaufen eines Lebens sonst nichts zu bieten hatte, keine wahre Freiheit, keine Hoffnung auf Zukunft, so wenigstens die Gelegenheit zur Rache. O ja, und Edel sollte mich ansehen, während er starb und wissen, daß ich es war, dem er sein Ende verdankte. Kein lautloser Meuchelmord diesmal, kein unbemerktes Verabreichen von Gift, Auge in Auge mit mir würde er sein Leben aushauchen. Wie ein von der Sehne geschnellter

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